Kapitel 43

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Wir gelangten ohne Zwischenfall zurück in die Eingangshalle. Zwar sah uns ein zwei mit Speisen beladene Tabletts tragendes Dienstmädchen, als wir aus dem angrenzenden Flur traten, doch sie schenkte uns keinen zweiten Blick, sondern beeilte sich, in den Ballsaal zu gelangen.

Ich sah zur Treppe, die einladend in den ersten Stock hinaufführte. Niemand schien in der Nähe zu sein. Vielleicht sollten wir jetzt unser Glück wagen. Wenn wir zu lange warteten, würden die ersten Paare sich eine Pause vom Tanzen nehmen und unter Umständen nach draußen gehen, um sich abzukühlen. Wäre dies der Fall, hätten wir keine ruhige Gelegenheit, uns ungesehen nach oben zu stehlen.

»Komm mit«, sagte Ren, »und bleib dicht bei mir.«

Er hielt mir seine Hand hin, die ich ohne Zögern ergriff. Erneut verschränkten sich unsere Finger als wäre es das Natürlichste auf der Welt. So gingen wir gemeinsam zur Treppe.

Nachdem wir die ersten paar Stufen hinaufgegangen waren, lehnte Ren sich zu mir und flüsterte: »Wir bleiben gleich stehen, sobald wir einen Blick auf den Flur in der oberen Etage haben. Wenn dort oben niemand steht, umso besser, aber wenn wir jemanden sehen – und er uns -, kann uns niemand vorhalten, wir hätten in private Bereiche eindringen wollen. Es ist keinem Gast verboten, die Treppe zu betreten und auf halber Höhe stehen zu bleiben.«

Mir blieb keine Zeit mehr zu antworten, denn schon hatten wir einen Punkt der Treppe erreicht, von dem aus man ein gutes Stück des Flurs sowohl nach rechts als auch links im Blick hatte.

»Sieh mich an«, flüsterte Ren, nun auch nach meiner anderen Hand greifend. »Wir dürfen nicht schuldbewusst in die Gegend schauen.«

»Verstehe«, antwortete ich, dem Impuls widerstehend, mich nach allen Richtungen umzusehen und zu vergewissern, dass sich uns niemand näherte – vor allem keiner von Dags Schergen.

Stattdessen betrachtete ich Ren, sah ihm in die Augen, ließ meinen Blick zu seinen Lippen wandern. Wir standen uns so nah wie eben, als wir uns beinah geküsst hatten. In einem anderen Moment hätte ich das Gold womöglich dafür verflucht, dem in die Quere gekommen zu sein. Gerade allerdings gelang es mir nicht einmal mehr, mich gedanklich in den Augenblick zurückzuversetzen. Das einzige, was mir gerade durch den Kopf geisterte, waren das Gold, der Zauber, der auf ihm lag, und der Weg in Dags Arbeitszimmer. Für alles andere blieb danach genug Zeit. Ein kurzer Blickaustausch mit Ren genügte, um wissen, dass seine Prioritäten ähnlich gelagert waren.

»Gut, es scheint sich niemand an unserer Anwesenheit zu stören«, sagte er und begann nun, einen Blick auf den von der Treppe aus einsehbaren Flur im ersten Stock zu werfen. Ich tat es ihm gleich.

»Niemand zu sehen«, sagte ich.

»Auf der anderen Seite auch nicht. Das muss reichen«, erwiderte Ren. »Komm.«

Die letzten Stufen der Treppe nahm Ren doppelt, sodass ich mich beeilen musste, ihm hinterherzukommen. Er sah sich nicht einmal ein zweites Mal um, als er den Weg nach rechts nahm, wo sich Dags Arbeitszimmer befinden musste. Ich ließ es mir allerdings nicht nehmen, mich auch noch mit einem zweiten Blick zu vergewissern, dass uns niemand in Sichtweite folgte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals.

Vielleicht war dies jedoch unbegründet, denn auch auf der ersten Etage kreuzte niemand unseren Weg, bis Ren schließlich vor Tür zu Dags Arbeitszimmer stehenblieb.

»Wie zu erwarten«, murmelte Ren, mehr zu sich selbst als zu mir, nachdem er die Tür kurz betrachtet hatte und holte einen Dietrich hervor.

»Wie lang brauchst du, um das Schloss zu öffnen?«, fragte ich, meinen Blick immer wieder von links nach rechts und wieder zurück gleiten lassend. Wie er erkannte, dass die Tür abgeschlossen war, konnte er mir später erklären.

Von einer Prinzessin, die auszog, um Heldin zu werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt