Kapitel 4: Bens Familie

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Nach guten fünf Stunden waren wir endlich da. Als wir in den Hof rein fuhren, fiel mir vor Staunen die Kinnlade runter. Wow! Es gaben einen großen zweistöckigen roten Stall mit weißen Rändern und ein noch größeres ebenfall zweistöckiges Haus in weiß mit einer riesigen Terrasse. Das Dach des Stalls war rot, das von dem Haus jedoch grau. Also eins mussten man ihnen wirklich lassen: Das sah fantastisch aus! Ansonsten war alles geschotter. Hinter dem Haus befanden sich riesige Felder. Links daneben, war eine Scheune in dem gleichen Stil wie der Stall. Rechts neben dem Haus befand sich saftiger Rasen, so weit das Auge reichte. Ich konnte einen Zaun in der Ferne ausmachen. Auf dem Rasen wuchs ein wunderschöner Baum. Ich wusste nicht, welche Art das war. Darunter stand eine kleine Schaukel, eine Rutsche, eine Bank mit Tisch davor und eine Feuerstelle. Wir parkten direkt vor dem Haus. Kaum war der Motor abgestellt, stürmten auch schon ein Mann und eine Frau aus dem Haus. Sie waren unverkennlich Bens Eltern. Ben und Maxi hatten die selben Gesichtszüge wie der Mann. Maxi hatte auch noch seine braunen Haare geerbt, die Ben wiederum von seiner Mutter hatte. Die Augenfarbe kam auch von ihrer Mutter. Thomas, also Bens Vater, hatte braune Augen. Er trug eine einfach Jeans und ein rotes Hemd. Madison, Bens Mutter, hatte einen knielangen Jeansrock an und ein dunkelgrünes Top. Beide besaßen sie braune Wanderstiefel. Maxi stieg sofort aus und fiel den beiden um den Hals. "Bereit?", fragte mich Ben. Langsam wurde ich nervös. Was war, wenn sie es mir nicht abkauften? Ich nickte vorsichtig. Ben stieg aus und kam ums Auto rum um mir die Tür auf zu machen. Ich atmete die Landluft ein. Es war frische Luft, aber sie stank nach Mist. Erst jetzt konnte ich mir die Umgebung anschauen. Es war echt umwerfend! