Wir landeten am Rande des Inwood Park. Selten war ich hier gewesen, doch kennen tat ich diesen Ort. "Uff." Patrick rieb sich den Hintern. "Voll auf den Steiß gelandet." Murrend stand er auf und rieb sich weiterhin sein Hinterteil. Grinsend stützte ich mich ab und sah ihn an. "Soll ich vielleicht weitermachen?", fragte ich ihn. Er warf mir einen bösen Blick zu, der aber gleich daraufhin weich wurde. "Später." Er grinste. Später. Genau das hatte ich vorhin im Badezimmer gesagt. "Gib mal die Fernbedienung." Patrick streckte seine Hand nach mir aus. Die Fernbedienung war noch immer in meiner Hand, fest umschlossen. Zögerlich stand ich auf und sah auf die Fernbedienung, die mein Leben so geändert hatte. "Was hast du vor?", fragte ich. Es war, als würde ich ihm ein Teil von mir selbst geben. Er nahm sie in die Hand. "Das, was wir schon viel früher hätten machen sollen." Er hob seinen Arm und schmetterte die Fernbedienung mit voller Kraft auf den Boden. Sie schellte auf und verlor nur einen Knopf. Ich grunzte auf. "Na das hat ja gut geklappt." Patrick bückte sich und hob sie wieder auf, warf sie nochmal zu Boden. Nochmal und nochmal. Zuletzt sprang er auf sie rauf und zerdrückte sie mit seinem Gewicht.
In meinem Herzen tat es weh. Die Fernbedienung, die Maschine. Das Wunder der Menschheit. Sie war dahin. "So." Patrick hob die Einzelteile auf. "Und jetzt?", fragte er. Ich überlegte. "Ab in den Fluss damit. Zur George Washington Bridge ist es nicht weit. Nur am Wasser entlang, dann sind wir schon da." Mein Bauch fühlte sich komisch an. Es hatte alles ein Ende. "Dann gehen wir da jetzt hin." Er hatte die Einzelteile in seine Hosentasche gestopft. Die Fernbedienung war hinüber. "Okay." Ich nahm seine Hand und zusammen gingen wir zur Brücke, die New York von New Jersey trennte, wo wir die Fernbedienung in den Hudson River werfen wollten. So, wie ich es schon von Anfang an hätte tun sollen. Damals, wo ich noch ein Obdachloser war. Ein stinkender Penner, ohne Freunde und ohne Geld. Einsam aber dennoch irgendwie zufrieden.
Wir stellten uns in die Mitte der Brücke. "Bist du bereit?", fragte Patrick. "Nein." Ich war es wirklich nicht. Sie war kaputt, unbrauchbar, zerstört. Das es so einfach ging, hätte ich nie gedacht. So lange war sie mein Begleiter gewesen und mein Retter, wenn ich mal einfach nur Weg wollte. Durch sie habe ich Patrick, den Mann den ich liebte, kennengelernt. Durch sie habe ich die Welt gesehen und war in eigentlich schon jedem Land dieses Planeten. Durch sie hatte ich ein Leben bekommen. "Patrick, gib mir ein Teil von ihr." Ich streckte meine Hand vor. Er nickte und legte mir ein paar Splitter, kabel und Plastikteile in die Hand. Es war nur noch ein haufen Schrott.
Unter uns fuhr gerade ein Schiff entlang. "Nun hat alles wirklich ein Ende", seufzte Patrick. "Alles nicht", antwortete ich und sah ihn an. Er gab mir einen kurzen Kuss und hielt die Hand, wo die Splitter drin waren, über die Brüstung. Ich streckte meine ebenso aus. Wir warteten, bis das Schiff unter uns hinweg war. Der Wind peitschte mir das Haar ins Gesicht. Ich war nervös. "Auf Drei?" Patrick sah mich kurz an. "Auf drei." Dann zählte er runter. "Drei!"
Und dann warfen wir die Splitter der Fernbedienung über die Brüstung der Brücke.
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Das Leben von Manuel /Kürbistumor
FanfictionErstaunlich, dass eine kleine Entscheidung schon so viel bewirkt. Sei es, welchen Platz man im Bus einnimmt oder in welchen Laden man geht. Jede noch so kleine Entscheidung kann das eigene und auch das Leben von anderen beeinflussen. Positiv oder au...