Mit einem schmalen Lächeln verabschiede ich mich von Doktor Geyer und verlasse mit gesenktem Kopf und schnellen Schritten das Krankenhaus. Draußen scheint die Sonne und kündigt mit ihren warmen Strahlen die letzten Mittagsstunden an. Ich habe gut eine Stunde im Krankenhaus verbracht und jetzt noch in die Schule zu gehen, halte ich für unnötig. Also stülpe ich mir die Kapuze meines Pullovers über die Haare und suche beim Laufen nach dem alten Handy, dass mir der Sheriff wenige Tage zuvor gegeben hat. Doch gerade als meine Fingerspitzen die abgerundeten Ecken des Handys ertasten, erblicke ich den grün-weißen Streifenwagen.
Er parkt vor dem Krankenhaus und in diesem Moment lehnt sich ein Officer locker in brauner Uniform gegen das Gehäuse. Er hat sein Gesicht der Sonne zugewendet und seine Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckt. Ich brauche wenige Sekunden um ihn als Stiles Vater zu erkennen, doch als würde er meinen Blick bemerken, dreht sich sein Kopf von der Sonne weg und er richtet seine Augen auf mich. Ich verharre in meiner Bewegung und beobachte den Sheriff dabei, wie er mit schnellen Schritten auf mich zu kommt. Beim Näherkommen gleitet seine Hand zu der Sonnenbrille und mit einer fließenden Bewegung streift er sie vom Gesicht.
„Der Rektor hat mich angerufen," erklärt er mir mit einem ernsten Blick und kommt vor mir zum Stehen. „Tut mir Leid," erwidere ich mit gesenktem Blick und hörbarer Unsicherheit. Der Sheriff muss seine Schicht wegen mir unterbrochen haben. „Dafür musst du dich nicht entschuldigen," wirft er sanft ein und legt seine Hand väterlich auf meiner Schulter ab, „Geht es dir gut?" Als Antwort nicke ich leicht, während ich meinen Kopf zur selben Zeit wieder hebe um den Mann vor mir anzuschauen.
„Was genau ist passiert?"
„Stress?" schlage ich etwas ratlos vor und schiebe, wie bei der Frage des Doktors, erklärend meinen Pulloverärmel nach oben. Dadurch gebe ich dem Sheriff freie Sicht auf meine Verletzung frei, die dieses Mal offenliegt. Der Doktor hatte bewusst auf einen Verband verzichtet, damit Luft an die Wunde kommt. Doch durch Desinfektion und etwas Wasser, sehen die Kratzspuren auf meinem Arm noch harmloser aus als sie es eh schon sind. „Warst du das selbst?" fragt der Sheriff hörbar überrascht nach und zieht bei dem Anblick leicht die Augenbrauen nach oben. Wieder nicke ich nur als Antwort, bevor ich den Pulloverärmel loslasse, sodass er über meine Haut bis zum Handgelenk rutscht.„Und dir geht es wirklich gut?"
„Ja. Es war in den letzten paar Tagen einfach so viel los."Verstehend nickt der Sheriff. Dann räuspert er sich leicht und sagt mit einer ruhigen Stimme: „Dein Gespräch mit Agent McCall konnte ich verschieben." Bei seinen Worten fällt mir ein Stein vom Herzen und dankbar nicke ich. Ich zwinge mich sogar zu einem kleinen Lächeln, während ich daran denken muss dass diese Absage sicherlich schwierig zu erringen war. „Leider nur um ein paar Stunden," informiert er mich mit einem entschuldigenden Lächeln und lässt kurz den Blick über den Parkplatz wandern. Dann richtet er seine Augen wieder auf mich und spricht weiter: „Ich würde heute aber auch noch einmal gerne mit dir reden. Inoffiziell. Scott hat mir inzwischen erzählt, was er gestern gesehen hat...."
Den restlichen Satz lässt er unausgesprochen in der Luft hängen und erst jetzt wird mir klar, dass wir bisher noch gar nicht über den Vorfall gestern gesprochen hatten. Selbst ich hatte bisher keine Möglichkeit um mit Scott alleine über meine Erinnerungen zu reden und darüber, was genau er gesehen hatte. Stattdessen hatten er und seine Freunde noch am selben Abend herausgefunden, dass ich mir meinen Großvater nur eingebildet habe. Doch noch immer schiebe ich die schlimmen Bilder meines eigenen Todes auf eine fälschliche Interpretation meinerseits. Aber für den Vorfall meines, nicht existierenden, Großvater habe selbst ich keine Erklärung.
„Virel?"
