#3 ViP Treatment für Mr. Anonym

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Eine weitere Woche war vergangen. Alec kam wie gerädert zu seiner Schicht. In den letzten Nächten hatte er unruhig geschlafen, es plagten ihn  immer wieder dieselben Träume. Träume, in denen er sich gegen seinen herrischen Vater auflehnte und ihm mal so richtig die Meinung sagte. Alec hatte dieses Szenario selbst etliche Male in seinem Kopf durchgespielt, aber am Ende verließ ihn der Mut. Ein Traum verwirrte ihn zutiefst: Goldbraune katzenartige Augen hielten ihn gefangen, er hatte das Gefühl, er würde innerlich brennen. Toll, jetzt verfolgte ihn Magnus Bane schon in seinen Träumen. Er musste endlich einen Weg finden, sich selbst treu zu bleiben, ohne seine Eltern vor den Kopf zu stoßen.

Alec dachte auch an Isabelle, seine Schwester und engste Vertraute. Sie wusste von seiner Abneigung gegenüber der Hotellerie. Ihr selbst fiel dieser Beruf in den Schoß. Sie war schon seit letztem Jahr die F&B-Direktorin und damit der ganze Stolz ihrer Eltern. Sie konnte selbst die cholerischsten Gäste bezirzen, war aber zugleich eine eiskalte Geschäftsfrau und seit sie die Position übernommen hatte, waren die Umsätze in ihrem Bereich deutlich gestiegen. Natürlich ließ Mr. Lightwood Senior keine Gelegenheit aus, Alec den Erfolg seiner Schwester unter die Nase zu reiben.
Alec war nicht neidisch auf Izzy, wie er sie liebevoll nannte. Er bewunderte sie für ihre Stärke und die Disziplin, genau dem zu entsprechen, was von den Lightwood Kindern erwartet wurde, aber er konnte und wollte das nicht. Alec musste seinen eigenen Weg finden.

Alec war gerade dabei, Emma Carstairs die verschiedenen ViP Stati, in die die Gäste eingeteilt wurden, zu erklären, als sein Vater durch den Haupteingang des Hotels kam. Selbst ohne ein Wort zu sagen, strahlte Robert Lightwood Souveränität und Authorität aus.
„Alexander, auf ein Wort." sagte er nur und setzte sich in eine der Nischen in der Bar. Es war erst Nachmittag und um diese Zeit war nicht viel los in diesem Bereich des Hotels. Jace Wayland, der Chef-Barkeeper, würde seine Schicht nicht vor 18:00 Uhr am Abend beginnen und so konnten sich Vater und Sohn ungestört unterhalten.
"Wir haben eine erneute, anonyme Beschwerde erhalten," sagte Mr. Lightwood Senior als Alec in dem bequemen Sessel vor ihm Platz genommen hatte, „eine äußerst bedenkliche, wie ich meinen möchte." Alec nahm zögerlich den Zettel mit der Bewertung.

Anonym: Der Wellnessbereich des Hotels ist recht annehmbar. Es wäre schön, wenn ausreichend Handtücher zur Verfügung stehen würden. Das sollte in einem 4 Sterne Hotel kein Problem darstellen. Zudem könnte man den Aufenthalt dort wohl noch besser genießen, wenn man nicht von Angestellten ungeniert begafft werden würde.

Alec stieg Zornesröte ins Gesicht. Was zum... Bane, schon wieder. Dieser arrogante Kerl legte es wirklich drauf an. Begafft? Das hätte er wohl gern! Vielleicht hatte er ihn wirklich länger als nötig angeschaut, aber das hier war völlig überzogen. Alec überlegte wie er sich elegant aus dieser Nummer wieder herausmanövrieren konnte.

".. was wir jetzt unternehmen können." beendete Robert Lightwood gerade seinen Satz. Alec versuchte, seine Wut in Zaum zu halten und sein bestes Pokerface aufzusetzen.
„Ich werde mich dieser Sache annehmen, Vater." sagte er.
„Es freut mich zu hören, dass du endlich einmal Eigeninitiative ergreifst, Alexander. Vielleicht versuchst du als Erstes herauszufinden, um welchen Gast es sich handelt. Sofern er noch eine weitere Buchung hat, kümmerst du dich bitte um eine angemessene ViP-Behandlung." Alec lächelte mild. Das würde er. Magnus Bane würde ein besonderes ViP-Treatment von ihm bekommen.

