How I learnt to live

~19~

Ich halte das einfach nicht aus! Schon seit fünfzehn Minuten sitze ich hier mit meiner Mom am Küchentisch und es herrscht absolute Stille, während wir beide so tun, als ob wir beschäftigt wären. Meine Mom liest angeblich Zeitung und ich schiebe mein
Müsli vor mich hin.

Sie ist heute Morgen von ihrer Freundin nach Hause gekommen und hat mich sogar begrüßt, aber das war's dann auch schon. Auch wenn wir beide so tun als wäre alles normal, wissen wir, dass das Gespräch noch aussteht und das macht mich verdammt nervös.

Okay es reicht jetzt! Ich knalle den Löffel auf den Tisch:
"Es reicht. Lass uns das endlich klären.", erhebe ich meine Stimme.

Meine Mutter reagiert erst gar nicht und liest ihre Zeitung weiter, doch nach einem kurzen Augenblick erhebt sie genervt den Blick und antwortet:
"Ava, sei doch nicht so laut. Ich möchte nämlich auch verstehen, was ich lese."

Ist das jetzt ihr Ernst?! Wir wissen doch beide, dass sie die Scheißzeitung nicht wirklich liest. Ich schaue sie genervt, aber dennoch ruhig an, obwohl es in mir kocht.

Auch sie seufzt genervt und genau das bringt jetzt das Fass zum Überlaufen. Ich reiße ihr die Zeitung aus der Hand und zerknülle sie.

Zuerst schaut meine Mutter mich wütend an, doch dann atmet sie einmal tief durch und schüttelt schweigend den Kopf.

"Da stand eh nichts neues drin.", meint sie neutral und steht auf, um sich einen neuen Kaffee zu machen.

Mit jeder Bewegung von meiner Mutter werde ich wütender. Wie kriegt sie es nur hin, mich so aggressiv zu machen?!

"Ich spiele dieses Spiel nicht länger mit!", meine Stimme wird lauter.

Meine Mom dreht sich wieder zu mir um und mustert mich etwas arrogant.

"Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst.", erwidert sie nur, während sie sich ihre langen, braunen Haare über die Schultern wirft.

Sie sehen genau so aus, wie meine Haare früher und ihr Gesicht besitzt auch die gleichen Züge wie meins. Generell bin ich meiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Aber ein Unterschied bleibt: Sie hat braune Augen, während ich die grünen Augen meiner Oma geerbt habe.

Es tut so weh, der Frau so ähnlich zu sehen, die ich immer mehr verabscheue und genau jetzt verstehe ich Liam: Nachdem diese Frau sein Leben zerstört hat, musste er auch noch jeden Tag ihr Gesicht sehen, in diesem Fall mein Gesicht...

"Jetzt tu nicht so. Wir wissen beide, was für eine Schlampe du bist!", platzt es aus mir heraus.

Meine Mutter schaut mich zuerst geschockt an, doch dann meint sie:
"Ava Armstrong, ich bin echt geschockt und enttäuscht von dir. Dein Vater und ich haben immer viel Wert darauf gelegt, dass du gut erzogen wirst, aber nun sehe ich, wie wir versagt haben. Ich kann echt nicht glauben, dass du solche Wörter in den Mund nimmst! Deine Oma würde sich im Grab umdrehen!", ermahnt sie mich.

Ich kann echt nicht glauben, dass sie wieder Grandma mit ins Spiel bringt! Sie weiß genau, wie ich unter diesem Tod leide. Aber nicht mit mir.

"Grandma würde sich wohl kaum für die Wahrheit im Grab umdrehen! Du bist echt das Allerletzte, wie kann man nur so ekelhaft sein und seinen Mann betrügen?!", schreie ich sie an.

Für einen kurzen Augenblick herrscht Stille, während ich meine Mom wutentbrannt anschaue und sie mich einfach nur schockiert anstarrt.

"Woher weißt du das?", haucht sie immer noch schockiert.

Ich hätte eher erwartet, dass sie es abstreiten würde, aber ich hätte niemals damit gerechnet, dass sie es sofort zugeben würde.

"Das ist doch Scheißegal! Die Hauptsache ist, dass es stimmt! Wie konntest du das bloß tun?!", antworte ich verständnislos.