Kapitel 43

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Ich zog meine Hand wieder zurück, als ich merkte, dass sie schon eine ganze Weile auf Liams Unterarm gelegen hatte. Das schien Liam aus seinem paralysierten Zustand zu holen, denn sein Blick schien sich wieder zu fokussieren. „Ich schätze..."

„Nein. Lass das. Du willst gerade runterreden, was du gemacht hast, aber das stimmt nicht. Du hast großartige Arbeit geleistet. Und Adam damit einen so großen Gefallen getan."

Liam öffnete den Mund und wollte widersprechen, doch ich hob nur vielsagend eine Augenbraue und er schloss den Mund wieder. Er wog den Kopf von links nach rechts. „Ja, okay. Vielleicht ein bisschen", räumte Liam ein.

Mike und ich sahen uns an und fingen an zu lachen. Erst sah Liam uns verwirrt an, fing dann auch an zu lächeln, um kurz darauf auch vollends zu lachen. Wir waren wieder wie früher, schoss es mir durch den Kopf. Es konnte also doch alles gut werden.

Die Tür wurde aufgeschlossen und augenblicklich verstummten wir alle drei. Irritiert sah ich zu den Jungs. Ihre Gesichter beantworteten mir alle Fragen. Mikes Gesichtsausdruck wechselte von verwirrt zu einem resignierten Stirnrunzeln. Liams Lächeln erstarb und er sah mich kurz darauf mit großen Augen an. Ich sah erschrocken zur Tür und da ertönte auch schon Delilahs Stimme. Sie hatte einen Schlüssel?

„Liam?"

„In der Küche", kam es sofort von Liam. Das war mein Stichwort. Ich sprang auf und lief schnell zur Kaffeemaschine.

„Morgen", begrüße Liam Delilah. Ich sah sie nicht, aber spürte trotzdem ihre Anwesenheit im Raum. „Was bringt dich so früh her?", fragte Mike skeptisch. Das fragte ich mich allerdings auch. Ich hatte Delilah hier so früh noch nie gesehen.

„Ich habe dich gestern nicht in der Bibliothek gefunden." Etwas Seltsames war in Delilahs Stimme. Bevor sie sich noch auf mich fixierte, schnappte ich mir meine Kaffeetasse und lief schweigend an den anderen dreien vorbei. Kurz vor der Tür hielt mich Delilahs Stimme auf.

„Höflichkeit ist auch nicht deine Stärke, oder?", fragte sie bissig. Ich wollte schnauben, besann mich aber einer besseren. Es war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit, um Delilah endlich mal zusammenzufalten. Liam hatte mich nicht ohne Grund gebeten, vor Delilah Stillschweigen zu wahren. Darum zog ich den Kopf ein und drehte mich um.

„Hey."

„Hey?" Delilah hob eine Augenbraue. Ich senkte den Blick. „Tz. Immerhin scheinst du deinen Platz jetzt zu kennen." Damit drehte sie sich wieder zu Liam um. Sein Gesicht war ausdruckslos. Wir spielten unsere Rollen also perfekt. Mike jedoch starrte mich mit großen Augen an. Ich schüttelte leicht den Kopf und deutete ihm, nichts zu sagen. Sein Kopfnicken war kaum zu bemerken, wenn man nicht direkt darauf geachtet hätte. Seine Frage stand ihm dennoch ins Gesicht geschrieben. Ich lächelte ihn kurz dankbar an und ging in mein Zimmer. Als ich hinter mir die Tür geschlossen hatte, atmete ich erst einmal durch. Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust. Ich versuchte durchzuatmen, doch so richtig wollte es mir nicht gelingen. Irgendwie hatte ich es mir einfacher vorgestellt, vor Delilah eine Show abziehen zu können.

Delilah war gestern wirklich in der Bibliothek gewesen. Liam hatte mich also nicht einfach so plötzlich hinter sich hergezogen. Es war verrückt, dass wir unsere Freundschaft vor ihr geheim halten mussten.

Ich glaube, Delilah sah mich als eine Gefahr. Vielleicht wusste sie, dass Liam mich mochte. Vielleicht hatte sie darum Angst, ihn verlieren zu können. Doch das schien nicht ganz zusammenzupassen. Denn es war ja Delilah die offensichtlich auch mit anderen Kerlen ins Bett ging. Sie schien da auch keinen Hehl draus zu machen. Ich hätte schwören können, dass ihr kaum etwas an Liam lag. Aber wenn sie andere Frauen als Gefahr sah, musste sie doch Angst haben, Liam verlieren zu können. Und diese Angst konnte sie nur haben, wenn sie Liam liebte.

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt