Teleportation

965 105 16
                                    

Es war später Abend, als ich gerade Richtung Times Square lief. Die Straßen waren überfüllt. So wie immer. In den Restaurants an den Straßen fanden sich Leute zu einem späten Dinner wieder. Ich kramte meine neuen Handschuhe aus meinem Rucksack und zog sie mir über. Kalter Wind wehte mir um die Ohren. Vermutlich wurde dieser Winter genauso kalt und mit viel Schnee, so wie die letzten. Eisig. Viele tote unter den Obdachlosen. Ich klapperte mit den Zähnen. Ich hatte genug Geld zusammen, um mir neue Kleidung zu holen. Doch wo? Ich wusste nicht, wo es billige gab, die auch wärmte. Outdoor Kleidung war eigentlich genau das Richtige. Und heute würde ich sowieso nichts mehr finden. Es war an der Zeit, mir ein Plätzchen für die Nacht zu suchen. Immer dort, wo es belebt war. Wo man sicher war. Vor weitern Räubern. Und besonders vor den Männern in Schwarz.

Ich setze mich in einer Nebenstraße, einer Gosse, auf ein Stück Pappe, welches auf dem Boden lag. Den Rucksack, mit all meinem Hab und Gut, klemmte ich zwischen meine Beine. Einen Fuß steckte ich durch die Armschlaufe. So konnte ihn niemand wegziehen. Ich kuschelte mich tief in meinen Schal und schloss die Augen. Den Lärm von den Autos und den Menschen blendete ich aus. Das musste ich immer tun. Jede Nacht. Doch ich schlief nicht ein. So sehr ich es auch versuchte. Ich schnaufte. Dann griff ich zu der Fernbedienung in meiner Jackentasche. Für den Notfall hatte ich sie dort. Wenn ich angegriffen wurde, musste ich nur auf Stop drücken und schon konnte ich flüchten. Wenn ich ein Messer im Bauch stecken hatte, musste ich nur auf die 10 drücken. Dann wurde die Zeit zurück gespult und ich entging den tödlichen Angriff. Alles nur für den Notfall. Ich wollte sie nicht mehr ausnutzen. Es war zu gefährlich. 

Dennoch holte ich die Fernbedienung raus und schaute auf sie, wie in Trance. Ich drehte sie in meinen Fingern hin und her. Ich wusste was alle Tasten bedeuteten. Dieses Ding war ein Wunder. Sie durchbrach alles, was möglich war. Wenn ich wüsste, wo mein Vater jetzt lebte, könnte ich mich bei ihm Rächen. Ein Brand legen. Ihn verbrennen lassen. Zuschauen, wie sein Haus abfackelt. Ihn erwürgen. Ihm die Kehle aufschlitzen. Ganz egal. Hauptsache ihn so leiden sehen, wie er mir leid angetan hat. Ich kniff die Augen zu, als mir Erinnerungen in den Kopf stiegen. Ich wollte es nicht sehen. Nichts davon wieder fühlen. Nichts davon neu durchleben. Ich hustete. "Mistkerl. Elendiger Dreckssack." Meinen Kopf nahm ich dabei in meine Hände. Dann durchzuckte mich ein Schmerz. Als würde mein Körper zusammengedrückt werden. Von einer Walze überrollt werden. Gleichzeitig aber auch auseinander gezogen werden. Hin und her. Ich schrie. Es drehte sich. Schwarze Blitze. Weiße Blitze. Blaue, rote, gelbe. Alles verschwamm um meine Augen. Mir wurde schwindelig und schlecht. Dann wurde alles schwarz. Wieder weiß. Wieder schwarz. Der Schmerz hörte auf und ich spürte, wie ich fiel. Ich fiel und landete auf Erde. 

Keuchend lag ich da im Dreck. Es war warm. Wärmer als gerade noch. Die redenden Menschen waren weg. Keine hupenden Autos mehr. Ich hob meinen Kopf. Wo zur Hölle war ich? Es war Nacht. Die Dunkelheit umgab mich. Und ich hatte kein Licht. Nur das Licht des Vollmondes schien. So konnte ich etwas erkennen. Ich richtete mich auf und schulterte meinen, mit schlamm bedeckten, Rucksack. Auch meine Kleidung war schlammig. "Och Mist." Ich stapfte aus dem Feld heraus, auf dem ich mich wiedergefunden hatte. Nun stand ich auf einem Feldweg. Vollkommen allein und wusste nicht wo ich war und wie ich hier hergekommen war. Links kein Licht. Rechts kein Licht. Ich entschied mich für Links. 

Meine Jacke musste ich aufmachen, weil mir warm wurde. Ich tastete die Fernbedienung. Sie hatte mich hergebracht. Doch wohin? Und wie kam ich wieder zurück nach New York?

Das Leben von Manuel /Kürbistumor Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt