Der Zauber wirkte längst nicht so stark wie in der Werkstatt, als wir von ihm umgeben gewesen waren. Trotzdem war ich mir sicher, dass er es sein musste. Nichts sonst schlich sich so in meine Gedanken ein, manipulierte meine Erinnerung und hinterließ ein Gefühl von Realitätsverlust.
Ren sah sich um, musterte jeden Winkel unserer Umgebung genau. »Kannst du sagen, wo es ist?«
»Noch nicht genau«, erwiderte ich und versuchte nun, mich allein auf die magischen Signale zu konzentrieren, die der Zauber aussandte. »Im Ballsaal konnte ich es allerdings nicht spüren und auch nicht, als wir zu den Ställen gegangen sind. Es muss also mehr oder minder in entgegengesetzter Richtung dazu liegen.«
»Als ihr zu den Ställen gegangen seid?«, fragte Ren, woraufhin mir wieder der Grund einfiel, aus dem wir die Tanzfläche überhaupt erst verlassen hatten.
»Erkläre ich dir gleich«, murmelte ich und schloss die Augen, um mich nicht weiter ablenken zu lassen. »Erstmal muss ich das Gold finden.«
Der Zauber, der auf Dags Gold lag, war nicht annähernd so leicht zu lokalisieren, wie das penetrante Pulsieren des Amuletts, das Vic bei sich trug. Er war deutlich subtiler und vor allen Dingen nicht responsiv. Das sorgte zwar dafür, dass ich keine starken Ausschläge spüren konnte, im Gegenzug dafür jedoch Gewissheit hatte, dass der Zauber sich stets gleich anfühlte, wodurch ich wiederum in der Lage war, unsere grobe Entfernung zu ihm zu bestimmen. Eine genaue Richtung bestimmen, in der er lag, gelang mir allerdings nicht.
»Lass uns den Flur weiter entlanggehen.«
Ren nickte. »Ich halte die Augen nach Auffälligkeiten in der Architektur offen.«
Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, um zu prüfen, ob die Änderung meiner Position einen Einfluss auf meine Wahrnehmung des Zaubers hatte. Dies tat ich, bis ich das Ende des Flurs erreicht hatte, an dem er nach rechts und links abzweigte. Der Zauber blieb allerdings ein stetig dumpfes Gefühl ohne die geringste Veränderung.
»Ich kann nicht bestimmen, von wo genau der Zauber kommt«, teilte ich Ren niedergeschlagen mit. »Es fühlt sich an jeder Stelle gleich an. Vermutlich ist meine Wahrnehmung nicht fein genug dafür.«
Ren ließ seinen Blick ein weiteres Mal durch den Flur wandern, der sich dadurch auszeichnete an jeder Stelle gleich auszusehen. Überall war er mit demselben roten Teppich ausgelegt und die Türen befanden sich fast überall im selben Abstand zueinander. Fast so, als befänden wir uns in einem Irrgarten. Was für Hinweise versuchte Ren hier zu finden?
»Wenn du einen geheimen Goldschatz hättest, von dem niemand erfahren darf, würdest du ihn inmitten deines eigenen Hauses verstecken? Noch dazu im Erdgeschoss?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nicht, aber ich besitze auch keinen geheimen Schatz, der durch einen Zauber beschützt, der jeden sofort vergessen lässt, ihn je gesehen zu haben.«
»Das stimmt«, führte Ren aus, »aber du würdest trotzdem sichergehen wollen, dass ihn niemand durch reinen Zufall, nehme ich an. Ganz gleich, wie groß dein Vertrauen in diesen Zauber ist, wie unvorsichtig er dich auch macht, du würdest es dir sicherlich nicht nehmen lassen, ein Lager für dein Gold zu errichten, auf das nur du Zugriff hast. Wo bewahren Banken ihr Geld auf? Wo liegt die königliche Schatzkammer?«
Mein Blick wanderte unwillkürlich gen Boden. »Im Keller.«
»Und der Schatz liegt direkt unter unseren Füßen.« Ein selbstzufriedenes Lächeln umspielte Rens Lippen. – das Lächeln des Meisterdiebes. »Es muss eine ziemlich große Schatzkammer sein, wenn wir gerade die ganze Zeit über ihr entlanglaufen.«
»Jetzt müssen wir nur herausfinden, wo ihr Eingang ist«, murmelte ich und sah mich ein weiteres Mal im Flur um, um zu prüfen, ob ich kein wichtiges Detail übersehen hatte. »Weißt du zufällig, wo der Kellereingang ist?«
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Von einer Prinzessin, die auszog, um Heldin zu werden
FantasyUm nicht länger im Schatten ihres großen Bruders, Brecher des Dornröschenfluchs, zu stehen, ergreift Prinzessin Arianna die Flucht. Ihr Ziel: ein eigenes Abenteuer zu erleben. Da trifft es sich gut, dass sie in einer Spelunke auf Ren trifft. Der sel...