Wie es der Zufall so wollte, hatte Magnus Bane auch für diese Woche eine Buchung. 'Wenigstens konnte er dieses Mal seinen Namen richtig eintragen.' dachte Alec hämisch als er die Kartei aufrief. In seiner Gastkartei hatte Alec nach Banes ersten Aufenthalt einige Bemerkungen eingetragen: schwieriger Gast, benötigt immer Gepäckservice, Nichtraucher, Zimmer gern auf hoher Etage. Plötzlich fiel Alec auf, dass in seiner Kartei als ViP-Status Stammgast hinterlegt war . Was zum..? "Emma, kommen Sie bitte mal?" rief Alec die Auszubildende.
„Ja, Mr. Lightwood?" kam es von Emma, die hastig zu ihm eilte.
„Warum ist bei Mr. Bane 'Stammgast' hinterlegt? Er war doch erst zweimal hier." fragte er eindringlich.
„Aber wir haben doch darüber gesprochen, dass Gäste, die jede Woche mindestens einmal kommen, als Stammgäste eingeteilt werden. Mr. Bane sagte mir letzte Woche, dass er bis Ende des Jahres jede Woche hier übernachten wird, darum habe ich das so vermerkt. War das falsch, Mr. Lightwood?" fragte Emma verunsichert. Alec schloss die Augen und presste seine Lippen fest zusammen, aus Angst, ihm würde ein lauter Schrei entfleuchen. Jede Woche, bis Ende des Jahres. Dieser verdammte Bane.
„Nein, Emma." seufzte er. "Sie haben alles richtig gemacht. Sehr gut aufgepasst, vielen Dank!" Er griff nach dem großen Schlüsselbund und verließ aufgewühlt das Büro. Er hatte schließlich noch ein besonderes ViP-Treatment vorzubereiten.

Magnus Bane war erschöpft. Eigentlich war er immer erschöpft, aber heute ganz besonders. Die Gepäckausgabe am Flughafen hatte sich mal wieder unnötig in die Länge gezogen, trotz seiner Top ViP-Behandlung. 'Alles inkompetente Stümper!' dachte er sich. Dann musste er doch unglaubliche fünf Minuten warten bis er schließlich ein Taxi bekam. Zu allem Überfluss stank der Taxifahrer nach einer Mischung aus Curry und Knoblauch und verstand erst, wo er hinfahren sollte, nachdem Magnus ihm auf seinem Smartphone die Adresse des Hotels gezeigt hatte. Wenn jetzt wieder dieser Hotel Boy mit seinen stahlblauen Augen, den strubbeligen schwarzen Haaren und seinen ungezügelten Bemerkungen an der Rezeption wäre, könnte er für nichts garantieren. Denn dann müsste er sich unter Umständen ein Alibi für einen Mord im Affekt besorgen. Das Einzige, auf das sich Magnus freute, war das Hotelbett. Er mochte es sich zwar nicht eingestehen, aber im Hotel Dumort schlief er so gut wie schon seit Jahren nicht mehr. Selbst zu Hause plagten ihn schlaflose und unruhige Nächte, vielleicht lag es aber auch daran, dass er so selten dort schlief, schließlich war er berufsbedingt ständig unterwegs.

Der Check-in verlief diesmal problemlos. Zwar war wieder das kleine Püppchen von seinem ersten Aufenthalt da, aber zumindest schien sie lernfähig zu sein, denn er musste nicht mal seinen Namen sagen und bekam umgehend seine Zimmerkarte. Es imponierte ihm, dass er bereits "bekannt" war, ihm war egal aus welchen Gründen, so wie diese Leute ihm egal waren. Seinen Koffer ließ er einfach stehen. Langsam sollte das Hotelpersonal ja wissen, dass er sein Gepäck genau bis zur Rezeption trug und keinen Meter weiter. Wofür wurden die schließlich bezahlt? Er fuhr wieder mit dem Fahrstuhl in die 11. Etage und ging zu seinem Zimmer. 1126, dasselbe Zimmer wie bei seinem letzten Aufenthalt. Es gefiel ihm und hatte einen schönen Blick auf die Stadt. Er öffnete die Tür und steckte die Karte in den Kartenschlitz, der für Licht und Strom sorgte. Sofort wurde sein Zimmer erleuchtet und Magnus traute seinen Augen nicht. Das ganze Bett war mit ordentlich gefalteten Badetüchern bedeckt, so dass man nicht einmal die Kissen sehen konnte. Oben auf dem Stapel lag ein flauschiger weißer Bademantel mit einem kleinen Umschlag darauf.

Sehr geehrter Mr. Bane,

als Wiedergutmachung hier ein Geschenk des Hauses, das Sie zukünftig vor ungewollten Blicken schützt.

Wir sind froh, dass Sie unser geschätzter Gast sind und wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt im Hotel Dumort.

Mit freundlichen Grüßen
A. Lightwood

Magnus war fassungslos. Er war entsetzt, wütend und... amüsiert. Er grinste. Dann kicherte er in sich hinein und lachte herzhaft aus vollem Halse. Dieser freche Hotel Boy. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen zog Magnus sich um, schlüpfte in seinen flauschigen weichen Bademantel und machte sich schließlich auf den Weg zum Wellnessbereich. Eines musste man diesem Lightwood lassen: Kontern konnte er.

A Malec Story - Der Gast ist KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt