Die Schwerter schlugen aufeinander – schwer und hart. Die Atmosphäre schien bersten zu wollen unter der Spannung, die die dröhnenden Schläge entfachten. Entschlossenheit und Ehrgeiz tränkten die stickige Luft der Halle, in der jedes Geräusch überlaut zu werden schien. Jeder Hieb ein neuer, kraftvoller Akt, der die beiden Kontrahenten herausforderte – Schweißperlen klatschten auf den kalten Steinboden. Jeder Treffer konnte den Sieg bedeuten – oder die Niederlage.
Die Aufmerksamkeit der Schaulustigen wurde magisch angezogen von der Eleganz und Schnelligkeit, mit der sich die beiden Kämpfenden aufeinander zu bewegten. Als würden sie einen herausfordernden Tanz wagen – und nicht auf Leben und Tod miteinander ringen.
Gut – auf Leben und Tod, das war vielleicht übertrieben. Immerhin war der junge Mann, der sich der vielfachen Wettkampf-Meisterin stellte, kein erbitterter Gegner, sondern lediglich ein einfacher Novize. Und die vermeintlich todbringenden Waffen bestanden nicht aus hartem Metall, sondern aus einfachem Holz.
Liv keuchte. Die stickige Luft in der von schwitzenden Menschen gefüllten Halle drückte unangenehm auf ihre Lunge. Das Schwert, das auf sie zugeschossen kam, zielte auf ihr Handgelenk. Sie wollte abblocken, doch da änderte es schlagartig seine Richtung mit dem neuen Ziel, ihre Schläfe zu treffen. Erst im letzten Moment konnte sie sich ducken und dem vernichtenden Hieb entgehen.
Der Kerl ist gut, musste sie sich eingestehen, aber ich bin besser.
Mit einem grimmigen Lächeln fuhr sie herum und traf seinen Oberschenkel, tänzelte zurück und parierte den nächsten Schlag ohne Mühe. Ihr Blick streifte musternd über den Gegner, mit nur einem Ziel: Irgendeine Schwachstelle zu finden.
Da – ein falscher Schlag, ein Tritt ins Leere. Seine Seite – ungeschützt. Innerhalb eines Sekundenbruchteils erkannte Liv den Fehler ihres Gegners und reagierte blitzschnell. Mit einer gekonnten Bewegung wich sie dem halbherzig geführten Hieb aus und setzte zu einem harten Konter an. Der Stoß mit dem Ellenbogen gegen die Rippen brachte den jungen Novizen aus dem Takt und er stolperte zurück. Ehe er sich versah, ruhte Livs Schwert an seiner Kehle.
Kurz schien die Welt still zu stehen. Die entsetzten Augen den Jungen blickten ihr starr entgegen, während ihr Herz pochte wie verrückt und sich langsam aber sicher das Hochgefühl in ihr ausbreitete, das sie immer ereilte, wenn sie einen Kampf gewann.
Wie im Rausch hörte das Mädchen den Applaus der Umstehenden, der ihren Sieg bejubelte. Mit einem erleichterten Lächeln im Gesicht erhob sie sich, verbeugte sich kurz und verließ dann zügig den Schauplatz. Die Euphorie des gewonnenen Kampfes strömte ungehindert durch ihre Adern und vertrieb das Adrenalin, das ihr während des Kampfes geholfen hatte, die Konzentration aufrecht zu halten.
Am Rand der riesigen Übungshalle stellte sie das hölzerne Schwert zu den anderen und griff sich ihr Handtuch, mit dem sie sich über Gesicht und Nacken fuhr, um den Schweiß der Anstrengung fortzuwischen. Währenddessen beobachtete sie die Traube von Menschen, die sich nach und nach lichtete, bis jeder seinen eigenen Aktivitäten nachging. Manche putzten oder schärften ihre Waffen, während andere sich bereits wieder zum Kampf aufstellten und in drohenden Bewegungen umeinander kreisten. Zwei dunkelhaarige Jungen halfen dem Besiegten auf, der nach Livs letzter Attacke nicht mehr alleine auf die Beine kam.
Bedauern durchzuckte sie, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Sie hatte ihn nicht ernsthaft verletzen wollen.
Besorgt beobachtete sie die Drei dabei, wie sie den Raum verließen. Ihr Gegner – der mit den strohblonden Haaren und der für sein Alter stark vernarbten Haut – warf ihr keinen einzigen Blick mehr zu, doch Liv hatte trotzdem das Gefühl, dass er ihr ihren Sieg übel nahm.
DU LIEST GERADE
Hunters 2 - der Pfad des Jägers
Fantasy*** WICHTIG: Da der erste Teil von "Hunters" überarbeitet wurde, passen einige Dinge nicht mehr zusammen. Wenn Zeit ist, wird dieser Teil deshalb ebenfalls überarbeitet.*** Die Schwerter schlugen aufeinander - schwer und hart. Die Atmosphäre schien...