Die fragende Stimme des Sheriffs reist mich aus meinen Gedanken und sein besorgter Blick zeigt mir, dass ich wohl einige Sekunden weg gedämmert sein muss. Ich habe keine Ahnung wie viel ich von seinen Worten schon verpasst habe. Doch dieses Mal schwirrt mir zu viel im Kopf herum, als das ich mich für meine Unaufmerksamkeit entschuldigen könnte. „Wenn du dich noch nicht dafür bereit fühlst, dann können wir auch noch gerne bis morgen damit warten," bietet er mir jetzt hörbar besorgt an und betrachtet mich mit einem verständnisvollem Blick. „Nein schon gut," Ich schüttele halbherzig mit den Kopf, „Ich...ich kann darüber reden."„Sicher?"
„Sicher."„Na dann komm," er macht eine einladenden Handbewegung in Richtung seines Autos und schenkt mir dabei ein sanftes Lächeln. Ich gehe seinem Vorschlag nach und setze mich in Bewegung. Dabei passt sich der Sheriff meinen Schritten an und schlendert neben mir her. „Scott und Stiles werden nach dem Lacrosse Training zu uns stoßen. Dann haben wir etwas Zeit, bis ich dich ins Revier bringen muss," in seinen Worten glaube ich Mitgefühl hören zu können. Ihm scheint es echt leid zu tun, mich unter diesem Umständen noch dem FBI Agent vorzusetzen. Ich mustere sein Gesicht und versuche darauf etwas abzulesen. Er scheint besorgt und nicht gerade erfreut. Ich schließe aus dieser Mimik, dass ein erneut dramatisches Gespräch auf mich zu kommen wird. Vielleicht haben sie neue Hinweise gefunden. Vielleicht haben sie endlich den Mörder gefunden.
Ich nicke dem Vorschlag zustimmend zu und lasse mir von dem Sheriff die Beifahrertüre öffnen. Ich lasse mich in den weichen Sitz fallen und lege den Sicherheitsgurt an, während der Sheriff den Wagen einmal umrundet und anschließend neben mir Platz nimmt.
„Übrigens ist nächste Woche ein Lacrosse Spiel gegen eine Nachbarsschule," er steckt den Schlüssen ins Zündschloss und startet den Motor, „Scott und Liam spielen." Er lässt diese Information ganz nebenbei aus seinem Mund fließen und noch bin ich mir nicht sicher, auf was der Mann hinarbeitet. Also nicke ich kurz, um ihm zu zeigen, dass ich seinen Worten soweit folgen kann, auch wenn meine Gedanken noch immer um das bevorstehende Gespräch schweben. „Vielleicht möchtest du ja mitkommen und zuschauen," schlägt der Sheriff jetzt vor, „Ich werde auf jeden Fall da sein."Er wirft mir einen Seitenblick zu und erneut nicke ich langsam vor mich hin. „Ja," stimme ich leicht verunsichert zu, „Das klingt nett. Mal sehen ob ich mitkommen." Ich zwinge mir ein Lächeln aufs Gesicht und atme tief durch. Ich versuche das bevorstehende Gespräch mit Agent McCall zu vergessen. Stattdessen richte ich meinen Blick aus dem Fenster und betrachte gedankenverloren die Häuser, die rasendschnell an unserem Auto vorbeiziehen. Während der Sheriff neben mir schweigt, prasseln neue Gedanken auf mich ein. Dieses Mal erinnere mich an die Bilder von gestern Nacht und daran, was ich in ihnen gesehen habe.
Wie mein Vater mich angreift.
Wie mich der Mörder angreift.
Wie ich im Garten meines eigenen Hauses getötet werde.Ich spüre wie sich bei diesen Erinnerungen mein Herz schneller zu schlagen beginnt und sich ein wässriger Schimmer in meinen Augen bildet. Unterbewusst lege ich meine rechte Hand auf meinem verletzten Unterarm ab und während sich die Erinnerungen immer tiefer in meine Kopfhaut bohren, bohren sich meine stumpfen Fingernägel verzweifelt in den Stoff des Pullovers.
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Ich wünsche euch einen schönen Samstag und ein schönes Restwochenende. Übrigens habe ich letztens erst bemerkt, dass Black Boots in der Zwischenzeit 10 Tausend Reads hat ❤️ und obwohl das hier eine ganz andere Story ist, wollte ich mich hier noch einmal für eure Reads bedanken. Unglaublich. Ihr seid die besten.Lg CoolerBenutzername
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Lizamoore (Teen Wolf FF)
Fiksi Penggemar'Als ich den toten Körper fand, der in dem Garten meiner Familie vergraben lag, war ich ausser mir. Doch festzustellen, dass es mein eigener war, machte es noch schlimmer' - Teen Wolf FF - Staffel 4 - Spoilers enthalten -