Wir hatten uns auf den steinigen Sandboden gesetzt und schauten zum Hollywood Sign, während wir speisten. Dazu beredeten wir, was wir nun machten. Noch eine Nacht im Hostel konnte ich mir nicht leisten. Daher schlug Patrick vor, wieder nach Hamburg zu gehen. Ich hatte ihm die Tastatur an der Fernbedienung gezeigt. Er war begeistert. Und so beschlossen wir, zurück nach Hamburg zu reisen. Aber erst, wenn wir genug von dem Ausblick hatten.
Wir saßen gemütlich dort und quatschen. Er erzählte mir viel aus Hamburg, als was er arbeitete und am meisten über, vermutlich sein Lieblingsthema, essen. Essen war lecker, essen tat gut, essen war klasse. Ich grinste. Patrick war nicht dick. Aber ein kleines Wohlstandsbäuchlein hatte er schon. Gegen ihn war ich ein dürrer Ast. Lauch, spargel, was auch immer. In der Zeit, wo ich auf den Straßen New Yorks lebte, hatte ich sehr viel abgenommen. Ich hatte nun mal wenig zu essen. Doch ich sagte nichts. Ich wollte die gute Laune nicht runterziehen.
Unser Gespräch, die Ruhe um uns herum, wurde unterbrochen, als ein Auto die Straße hinter uns entlang fuhr. Wir beide schauten über unsere Schultern. Mir kam ein ungutes Gefühl. Es war ein schwarzer Mercedes, der hielt. "Das sind die Penner", flüsterte ich und stand auf. Ich griff meinen Rucksack und half Patrick auf die Beine. Wie hatten die uns gefunden? Die Fernbedienung musste wirklich Verwanzt sein. GPS oder so. Ich sollte Patrick nach Hamburg bringen, mich zurück nach New York teleportieren und das Ding dann anzünden, mit einem Böller in die Luft jagen und zum Schluss an einem Stein binden und im Hudson River versenken. Ich hätte das von Anfang an machen sollen. Dann wäre ich nicht in dieser Situation und Patrick nicht so in Gefahr. Wegen einem Penner.
Doch aus dem Wagen stiegen keine Agenten aus. Patrick und ich blickten zu der Karre, die dort stand. Verdunkelte Scheiben. Selbst die Felgen waren schwarz. Ich schluckte. Es machte mir Angst. Ich griff in meine Hose und umschloss die Fernbedienung. Sie wussten doch eh, dass ich sie hatte. Warum also nicht flüchten? Gerade, als ich Patricks Arm packen wollte, fielen drei Schüsse. Erschrocken duckte ich mich. Doch ich hörte nur zwei in den Boden einschlagen. Direkt neben uns. Dann hörte ich Autoreifen quietschen. Das Auto fuhr. Sie wollten uns nur ermorden.
Ich hörte ein Gurgeln. Dann sackte Patrick neben mir zu Boden. Panisch sah ich zu ihm. Er lag auf dem Rücken. Blut rann aus seinem Mund. Die Augen waren voller Panik. "Patrick!" Mir schossen Tränen in die Augen. Schnell kniete ich mich neben ihn. Er krallte sich in mein Oberarm, blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an. In dem Braun lag pure Angst. Er wusste, dass er starb. Er starb wegen mir. Ich hob vorsichtig seinen Kopf an und nahm ihn in den Arm. Er gurgelte weiter. Er rang mit dem Leben. "Ich bin bei dir, ich lass dich nicht im Stich. Aber bitte, bleib du bei mir." Ich konnte nicht anders, als zu weinen. Ich hatte schreckliche Schuldgefühle. Er konnte doch nichts dafür. Wieso wurde ich nicht von einer Kugel getroffen? Verzweifelt drückte ich Patrick an meine Brust. Dann löste ich mich und sah ihn an. "Bleib bei mir, hörst du? Ich, ich, ich hole gleich Hilfe." Aus seinen Augen flossen Tränen. "Help!", schrie ich. Einmal, zweimal. So laut ich konnte. Doch es war umsonst. Es würde doch sowieso niemand hören. Ich sah durch meine Tränen auf Patrick. In dem Augenblick wurden seine Augen, die er weit aufgerissen hatte, normal. Sein Gurgeln verstummte. Sein Kopf in meiner Hand wurde schwerer. Seine Hand, die er an meinem Arm gekrallt hatte, ließ los. Er war tot.
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Das Leben von Manuel /Kürbistumor
FanfictionErstaunlich, dass eine kleine Entscheidung schon so viel bewirkt. Sei es, welchen Platz man im Bus einnimmt oder in welchen Laden man geht. Jede noch so kleine Entscheidung kann das eigene und auch das Leben von anderen beeinflussen. Positiv oder au...