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Gestern Abend hat mich noch Carter gefragt, ob wir heute für das Finale proben können und ich habe sofort zugesagt, denn es liegt auch in meinem Interesse, eine gute Show abzuliefern.

Wir haben uns dazu entschieden im Park zu üben, zu dem ich jetzt unterwegs bin. Mit Kopfhörern in den Ohren singe ich vor mich hin und entdecke auch sofort Carter, der lässig auf einer Bank sitzt.
Seine Gitarre hat er neben sich angelehnt.

Ich gehe auf ihn zu und nehme dabei meine Kopfhörer aus den Ohren, da es mir sonst unhöflich erscheint.

"Hey.", begrüße ich ihn, als ich vor ihm stehe.

Er schaut mich an und seine Mundwinkel ziehen sich ganz minimal hoch. Das heißt wohl, dass er sich freut mich zu sehen?

Ich weiß meistens gar nicht wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll, denn er ist irgendwie so verschlossen, hat aber dennoch etwas cooles und mysteriöses an sich.

"Hey.", antwortet er und ich setzte mich neben ihn.

"Und wie geht es dir so nach dem großen Halbfinale?", versuche ich es mit ein wenig Smalltalk, damit nicht wieder diese unangenehme Stille entsteht.

Überraschenderweise antwortet Carter ganz offen und weicht nicht meiner Frage aus:
"Eigentlich bin ich ziemlich froh, dass ich ins Finale gekommen bin, aber ich weiß nicht, wie ich mit dem ganzen Druck nun umgehen soll und ich werde mit jedem Tag,  mit dem wir dem Finale näher kommen, aufgeregter.", antwortet er und fährt sich durch seine dunkelbraunen Haare.

Ich versuch ihn nicht allzu überrascht anzuschauen. Ich nicke leicht.
"Ja, ich weiß genau, was du meinst. Ständig schreiben diese Klatschzeitschriften über uns und verbreiten irgendwelche komplett absurden Gerüchte. Ich habe nicht mal wirklich Social Media Apps auf meinem Handy, weil ich mein Leben einfach normal weiterführen möchte, denn nur weil ich bei so einem Wettbewerb teilnehme, heißt das nicht, dass ich plötzlich etwas besseres bin.", erkläre ich und Carter nickt zustimmend.

"Genau so sehe ich das auch. Diese Tratschzeitschriften lese ich mir schon gar nicht mehr durch. Für mich zählt nur, wie ich wirklich bin und nicht was irgendwelche Leute von mir erwarten.", stimmt er mir zu.

Wow, es ist echt krass, wie offen Carter nun zu mir ist, denn eigentlich kenne ich ihn nur als zurückhaltenden Typen, der gerne Dylan aufzieht.

Ich schaue auf meine Hände.
"Irgendwie tut es gut mit jemanden zu sprechen, der genau weiß, wie ich mich gerade fühle.", gebe ich zu und lächle ihn an und auch er erwidert mein Lächeln.

Das ist das erste mal, dass ich sein Lächeln sehe und das steht ihm einfach nur unglaublich gut. Plötzlich frage ich mich, warum er eigentlich so distanziert mit anderen Menschen umgeht.

Er räuspert sich.
"Also dann, sollen wir anfangen zu üben?", fragt er mich und ich nicke.

"An welches Lied hast du gedacht?", erkundige ich mich.

Er sagt mir den Titel des Liedes und ich bin sofort Feuer und Flamme, denn ich liebe diesen Song einfach nur.

Carter beginnt die ersten Töne mit seiner Gitarre zu spielen und er setzt mit seinem Gesang in der ersten Strophe an.

Mein Körper überzieht sich mit einer Gänsehaut, als ich seiner etwas rauen, kraftvollen, aber irgendwie auch nun verletzlich Stimme lausche. Es ist als ob er jede Zeile auch so meinen würde und es ist einfach wunderschön.

Nach einigen Sekunden setzte ich auch ein und schaue ihm dabei fest in die Augen. Es ist so als würden wir nicht mehr hier auf dieser Bank sitzen, sondern uns in einem ganz anderen Universum befinden.

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