Kapitel 49

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Das Taxi hielt vor unserer Haustür und ich war schon fast rausgesprungen, als mich der Taxifahrer daran erinnerte, dass ich noch zahlen müsste. Schnell gab ich ihm das Geld und ignorierte das fatale Loch, dass diese eine Fahrt in mein Portemonnaie verursacht hat. Unterwegs hatte ich versucht Liam anzurufen, er war jedoch nicht an sein Handy gegangen. Ich versuchte mich zu beruhigen, aber in meinem Kopf schrillten die Alarmglocken gewaltig. Irgendwas in mir sagte, dass ich Liam nicht mit Delilah hätte allein lassen sollen. 

Hastig lief ich die Treppe zu unserer Wohnung hoch. Ich hatte keine Ahnung, ob Liam hier war. Ich hoffte es einfach. Sollte er nicht hier sein, würde ich Mike anrufen. Ich wusste nicht, wo Delilahs Wohnheim lag, da mich das bisher nie sonderlich interessiert hatte. Er musste einfach hier sein.

Fluchend, weil ich gefühlt eine Ewigkeit brauchte, um den Schlüssel ins Schloss zu bekommen, öffnete ich schließlich die Wohnungstür und stoppte sofort in meiner Bewegung.

„Du hast kein recht dazu! Jeder, nur du nicht und das weißt du auch!" Delilahs schrille Stimme hallte durch die Wohnung wieder. Schnell aber leise schloss ich die Tür hinter mir. War ich doch zu früh zurückgekommen? Ich schüttelte den Kopf. Delilah brauchte nicht mehr Zeit mit Liam verbringen.

„Delilah, bitte." Liam klang außer Atem. Im Gegensatz zu Delilahs lauter Stimme wirkte seine schwach. Die Alarmglocken in meinem Kopf wurden lauter. Ich zog meine Schuhe aus und schlich zu Liams Zimmer, aus dem die Stimmen der beiden kamen. Die Tür war nur angelehnt, was erklärte, warum ich die beiden so deutlich verstehen konnte. Sein plötzliches Stöhnen ließ mich zusammenzucken. Was zum Teufel?

„Du gehörst mir Liam. Mir allein." Erneut stöhnte Liam. Delilah atmete laut aus.

Unzählige Horrorszenarien spielten sich in meinem Kopf ab. Liam würde doch nicht jetzt noch mit ihr schlafen? Mein Herz schien zu zerreißen. Ich trat einen Schritt zurück und schüttelte geschockt den Kopf. Das wollte ich nun wirklich nicht sehen. Hören auch nicht.

„Du hast nicht das recht glücklich zu sein!", schrie Delilah. Ich stoppte in meiner Rückwärtsbewegung und runzelte die Stirn. Nach Bettgeflüster klang das nicht. Ich fasste einen Entschluss. Was immer ich sehen würde, ich würde mein Herz davor verschließen. Vorerst. Weinen konnte ich immer noch, wenn ich allein war. Ich atmete einmal die durch. Dann trat ich auf Liams Zimmertür zu und machte sie mit einem Schwung auf.

Eben noch hatte ich mir geschworen, mein Herz für den Augenblick zu verließen. Das habe ich getan. Aber nicht dafür, was ich gerade sah. Nicht dafür, was sich mir gerade offenbarte. Erst fragte ich mich wieso. Dann, warum es mir nicht früher aufgefallen war. Und plötzlich wurde ich unglaublich wütend.

Liam kniete vor seinem Bett, die Augen seltsam leer. Delilah hielt Liam an dem Kragen seines Shirts fest und stand dicht vor ihm. Die eine Hand in Liams Shirt gekrallt, auf ihn herabblickend und die andere Hand erhoben und zu einer Faust geballt. Ihre ganze Körperhaltung strahlte so viel Aggression aus, wie ich es noch nie gesehen hatte.

Sie schlug ihn. Delilah schlug Liam. Die Bedeutung dieser Erkenntnis sickerte ganz langsam in mein Bewusstsein. Der Schock lähmte mich. Wie eingefroren stand ich in der Tür und starrte die beiden, die einst ein glückliches Paar gewesen sein müssen, an, ohne dass sie es bemerkten.

„Du willst sie? Schön. Aber vorher werde ich dir deinen letzten Rest Würde nehmen", spie Delilah Liam entgegen. Doch Liam reagiert nicht. Weder wehrte er sich noch gab es sich Mühe, Delilah aufzuhalten. Er ließ es einfach über sich ergehen. Das war von allem wohl das Schlimmste. Liam schien es nicht für nötig zu halten, sich zu schützen. Er mochte sich dem ausliefern. Ich hatte jedoch nicht vor, Delilah damit einfach durchkommen zu lassen.

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt