Kapitel 48

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Grandma und ich saßen bei ihr Zuhause am Küchentisch und schwiegen. Schon den ganzen Weg hierher hatten wir kein Wort miteinander gewechselt. Aber meine Gedanken waren auch viel zu sehr mit Liam und Delilah beschäftigt. Ich hoffte, dass Delilah es verstehen würde. Sie tat Liam nicht gut und wenn sie nur noch einen Hauch Zuneigung Liam gegenüber verspürte, musste sie sich selbst eingestehen, dass sie sich beide kaputt machen würden, wenn sie einfach den Weg weitergingen, den sie irgendwann eingeschlagen hatten. Mehr als einmal hatte ich mich gefragt, was zwischen Liam und Delilah schiefgegangen war, dass sie so eine Beziehung führten. Was soll Liam getan haben, dass er zum einen Delilah immer gewähren lässt und auf der anderen Seite von ihr trotzdem komplett in Beschlag genommen wird. Mir wollte kein Szenario einfallen.

Dass Liam etwas getan haben musste, war ziemlich offensichtlich. Jetzt, wo ich darüber nachdachte, mussten sowohl Liam auch Delilah ihm die Schuld für irgendetwas geben. Ich konnte und wollte aber jedoch nicht glauben, dass Liam wirklich an etwas bösen die Schuld hatte. Und selbst wenn, dann hatte er es nicht mit Absicht getan. Liam würde nie jemandem absichtlich schaden. Dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen.

Ich seufzte und Grandma sah schuldbewusst von ihrer Teetasse auf, die sie mit ihren Händen umfasst hielt. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Grandma dachte sicherlich, dass ich sie schmoren ließ oder zumindest noch so sauer war, dass ich noch nicht mit ihr reden konnte.

„Liam und ich, wir lieben uns", begann ich schließlich doch das Gespräch. Wenn auch mit einmal ganz anderen Thema.

Grandma sah überrascht auf. „Seid ihr jetzt ein Paar?"

Ich zuckte mit den Achseln. „Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Er muss aber vorher noch mit Delilah sprechen."

Grandma nickte nun und ein vorsichtiges Lächeln umspielte ihre Lippen. Automatisch musste auch ich lächeln und Grandma entspannte sich sichtlich. „Ich kann nicht glauben, dass er mich wirklich mag. Also so richtig mag."

„Wieso nicht? Ihr beide passt perfekt zusammen. Ich bin froh, dass ihr euch gefunden habt. Und du weißt ja, was ich von Delilah halte." Vielsagend sah Grandma mich an und ich kicherte. „Das war mehr als deutlich zu sehen. Trotzdem fühle ich mich schuldig ihr gegenüber. Immerhin habe ich ihr doch irgendwie den Freund ausgespannt."

„Ich betrachte das alles eher mit Genugtuung. Es wurde Zeit, dass Delilah versteht, dass nicht immer alles so laufen kann, wie sie will. Liam hat stets das getan, was sie wollte. Je älter sie wurden, desto mehr hat er sich selbst hintenangestellt. Und ich freue mich natürlich für dich. Für euch beide."

Dankbar lächelte ich Grandma an. Ich griff über den Küchentisch nach ihrer Hand. „Danke Grandma, wirklich. Ohne dich wäre ich nie hierhergekommen, hätte nie Liam, Fiona, Mike und meine anderen Freunde kennengelernt. Ich wäre sicherlich nie so glücklich geworden in Schottland wie ich es hier bin. Ich habe Freunde und Familie." Bedeutend sah ich Grandma an. Ihre Augen wurden glasig und sie legte ihre zweite Hand über unsere verschränkten Hände.

„Du musst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich wirklich erst vor kurzem von dir erfahren habe und ich gleich nach dir habe suchen lassen."

„Was genau hat Liam dir eigentlich erzählt?"

„Er hat von dem Streit zwischen Karen und mir erzählt, den er einmal mit angehört hatte."

„Sie hat gesagt, dass es deine Schuld gewesen sei, dass sie allein wieder nach Schottland zurück musste. Was meinte sie damit?"

Grandma seufzte. „Sie wird dich gemeint haben. Auch wenn ich es damals nicht verstanden hatte. Ich dachte, dass sie den Mann gemeint hatte, den sie geliebt und zurückgelassen hat. Wenn ich gewusst hätte, dass sie ein Kind zur Welt gebracht hatte, hätte ich darauf bestanden, dass sie es mit nach Hause bringt."

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt