Kapitel 31

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Der See, von dem Mike gesprochen hatte, lag ungefähr 20 Minuten mit dem Auto entfernt von unserer Wohnung. Wir mussten, nachdem wir das Auto auf einem Waldweg stehen gelassen hatten, noch durch hohes Gras und Gestrüpp kämpfen. Als wir irgendwann durch eine Baumreihe gingen, stand ich plötzlich vor einem kleinen See, der idyllisch von ein paar Trauerweiden umgeben war.

Grillenzirpen und vereinzeltes Quaken von Fröschen ließ mich automatisch lächeln. Es fühlte sich gar nicht mehr so an, als wäre ich in einer Großstadt. Gut, wir befanden uns am Rand, aber trotzdem. „Es ist wirklich schön hier." Liam trat dich neben mich und sah auch auf das Wasser hinaus. „Ja, das ist es wirklich."

„Hey, hört auf zu träumen. Da geht's lang." Ich drehte mich zu Mike, der nach links deutete. Ich sah in die Richtung und konnte ein Lagerfeuer sehen, dass schon gut brannte. Ein paar Personen saßen um das Feuer herum und lachten.

Wir setzten uns wieder in Bewegung und gingen zu den anderen. Mir wurde plötzlich mulmig zumute, da ich die ganzen Personen nicht kannte. Und von Delilah wollte ich gar nicht erst anfangen. Liam drückte plötzlich meine Hand und lächelte mir aufmunternd zu. Ich erwiderte das Lächeln, löste aber meine Hand wieder aus seiner.

Die letzten Meter mussten wir durch warmen Sand laufen. Die Sonne war zwar schon hinter den Bäumen verschwunden, hatte den Boden aber gut aufgewärmt. Ich sah zum Himmel, der sich orange färbe. Es war hier wirklich schön.

„Sorry für die Verspätung", begrüßte Mike die Runde, eher er weiter zum See ging und anfing die Bierflaschen im Wasser zu vergraben, damit sie kühl bleiben. Clevere Idee. Ich wandte mich wieder den anderen zu. Und hielt sofort inne. Vier Gesichter blickten mit entgegen. Eines davon gehörte Delilah, die mich kurz musterte und dann wieder den Blick abwandte. Es war jedoch nicht sie, die mich so aus dem Konzept brachte. Neben Delilah saß Simon. Ich blinzelte, weil ich nicht glauben konnte, dem Kerl, der mir ein Zimmer und sein Bett in einem Atemzug angeboten hatte, hier zu begegnen.

Simon grinste mich frech an. Seine dunklen Haare waren verwuschelt, als wäre er gerade mit seinen Händen hindurchgefahren. Im flackernden Licht des Feuers wirkten seine bunten Tattoos ein wenig bedrohlich. Ich schluckte. Eigentlich hatte ich gedacht, ihm nie wieder über den Weg laufen zu müssen.

„Natalie, richtig? Was für eine Überraschung!" Während die anderen mich verwirrt ansahen, schien Kyle sich zu erinnern. Wie Simon hatte er einige Tattoos auf den Armen, die sich komplett über seine beiden Arme zogen, aber alle schwarz waren. Außerdem wirkte er nicht so stark trainiert wie Simon. Und er hatte nicht so ein dreckiges Grinsen im Gesicht, auch wenn er mich gerade regelrecht abcheckte.

„Ihr kennt euch?", fragte Mike verwirrt, der wieder zurückgekommen war. Er setze sich auf einen der drei dicken Baumstämme, die um das Lagerfeuer lagen, und in angenehmen Abstand zu Feuer als Sitzgelegenheit dienten.

„Ich habe mir das Zimmer angesehen bei Simon, Kyle und äh..." Ich überlegte, wie der dritte Typ hieß. „Toni?", half mir ein Mädchen auf die Sprünge, dass ich noch nicht kannte. Ich nickte. „Richtig. So hieß er."

„Natalie hat es aber nicht mal in das Zimmer geschafft", kommentierte Simon und sah mich schadenfroh an. In seiner Stimme lag ein Unterton, den die anderen eher verstanden als ich. „Gott Simon, musst du alles aufreißen, was nicht bei drei auf dem Bäumen ist?" Das Mädchen verdrehte genervt die Augen und warf mir einen skeptischen Blick zu. Sie hatte kurze schwarze Haare und ihre Augen wirkten dunkel. Ein kleines Nasenpiercing mit pinken Stein zierte ihr Gesicht. Sie war so schlank wie Delilah und auch so knapp angezogen, dabei lagen ihre Klamotten nicht so eng an.

Ich spürte plötzlich Liam hinter mir. Ich sah über meine Schulter und sein ganzer Körper hatte sich verspannt. Ich riss die Augen auf und schüttelte kaum merklich den Kopf, dass er nichts sagen sollte. Liam sah mich ernst an, doch stumm bat ich ihn um seine Verschwiegenheit. Er seufzte, entspannte sich aber nicht.

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt