Kapitel 46

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Als Liam und ich die Treppe wieder nach unten gingen, konnte ich schon Grandmas Stimme hören. Bevor wir die Küche betraten, sahen Liam und ich uns noch einmal kurz an und lächelten. „Ihr habt ein wirklich schönes Haus."

Cara, Andrew, Mike und Grandma sahen auf. Sie saßen an einem großen Küchentisch zusammen und tranken Limonade. „Ich fühle mich hier auch mehr als wohl", entgegnete Cara lächelnd. „Und du kannst unglaublich schön malen. Liam hatte mit den Schultern gezuckt, als er erzählte, dass du die Gemälde im Flur gemalt hast." Cara wurde rot und ich sah, wie Andrew schmunzelte.

Dann sah ich zu Grandma. Sie stand auf, als ich zu ihr ging und wir umarmten und herzlich. Es war wie nach Hause kommen, dachte ich. „Schön dich zu sehen." Grandma lächelte mich an.

„Wie geht es dir?", fragte ich sie und setzte mich neben sie auf den freien Platz.

„Schlechten Menschen geht es immer gut." Ich hob eine Augenbraue. Das war so ein typischer nichts aussagender Spruch. Ich wusste gar nicht, dass man solche Sprüche irgendwann nicht mehr mögen konnte. Aber ich konnte ihn tatsächlich nicht mehr hören. Grandma sagte ihn fast immer, wenn ich sie fragte wie es ihr ging.

„Du willst nur, dass ich dir sage, du bist kein schlechter Mensch. Gib's zu." Ich schmunzelte. Grandma erwiderte es mit einem Lächeln und doch war mir der kurze Schatten, der über ihre Augen gehuscht war, nicht entgangen. Es war aber nicht der richtige Zeitpunkt, um Grandma darauf anzusprechen.

„Und Natalie, wie sieht es aus? Hast du schon Freunde gefunden?", fragte Cara mich. Ich nickte und musste lächeln, als ich an Fiona, Adam, Patrick und Hugh dachte.

„Ja. Ich hatte es mir schwerer vorgestellt, aber irgendwie habe ich Freunde gefunden."

Cara schien die Antwort zu gefallen. Sie stützte ihr Kinn in eine Hand. „Und wie sieht es mit der Liebe aus?" Ihre Augen glitzerten.

Liam begann heftig zu Husten und stellte seine Limonade schnell auf den Tisch, ehe er sich gegen die Brust klopfte. Andrew, der neben Liam saß, klopfte ihm gleichzeitig auf den Rücken. „Alles okay?", fragte ich. Liam sah kurz auf und nickte dann. Er hustete noch zweimal und nahm dann erneut einen großen Schluck von der Limonade.

„Mom, willst du dieses Gespräch jetzt wirklich mit Natalie führen?"

„Dich kann ich das ja nicht fragen. Du erzählst ja auch gar nichts, selbst wenn ich fragen würde", beklagte sich Cara. Liam schnaubte.

„Also was ist nun?", fragte Cara mich noch einmal. Ich blinzelte und suchte nach einer passenden Antwort.

„Mom. Vielleicht will Natalie dir gar keine Antwort auf die Frage geben."

„Aber wieso denn nicht? Und was mischst du dich da überhaupt ein? Bis du denn gar nicht neugierig."

„Nein." Liam gab ein murrendes Geräusch von sich und starrte Cara an.

„Du benimmst dich komisch. Weißt du das?" Cara schien nun skeptisch zu sein und betrachtete Liam prüfend. Er schüttelte hastig den Kopf. Zu hastig. Zu auffällig. Er wusste eindeutig was. Das wusste jetzt jeder. Dafür war seine Reaktion zu eindeutig gewesen.

„Ja Liam, du benimmst dich wirklich komisch", stichelte Mike nun auch noch.

Ich versuchte nicht rot zu werden. Mag sein, dass Liam mir eben seine Liebe gestanden hatte, aber wir hatten nicht weiter darüber gesprochen, was wir nun machen würden. Würde er sich von Delilah trennen? Würde er doch bei ihr bleiben? Eine Affäre würde ich mit Sicherheit nicht werden, aber ich war mir auch ziemlich sicher, dass Liam keine Affäre haben würde. Selbst wenn er es bei Delilah hinnahm. Was ich noch immer nicht verstand. Ich konnte nur hoffen, dass er irgendwann soweit sein würde, um ehrlich zu mir zu sein. In allen Dingen.

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt