Gegenüberstellung

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Kapitel 23
~•Wörter 3419•~

Ich hatte viel geweint. Es hatte jede einzelne Träne gebraucht, damit ich mit dem Tod meines Vater einigermaßen abschließen konnte. War es jeder Heulkrampf gewesen, jedes noch so kleine Schluchzen, dass mir dabei half meine Trauer in mir nach außen zu tragen und mich ihrer zu entleeren.
Ich wusste, es würde noch lange dauern, bis ich wirklich nicht mehr weinen würde, sobald jemand den Namen meines Vater erwähnte aber momentan ging es mir den Umständen entsprechend...okay.
Ich fühlte mich auch nicht leer und sinnlos, wie als mein Vater gestorben war.
Mein Körper hatte einen Zustand der Akzeptanz angenommen.
Ich saß in meinem Zimmer, stumm auf meinem Bett und starrte auf die Koffer, die ich angefangen hatte auszupacken. Sie lagen offen auf dem glatten Fußboden, warteten darauf geleert zu werden, doch ich blickte sie nur an, unfähig etwas zu tun.

Ich vermutete, was mich die nächsten Tage erwarten würde:
Daniel würde, wie er es mir quasi angedroht hatte, mit einem Engelslächeln auf den Lippen zu mir kommen und würde meine emotionale Lage ausnutzen. Er würde versuchen mich missbrauchen, so wie es von Anfang an sein Plan gewesen war.
Früher wäre ihm hilflos ausgeliefert und auch wenn ich einen erheblichen körperlichen Nachteil hatte, da mein Mate nicht mehr an meiner stand und mich beschützen konnte wusste ich, dass in den letzten Wochen zu viel passiert war, dass ich mich einfach seiner Torture hingeben würde.
Er konnte nicht mehr tun und lassen, was er mit mir tun wollte. Ich wusste, er würde versuchen mich zu zerstören doch ich würde mir meine letzte Kraft nehmen um mich gegen ihn zu wappnen und freute mich jetzt schon auf seine Niederlage.
Es klopfte an der Tür und ich zuckte zusammen. Meine Nackenhaare stellten sich auf.
Nein!
Wie konnte er nur so schnell hierher gelangen?!

Mein Körper entspannte sich, als der Kopf meiner Mutter hinter meiner Tür hervorlugte.
»Brauchst du etwas Schatz?«, fragte sie, doch ich schüttelte nur den Kopf.
Sie blieb weiterhin an der Tür stehen, schien zu überlegen ob sie gehen oder bleiben sollte. Ich hoffte, sie würde bleiben.
Die Tür öffnete sich nun vollständig und sie setzte sich neben mich.
»Ich kann mir gar nicht vorstellen, was du alles durchmachen musst, welchen Schmerz du fühlst, doch du bist nicht allein. Ich bin bei dir, ich bin trocken für dich geworden, damit ich endlich die Mutter sein kann, die du verdienst. Ich werde von nun an immer für dich da sein.«

Ich sagte nichts, nickte nur und lehnte mich an ihre schmale Schulter. Sie legte den Arm um mich und ihre Nähe schien meine Selbstbeherrschung durchbrochen zu haben.
Als die erste Träne viel, folgten ihr weitere und mit ihr den Schmerz, den ich in mir trug.
Meine Mutter machte keine Anstalten mich zu trösten, sie strich nur sanft mein Haar und gab mir den Halt den ich brauchte, um meine Gefühle zu verarbeiten. Wie sollte es nur jetzt weitergehen?

-°-

Seit Wochen nun war Daniel nicht aufgetaucht und mit jedem Tag der verging stieg meine Angst und gleichzeitig die Hoffnung, ihm wäre etwas zugestoßen.
Tyler hatte mir jeden morgen und jeden Abend geschrieben wie sehr er mich vermisste, hatte jeden Tag mich Nachmittags angerufen und mir von seinem Tag erzählt. Trotz allem, was passiert fühlte sich diese Routine, die dadurch entstand, normal an und brachte meine emotionale Sicht auf meinen Alltag in eine gerade Richtung.
Es fühlte sich gut an, jeden Tag von ihm und dem Rudel zu hören und seine Nachrichten halfen mir dabei, Morgens aus dem Bett zu kommen. Meine Mitschülern waren erstaunt, dass ich wieder zurück war und die Gerüchte gingen von einer Schwangerschaft, bis zu, ironischerweise, einer Entführung. Ein paar Wölfe, mit denen ich gut war, halfen mir, mich in die Unterrichtsthemen einzufinden, die mein Kurs auf der Madison nicht durchgenommen hatte.

Es war nett. Ich konnte ihre Neugier über meine Rückkehr förmlich riechen, doch sie alle hatten anstand genug, mich nicht zu fragen. Ich wünschte, ich könnte mich rechtfertigen, mich erklären, aber ich wusste, das würde nie passieren.
»Und sie denken wirklich, dass du von einem Lehrer schwanger wurdest und das Kind abgetrieben hast?«, fragte Tyler lachend und riss mich damit aus meinen Gedanken. Ich stöhnte genervt auf und ließ mein Gesicht in mein Kissen fallen, was Tyler dazu veranlasste nur noch lauter zu lachen.
»Ich bereue jetzt schon dir davon erzählt zu haben. Keine Ahnung, wie mein Jahrgang darauf gekommen ist, aber kurz nachdem ich weg war ist auch ein Lehrer gegangen und für Teenager gibt es wohl keine normale Erklärungen. Alleine an diesen Lehrer zu denken...«, ich zog eine Grimasse, als ein Bild von seinem runden Bauch und den Schweißflecken an seinem Hemd vor meinem Auge auftauchte.

My Mate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt