~38~

140 6 0
                                    

Und schon wieder bin ich dabei auf und ab zu laufen, wie ich es gestern schon in der Psychatrie getan habe. Das wird langsam zur Gewohnheit..

Abrupt bleibe ich stehen und fahre durch meine schulterlangen Haare. Okay, ich muss das jetzt wirklich durchziehen.

Zielstrebig überquere ich das riesige Grundstück der Villa und bleibe vor der Tür stehen. Ich atme tief ein und klingle.

Nach wenigen Sekunden höre ich Schritte, die sich der Tür nähern.
Die Tür öffnet sich und eine sehr elegant gekleidete Frau steht vor mir.

Sie trägt ein enganliegendes Kleid, das ihr bis zu den Knien reicht. Ihre blonden Haare fallen ihr glatt über die Schultern und sie trägt passend zum Outfit schwarze High Heels.

Okay, jetzt fühle ich mich echt underdressed, aber warum läuft sie auch Zuhause so rum, als ob sie gleich den Präsidenten persönlich trifft?

Ihre eisblauen Augen scheinen mich förmlich zu durchstechen und automatisch spannt sich mein Körper an. Oh mein Gott, wie kann man nur so eine starke Aura besitzen?

"Wie kann ich dir helfen?", fragt sie monoton und ich zucke zusammen, da ihre Stimme stechend scharf ist.

Ich trete unbeholfen von einen auf den andere Fuß.

"Ähm.. ist Alec vielleicht Zuhause?", meine Stimme ähnelt dem Piepsen einer Maus.

Oh Gott, was ist nur los mit mir?

Sie zieht eine Augenbraue hoch und musterte mich von oben bis unten.

"Ich glaube wohl kaum..."

"Mutter, lass sie in Ruhe.", unterbricht sie die selbstbewusste Stimme von Alec.

Mutter? Das kann doch nicht sein... Diese Frau hat so gut wie keine Ähnlichkeit mit der Frau, die ich damals beim Geschäftsessen von meinem Dad kennengelernt habe.

Ich werfe noch einen Blick auf sie, aber jetzt, wo ich genauer hinschaue, sehe ich doch die Ähnlichkeit: die gleichen blonde Haare, die gleiche schmale Nase und die gleichen blauen Augen... Wie viel so ein Lächeln ausmachen kann...
Sie muss wohl eine Meisterin darin sein, sich zu verstellen.

Mein Blick wandert nun zu Alec, der selbstbewusst auf der Treppe steht und seine Mutter anschaut.

Sie verschränkt die Arme vor der Brust und schaut Alec mit einem Todesblick an: "Wag es ja nie wieder, in diesem Ton mit mir zu sprechen."

Alec zuckt nur die Schultern.
"Komm hoch Ava.", wendet er sich an mich und seine Stimme wird plötzlich weicher.

Doch bevor ich mich rühre, schaue ich Alecs Mutter nochmal an, die mich mit zusammengekniffenen Augen anschaut.

"Dürfte ich vielleicht rein?", frage ich mit etwas zittriger Stimme.

Alecs Mutter verdreht die Augen, so als ob ich ein kleines, nerviges Kind wäre, lässt mich dann aber durch und verschwindet anschließend im Wohnzimmer.

Mit etwas zittrigen Knien gehe ich auf Alec zu, der mich sofort am Oberarm packt, um mich zu stützen.

"Ist alles gut bei dir?", fragt er mit gesenkter Stimme, während seine blauen Augen besorgt aufleuchten.

Ich mache den Mund auf, doch kein Ton kommt heraus, deswegen nicke ich einfach.

Alec schaut mich immer noch besorgt an, belässt es aber dabei und führt mich stattdessen nach oben in sein Zimmer, das genau so aussieht, wie damals, als wir die Bewerbung für Born to Sing gemacht haben.

Es ist genauso leer und unpersönlich, wie ich es das letzte mal gesehen habe und das macht mich irgendwie traurig.

"Setz dich ruhig.", er deutet auf sein Bett und ich nehme sein Angebot erleichtert an, denn meine Knie zittern immer noch etwas.

How I learnt to live   Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt