„Ich bin schuld an etwas wirklich Unschönem. Und ich kann es Delilah nicht verdenken, dass sie mich dafür hasst."
„Selbst wenn. Was auch immer passiert ist, gibt ihr nicht das Recht, dir so etwas anzutun. Sie hat dich misshandelt Liam und ich habe Angst, dass sie dir das über eine sehr lange Zeit angetan hat."
Liam erwiderte darauf nichts. Ich wusste nicht, ob ich sein Schweigen als Zustimmung deuten sollte, oder ob er einfach nur im Moment nicht darüber reden wollte. Variante zwei gefiel mir deutlich besser, denn ich wusste, Liam würde mir antworten, wenn ich ihn fragen wollte. Das hatte er eben die ganze Zeit getan. Doch für den Moment waren es genug Fragen.
„Grandma hat mir übrigens erklärt, was damals passiert ist. Sie ist nicht die Böse. Das ist im Grunde niemand. Denn jeder von ihnen hat Fehler gemacht."
„Also ist zwischen euch wieder alles gut?" Liam wirkte ein wenig überrumpelt wegen des plötzlichen Themenwechsels.
Ich nickte. „Ja, das ist es. Danke dir Liam. Ich war ehrlich gesagt ziemlich sauer auf dich, als Grandma mich heute bat, mit ihr darüber zu reden. Aber dann kam die Sache mit Delilah dazwischen und im Gespräch mit Grandma habe ich gemerkt, wie wichtig und notwendig es gewesen ist."
„Du bist jetzt also nicht mehr sauer?"
„Nein. Aber übergeh mich beim nächsten Mal bitte trotzdem nicht. Schleife mich lieber persönlich dahin, wo ich deiner Meinung nach hinmuss. Das gefällt mir besser."
Liam schmunzelte und ich war froh darüber. Ich war froh, dass er trotz des heutigen Tages, der letzten Tage, Monate oder Jahre, die Delilah zur Verfügung hatte, um Liam wehzutun, er immer noch in der Lage war, ein bisschen zu lächeln. Mir war es schon ein Rätsel, wie er es schaffte, aber ich war froh, dass er es tat.
„Schließen wir das Kapitel für heute?", fragte Liam. Ich nickte und lächelte zu ihm auf. Schließlich machten wir uns beide bettfertig. Als ich frisch geduscht in kurzer Schlafshorts und mit einem Top aus dem Bad herauskam, stand Liam in seinem Türrahmen und sah mich schweigend an. Die Hände in den Hosentaschen seiner Jeans vergraben, die Beine überkreuz und mit der einen Schulter gegen den Türrahmen gelehnt. Ich schluckte. Die Temperatur schien augenblicklich zu steigen. Parallel dazu schlug auch mein Herz von Sekunde zu Sekunde schneller. Dieser Mann war atemberaubend. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ganz gleich, was sich in seinem Leben abgespielt hatte, Liam war trotzdem weiterhin aufrecht durch das Leben gegangen. Und allein das war unglaublich anziehend.
„Das Bad ist frei", brachte ich mit krächzender Stimme gerade so heraus. Liam stieß sich vom Türrahmen ab und kam auf mich zu. Ich verfolgte mit geweiteten Augen jede seiner Bewegungen. Es schien, als würde er in Zeitlupe auf mich zukommen. Vielleicht ging er auch einfach nur langsam, weil er dachte, mich sonst zu erschrecken.
Direkt vor mir blieb Liam schließlich stehen. Er hob die Hand und nahm eine meiner feuchten Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte sie zwischen den Fingern hin und her. Wenn möglich, wurde mir noch heißer. Ich überlegte, ob ich schnell noch einmal unter die Dusche springen sollte, um mich kalt abzuduschen. Das würde mit Sicherheit helfen.
„Ich weiß, ich sollte gerade nicht so denken, aber es fiel mir eben ziemlich schwer, nicht daran zu denken, dass du nur zwei Türen weiter nackt unter der Dusche stehst." Geschockt schnappte ich nach Luft. Liam rechter Mundwinkel zuckte leicht. „Es ist verdammt ungünstig jetzt mit diesen Gedanken anzufangen."
„Du hattest sonst nie solche Gedanken?" Mein Gott wieso fragte ich sowas?
„So würde ich das nicht sagen." Liams Stimme war fest. Dieselbe Sicherheit lag auch in seinem Blick, mit dem er mich gefangen hielt und der immer wieder Hitzewellen durch meinen Körper schoss. Wie machte er das? Es war unfair, dass er mich mit Blicken allein schon aus dem Konzept brachte. Ich schien nicht ein kleines bisschen ins Wanken bringen zu können. Andererseits habe ich Liam auch nie so angesehen, wie er mich gerade ansah.
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Solange ich bei dir bin
Romance„Liam, du kannst nicht darauf warten, dass das Leben einfacher, leichter und schöner wird. Das Leben wird immer kompliziert sein." Liam sah mich traurig an. Er wirkte erschöpft und geschlagen. „Und was soll ich deiner Meinung nach tun?" Leise und mi...