Glücklich?

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Wir saßen auf dem Sofa. Vor uns der Tisch, wo ein Topf mit heißer Suppe stand. Ich hatte eine Decke über den Schultern. "Du bist also mit Absicht nach Hamburg, um mir persönlich Weihnachtsgrüße zu geben?", fragte Patrick schmunzelnd, während er mir mit der Kelle Suppe auffüllte. Mein Magen knurrte. "Ich war grade in Moskau, hab die Postkarte abgeschickt und bin dann auf die Idee gekommen, dich zu besuchen." Ich nahm die Schüssel und wärmte meine Finger an ihr. Patrick trug die ganze Zeit ein lächeln auf den Lippen. "Ich bin froh dich wiederzusehen. Ich, ich hab dich schon irgendwie vermisst."  Ich hob eine Augenbraue. So etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt. "Danke?", fragte ich also nur. Ich wusste nicht, was ich zu so einem Kompliment sagen sollte. Patrick schnaubte und tunkte sein Löffel in seine Suppe. "Wirst du denn nicht mehr verfolgt?" Er nahm, ohne zu Pusten, den Löffel in den Mund. "Doch. Ich bin ihnen aber nur selten begegnet. Eigentlich kaum. Ich bleibe nie lange an Orten." "Bist du damit glücklich?", fragte Patrick nun eindringlicher. Ich überlegte.

War ich glücklich? Nein. Lag es an der Fernbedienung? Nein. Es lag an meinem Lebensstil. Ich reiste von Ort von Ort. Hatte fast durchgehend Paranoia und niemanden, mit dem ich reden konnte. Ich war einsam. "Nein." Ich seufzte, legte die Schüssel an meine Lippen und trank etwas von der heißen Suppe. Sie schmeckte wunderbar. "Denkst du, du kannst sie loswerden?" Patrick löffelte seine Portion leer. Ich wischte mit dem Handrücken über den Mund und stellte die halbvolle Schüssel auf den Tisch. Es folgte ein Schluck Wasser. Ich hatte viel daran gedacht, sie loszuwerden. Aber wie? Anscheinend war sie auch Wasserdicht. "Ich weiß nicht wie. Ich will sie nicht weitergeben. Wenn, will ich sie zerstören. Aber dann bin ich wieder der Penner, der tagtäglich schlechte Laune hat und am liebsten nicht mehr da wäre." Ich drehte meinen Kopf von Patrick weg. "Wie willst du sie zerstören?" Ich kniff die Augen zu. Er ging auf mein letztes gesagtes nicht ein. "Ich denke, ich werde zurück nach New York. Und dort werde ich sie in die Luft jagen. Böller kann man gut klauen, in einem kleinen Kiosk, nähe des Broadways. Der Besitzer ist ein verschnarchter dicker Sack, der nur auf seinen kleinen Fernseher starrt, abkassiert und sich nicht interessiert. Der merkt es kaum, wenn man stiehlt. Und wenn ist er zu faul, um einen hinterher zu rennen. Er könnte ja seine Sendung verpassen." Ich schmunzelte. Doch Patrick reagierte nicht. Er sah mich nur an. "Was ist?", fragte ich stirnrunzelnd auf seine Reaktion. "Dann sehen wir uns nie wieder. Ich meine, New York ist so weit weg von hier. Das kann ich mir nicht leisten." Patrick sah frustriert aus.

Seufzend legte ich meine Hand an seine Schulter. "Du bekommst Postkarten." Er schnaubte auf, schüttelte den Kopf und stand auf. Ich verstand Patricks Problem nicht. Wir waren nur zwei Menschen, die ein Geheimnis miteinander teilten. "Ich will dich aber wiedersehen", sagte Patrick als er stehenblieb und mich ansah. Ich lehnte mich zurück. "Warum?" Er legte sich Daumen und Zeigefinger an die Stirn und rieb sich dann damit über die Augen. "Weil, weil. Weil ich gerne wissen würde, wie es dir geht. Ich meine, du hast niemanden und, Manuel." Er ließ nun die Schultern hängen. "Weil ich dich mag und es tut mir weh zu wissen, dich nicht wiedersehen zu können."

Das Leben von Manuel /Kürbistumor Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt