Liam und ich machten uns auf den Heimweg, als die Sonne unterging. Hand in Hand schlenderten wir durch die Straßen. Liams Handy piepte zuerst. Er zog es aus der Tasche und las die Nachricht, die er bekommen hatte. Dann sah er auf und grinste mich an. „Mike ist wieder da und hat gekocht." Jetzt grinste auch ich. „Super!"
„Glaubst du, das ist sein Versuch wieder zur Normalität zurückzukehren?"
Ich zuckte ehrlich ahnungslos mit den Achseln. „Vielleicht. Vielleicht hat er aber auch einen Weg gefunden, damit umzugehen. Letzten Endes kann keiner von uns die Schuld auf sich selbst schieben. Ich würde tatsächlich Delilah nicht diesen Schuh anzuziehen. Ja, was sie getan hat, ist furchtbar und ich weiß, dass das Konsequenzen nach sich ziehen sollte. Aber... Ich habe trotzdem Mitgefühl mit ihr."
Liam lächelte mich an und der innere Frieden, der in seinem Blick lag, ließ mich erschaudern. Ich hatte das Gefühl, dass wir sehr schnell Fortschritte machen würden. Denn auch wenn er sich jetzt noch einredete schuld an Delilahs Schicksal zu sein, ahnte ich, dass sein Herz das schon längst anders sah und nur sein Kopf sich quer stellte.
„Wirst du ihm die ganze Geschichte erzählen?"
Liam nickte, doch ich sah seinen Zwiespalt. „Vielleicht, wenn ich mal so betrunken bin, dass ich zu einer Heulsuse mutiere."
Ich lachte. „Das macht Alkohol mit dir?" Liam verzog als Antwort das Gesicht. „Ja und ich werde anhänglich. Das hat zumindest Delilah früher gesagt. Meine Eltern haben das bestätigt."
„Ich werde noch so einiges an dir herausfinden, Liam Mason."
„Das kann ich nur zurückgeben. Natalie Roy."
Nun war es mein Handy, dass in meiner Handtasche anfing zu vibrieren ehe der Klingelton einsetzte. Ich blieb stehen, um es aus meiner Tasche zu fischen.
„Hey Fiona. Was gibt's?"
„Natalie?" Alarmiert hob ich den Kopf automatisch ein Stück höher und lauschte angestrengter. Fionas Stimme klang belegt, was so als würde sie weinen. Liam trat näher zu mir, als wollte er mithören. Besorgt sah er mich an. Ebenso besorgt erwiderte ich seinen Blick.
„Ist alles in Ordnung?"
„Nein." Sie holte nach Luft und stieß sie fast schon im selben Moment wieder zitternd aus. „Es geht um Jun."
„Jun? Was ist mit ihr?"
„Dr. Human glaubt, dass sie die Nacht nicht überstehen wird."
„Ich mache mich auf den Weg."
„Okay... und Nat?"
„Ja?"
„Beeil dich." Ein riesiger Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich erwiderte nichts, sondern legte einfach nur auf. Für einen Moment starrte ich noch auf mein Handy, ehe ich es mit zitternden Händen wieder in meine Tasche packte. Jun war ein Kind. Sie war so ein liebes Kind. Sie hatte es nicht verdient zu sterben. Nicht sie. Ich schluckte, doch der Druck, der sich in mir ausbreitete, wurde nur noch großer.
Liam umfasste meine Oberarme und sah mich an. „Natalie? Was ist passiert?"
„Jun... Sie ist ein kleines Mädchen, dass die letzten Wochen immer wieder ins Krankenhaus musste, ohne das jemand weiß, was sie hat. Fiona sagt, sie wird es nicht schaffen. Sie... Liam sie ist ein Kind!" Plötzlich stiegen mir die Tränen in die Augen und Liam verschwamm vor meinen Augen. Ich wusste, dass es nicht professionell war, sich auch emotional an Patienten zu binden, doch bei Kindern fiel mir das immer schwer. Und Jun hatte so ein einnehmendes Wesen, dass man gar nicht anders konnte, als sie ins Herz zu schließen.
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Solange ich bei dir bin
Romance„Liam, du kannst nicht darauf warten, dass das Leben einfacher, leichter und schöner wird. Das Leben wird immer kompliziert sein." Liam sah mich traurig an. Er wirkte erschöpft und geschlagen. „Und was soll ich deiner Meinung nach tun?" Leise und mi...