13. Nebel

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Als Liv am nächsten Morgen aus ihrem Zelt kroch, war das Wetter miserabel. Die Sonne stand am Himmel, doch man konnte sie hinter den dichten Nebelschwaden kaum erkennen. Ein verschwommener, heller Fleck, der keine Wärme spendete – ansonsten war da nichts.

Liv schleppte sich durch das nasse Gras um das Zelt herum und löste nacheinander die Heringe aus dem Boden. Zitra, ihre Zelt-Mitbewohnerin, entnahm dem Gebilde die langen Stäbe und die Plane fiel in sich zusammen. Sie würden es in feuchtem Zustand einpacken müssen. Das machte die Angelegenheit zwar eklig triefend, doch das war nicht zu vermeiden. Wenn sie das Zelt längere Zeit mit sich herumschleppten, würde es zu Müffeln anfangen, doch am Abend würden sie es sowieso wieder ausrollen müssen…

Sie hatte das Zelt am Tag des Aufbruchs getragen, deshalb konnte sie diese Bürde nun getrost dem schwarzhaarigen Mädchen überlassen. Mit einem eklig matschigen Gefühl in den Schuhen kämpfte sie sich an die Spitze der Gruppe und schlüpfte wieder in ihre Rolle als Anführerin. Es war kein einfacher Marsch, besonders, da es immer tiefer in den Wald ging und Äste noch zusätzlich ihren Weg versperrten. Mehrmals wechselten sie ihre Aufstellung, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Die meisten funktionierten im dichten Wald allerdings nicht so gut, weshalb sie es bald aufgaben und in Zweierreihen hintereinander her trotteten.

An Livs Seite schritt wieder der Junge, Conec, mit den braunen Korkenzieherlocken. Es überraschte sie nicht, ihn zu sehen. In letzter Zeit hatte sie zunehmend das Gefühl, er hielte sich absichtlich oft in ihrer Nähe auf. Sie redeten immer wieder miteinander und immer versuchte er, ihr ein paar Geheimnisse über die Regierung zu entlocken – natürlich immer erfolglos.

Sie erwischte sich allerdings auch selber häufig dabei, dass sie ein Gespräch mit ihm anfing. Es interessierte sie, was er zu sagen hatte. Seine Meinung zu manchen Dingen war so… außergewöhnlich. Vielleicht war Liv auch einfach nur das hochtrabende Geplänkel der Politiker gewöhnt und es war die nüchterne Meinung eines einfachen Bürgers, der sie hier lauschte. Doch etwas sagte ihr, dass noch mehr dahinter steckte. Sie musste nur noch darauf kommen, was es war…

Das Gespräch vom vergangenen Abend kam ihr wieder in den Sinn. Sie hatte wegen ihrer Müdigkeit den Faden verloren, aber jetzt fiel er ihr wieder ein.

Sie durchtrennte einen kargen Ast, der sich vor ihr Gesichtsfeld schob, mit ihrem Säbel und fragte wie beiläufig: „Wer ist Jule?“ Zufrieden registrierte sie, dass er sich zeitschindend über das Gesicht wischte und an einem Baum vorbei drückte.

Dann begann er bedächtig. „Ihr richtiger Name ist Julia Ilias. Sie war Novizin im Caraunt.“ Das war alles – keine weitere Erklärung. Als sie ihn aus den Augenwinkeln beobachtete, huschte ein Lächeln über seine Lippen – so, als würde es ihn freuen, ein Geheimnis vor ihr zu haben.

Sie runzelte die Stirn. Julia Ilias. Der Name kam ihr tatsächlich bekannt vor. Doch wo hatte sie ihn schon einmal gehört? Wenn sie Novizin gewesen war, hatte sie vielleicht schon einmal mit ihr in einer Vorlesung gesessen… aber Moment Mal! Sie war einmal Hunter gewesen? Was war mit ihr passiert?

Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Was, wenn diese Julia bei einem Einsatz ums Leben gekommen und Conec noch nicht über ihren Tod hinweg war? Suchte er deshalb hier draußen nach ihr? Weil er hoffte, sie wiederzufinden…

„War… Julia deine Freundin?“

Conec sah sie schräg von der Seite an. „Meine beste Freundin.“, antwortete er schlicht und wandte sich wieder dem Geäst zu, das ihm den Weg versperrte. Mit einem lauten Knack wurde es von seiner Klinge durchtrennt.

Dann folgte ein weiteres Knack.

Und noch eines, als plötzlich etwas vor ihnen zu Boden fiel. Zum Glück hatte Liv ihre Waffe bereits in der Hand gehabt, ansonsten hätte sie den direkt darauffolgenden Angriff sicher nicht abwehren können. Ein haariges Wesen, das ihr bis knapp unter die Knie reichte, war auf sie losgesprungen und fauchte laut, als es gegen ihre Klinge sprang. Am Rande registrierte sie, dass Conec sich einem weiteren Angreifer entgegen gestellt hatte und einige Gruppenmitglieder zu ihnen rannten, weil sie den Lärm gehört hatten. Eher zögerlich begannen sie, die Monster anzugreifen.

Hunters 2 - der Pfad des JägersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt