Kapitel 11

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Es vergingen ein paar Tage, in denen ich täglich nach Wohnungsangeboten schaute. Zwischenzeitlich war ich auch schon einmal zum Campus gefahren und hatte mich dort umgesehen. Da aber gerade Semesterferien waren, war nicht viel auf dem Campus losgewesen. Vieles war geschlossen und die Aushänge nach neuen Mitbewohnern schon veraltet. Wahrscheinlich würde kurz vor Beginn des neuen Herbstsemesters die Suche noch einmal richtig steigen. So lange wollte ich aber ehrlich gesagt nicht warten. Es war mir zu ungewiss, dass ich dann am Ende in eine WG ziehen musste, obwohl ich meine Mitbewohner nicht mochte. Bei diesem Gedanken lief es mir eiskalt den Rücken runter.

Parallel zur Wohnungssuche hatte ich mich nach Krankenhäusern und Pflegeheimen erkundigt, in denen ich mich vorstellen konnte. Es war mir wichtig, einen Job zu finden, der mit meinem späteren Beruf zusammenhing. In Schottland hatte ich auch in einem Krankenhaus arbeiten können. Ich hoffte, dass mir diese Referenz reichen würde, um auch hier einen Platz zu bekommen.

Nachdem ich bei einigen Krankenhäusern angefragt hatte und mir viele davon sofort wieder abgesagt hatten, war die Auswahl recht eingeschränkt. Als Nächstes stand eine Privatklinik auf meiner Liste. Dazu machte ich mich extra persönlich auf den Weg, denn aus Erfahrung wusste ich, dass solche Kliniken es besser fanden, wenn man sofort vor Ort war. Das konnte ich verstehen, aber wenn ich das bei jedem Krankenhaus so machen müsste, wäre ich tagelang nur unterwegs.

Es war halb elf und schon extrem warm. Ich trug einen Blazer und eine dunkle Stoffhose, da ich professionell wirken wollte, aber bei dem Wetter war das unmöglich auszuhalten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich von Grandmas Wohnung zur Klinik kam. Das St. Martins Hospital lag gefühlt auf der anderen Seite der Stadt. Ein paar Schritte vor dem Eingang blieb ich stehen und sah mich erstaunt um, denn die Klinik wirkte sehr edel und modern. Große Fenster auf allen Etagen und wie ich sehen konnte, individuell eingerichtete Zimmer auf der ersten und zweiten Etage. Es machte einen hübschen Eindruck, aber ich fragte mich, ob sich eine Familie mit drei Kindern so eine Behandlung hier leisten konnte. Irgendetwas ließ mich daran zweifeln. Dennoch ging ich hinein und versuchte mein Glück.

Ich ging zum Empfangstresen. Dort saßen drei Mitarbeiter und arbeiteten an ihren Computern. Sobald ich an den Tresen herantrat, hob eine Frau den Kopf und lächelte mich an. „Guten Tag. Willkommen im St. Martins Hospital. Wie kann ich Ihnen denn helfen?"

„Guten Tag. Ich studiere Krankenpflege an der University of San Francisco und suche noch nach einem Nebenjob in diesem Bereich. Wissen Sie, ob ich die Möglichkeit hätte, bei Ihnen zu arbeiten?"

Die Frau hob eine Augenbraue. „Sie meinen, Sie haben das Studium noch nicht abgeschlossen?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich komme in das vierte Semester." Jetzt sah mich die Frau noch zweifelnder an. „Wie kommen Sie auf die Idee, dass irgendein Krankenhaus Sie an Patienten heranlassen würde, wenn Sie noch nicht einmal ein Studium abgeschlossen haben?"

„Ich habe die letzten drei Semester schon in einem Krankenhaus gearbeitet. Es wäre nicht mein erster Job." Trotz dessen, dass ich wusste, hier keinen Erfolg zu haben, versuchte ich es noch, da mir die Optionen langsam ausgingen. Mein Eindruck schien sich aber nicht getäuscht zu haben, da dies hier eher wie eine Boutiqueklinik wirkte, als wie ein 'normales' Krankenhaus. „Wieso arbeiten Sie denn da nicht mehr?", fragte die Frau jetzt. Noch immer sah sie mich mit hochgezogener Augenbraue an. Mittlerweile hatte sie sich auf ihrem Stuhl zurückgelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.

„Ich habe in Schottland studiert und bin erst-" Das falsche Lachen der Frau ließ mich stocken. „Schottland? Und dann wollen Sie hier arbeiten?" Was meinte sie?

„Kindchen, Schottland und Amerika kannst du nicht vergleichen. Vielleicht kannst du in deinem kleinen Ländchen dort Leute pflegen, aber wir arbeiten auf neustem Stand. Kein Krankenhaus und keine Klinik in ganz San Francisco werden etwas auf deine sogenannten Erfahrungen aus Schottland geben." Okay, das reichte!

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt