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Nachdem ich gestern Abend noch mit meinem Dad die erste Folge von Born to Sing geschaut habe, mache ich mich heute umso früher auf den Weg zum Tennisplatz, denn schließlich habe ich Gabe beim Fieldhockeyspiel versprochen, vorbeizukommen und ich halte mich nunmal an mein Wort.

Tatsächlich ist der Tennisplatz nur wenige Minuten von meinem Haus entfernt und als ich vorm Eingang stehe, weckt der Platz alte Erinnerungen in mir. Wie lange ist es wohl her, dass ich das letzte mal hier war?

Als ich eintrete, fühle ich mich etwas komisch, weil ich mich nicht mehr so wohl hier fühle... und tatsächlich entdecke ich Gabe gerade, wie er gegen einen Jungen spielt, den ich nicht kenne.

Da ich die beiden nicht stören möchte, setzte ich mich einfach am Rand des Felds hin und beobachte gespannt, wie Gabe spielt und zugegeben, er ist ziemlich gut.

Jedes mal, wenn der Ball in Gabes Richtung fliegt, gibt er wirklich 100 Prozent, um ihn auch zu kriegen. 
Es ist faszinierend Gabe dabei zu beobachten, wie er sich immer wieder für den Ball hinwirft. Man merkt, dass Tennis eine Leidenschaft von ihm ist.

"Oh, Mrs Armstrong. Sie habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen.", reißt mich eine Frauenstimme aus meinen Gedanken.

Ich reiße den Blick von Gabe weg und schaue stattdessen in ihr Gesicht und dieses werde ich wohl nie vergessen... Denn es ist das Gesicht von meiner  strengen und unsympathischen Trainerin, die so um die 40 Jahre alt ist.

Wie immer trägt sie ihre braunen Haare streng nach hinten zu einem Dutt gebunden und auch ihr Tennisoutfit ist makellos sauber und gebügelt.

Ich muss schlucken, wahrscheinlich wird sie mir wieder vorwerfen, dass es eine Schande ist, das Training für so eine lange Zeit ausfallen zu lassen.

"Oh, Hallo. Ja, in letzter Zeit ist viel vorgefallen und deswegen konnte ich leider nicht kommen.", rechtfertige ich mich.

Ich warte schon darauf, dass sie mich gleich anschreien wird, doch anders als erwartet, werden ihre Züge nun etwas weicher und sie schaut mich mitfühlend an.

"Ja, ich habe mitbekommen, dass du ziemlich viel durchmachen musstest und umso froher bin ich nun, dass du doch noch blicken lässt.", sie lächelt mich an.

Oha, ich hätte nicht erwartet, dass meine Trainerin so mitfühlend sein kann und das ist wohl der erste Moment zwischen uns, in dem sie mir sympathisch erscheint.

"Ja, so kann man das auch ausdrücken und ich bin auch froh, dass ich wieder hier bin, auch wenn ich erstmal nicht spielen kann...", antworte ich mit einem Lächeln.

"Ich muss dann mal wieder nach den beiden sehen", sie deutet auf Gabe und seinen Gegner. "und Ava, du bist hier immer willkommen.", meint sie noch, bevor sie auf dem Feld verschwunden ist.

Ihr ist anscheinend nicht aufgefallen, dass sie mich gerade zum ersten mal mit meinem Vornamen angesprochen hat und mich somit geduzt hat, was ich aber absolut nicht schlimm finde, eher das Gegenteil, denn jetzt erst habe ich das Gefühl, dass ich ihr sogar etwas bedeute...

Hinter ihrer harten Schale steckt wohl doch ein weicher Kern und das macht mich gerade echt glücklich. Man sollte nicht immer alle Menschen sofort in eine Schublade stecken...

Nachdem die Trainerin mit Gabe und dem anderen Jungen gesprochen hat, kommt Gabe freudig, wenn auch etwas verschwitzt auf mich zu und sein Grinsen ist echt ansteckend.

"Hey Ava! Ich habe dich gar nicht gesehen, erst als die Trainerin mich darauf aufmerksam gemacht hat. Ich würde dich jetzt gerne umarmen, aber ich denke, dass das jetzt keine gute Idee ist..", er deutet auf seinen verschwitzten Körper.

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