Wir verabschiedeten uns von Tilly, Vic und Mariella und setzten uns dann wieder an den Küchentisch, um uns der Untersuchung des Amuletts zu widmen.
Ren wog das vermeintliche Schmuckstück in seinen Händen hin und her. »Man glaubt kaum, dass so ein kleiner Gegenstand in der Lage ist einen Menschen vor einem Angriff zu beschützen.«
»Wir wissen noch nicht einmal ob das alles ist, was es kann«, sagte ich und sah zu Myrdin. »Oder?«
»Ich glaube nicht, dass es mehr kann«, erwiderte Myrdin. »Dass es seinen Träger beschützt, ergibt Sinn. Alles Weitere würde den Zauber auf ihm nur unnötig verkomplizieren. Für uns reicht es aus zu wissen, dass es mit einem Schutzzauber belegt ist, damit Janna lernt, wie sie einen solchen erkennen kann. Oder in der Lage ist festzustellen, dass ein Zauber nicht zum Schutze dient.«
»Das klingt kompliziert«, seufzte ich. »Ich weiß nicht, ob ich um diese Uhrzeit nach einem Tag voller Üben noch fähig bin, irgendetwas Sinnvolles daraus zu ziehen.«
»Wenn wir es jetzt nicht tun, entgeht uns eine wertvolle Gelegenheit«, sagte Myrdin entschieden. »Du hast mich nach einer Alternative zu Telekinese gebeten. Hier ist sie.«
Ren reichte mir das Amulett. Kurz, bevor meine Fingerspitzen es berühren konnten, spürte ich das Pulsieren, das ich schon wahrgenommen hatte, als ich es zum ersten Mal in der Hand gehalten hatte.
»Du spürst nichts, wenn du es festhältst?«, fragte ich Ren, als ich das Amulett entgegennahm. Ich umschloss es mit meiner Faust, wo es gegen meine Handinnenfläche pochte wie ein schlagendes Herz. Fast so, als wäre es eine physische Kraft.
»Nicht im Geringsten«, antwortete Ren. »Wie fühlt es sich für dich an?«
Ich überlegte für einen Moment, wie ich es ihm am besten beschreiben konnte. »Es ist, als hätte es einen eigenen Puls, den ich spüren kann. Ich merke, dass es Magie ist. Trotzdem kommt es mir so vor, als würde ich es mit meinem Tastsinn spüren. Wenn ich nicht wüsste, dass es ein lebloses Stück Silber ist, würde ich denken, dass es sich bewegt.«
»Gruselig«, sagte Ren mit belegter Stimme. »Mir gefällt es nicht, dass mit diesem Stückchen Silber etwas vor sich geht, das ich nicht spüren kann. Das ist in etwa so, als könnte man jederzeit von einem unsichtbaren Schwert durchbohrt werden.«
»Ganz so schlimm ist es nicht«, wiegelte ich ihn ab. »Das Amulett hier wird dich nicht durchbohren.«
Ren verzog den Mund. »Das können wir nicht mit Sicherheit sagen.«
Es irritierte mich, dass er auf einmal so skeptisch war. Ren hatte sogar versucht den Zauber, der auf Dags Gold lag als überwindbares Hindernis darzustellen.
»Myrdin meinte, es dient wahrscheinlich nur zum Schutz seines Trägers...«
»Und indem es diesen schützt, kann es dem Angreifer Schaden zufügen«, erwiderte Ren. »Wir müssen nach wie vor alle Optionen in Betracht ziehen. Ich mag es nicht, überrascht zu werden.«
»Ich glaube nicht, dass es gefährlich ist.« Ich öffnete meine Hand und betrachtete das schlicht gefertigte Amulett. »Dags Zauber bereitet mir Kopfschmerzen. Das hier nicht. Es ist nur ungewohnt.«
»Gut«, sagte Myrdin. »Ich denke, das ist die hilfreichste Erkenntnis, die wir aus diesem Amulett ziehen können.«
»Heißt das, das war's?«, fragte ich.
»Für heute, ja.«
Damit hatte ich nicht gerechnet. Das hier war die wahrscheinlich kürzeste Lektion in Magie gewesen, die ich je erlebt hatte – und ich konnte nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, ob sie mir genützt hatte.
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Von einer Prinzessin, die auszog, um Heldin zu werden
FantasíaUm nicht länger im Schatten ihres großen Bruders, Brecher des Dornröschenfluchs, zu stehen, ergreift Prinzessin Arianna die Flucht. Ihr Ziel: ein eigenes Abenteuer zu erleben. Da trifft es sich gut, dass sie in einer Spelunke auf Ren trifft. Der sel...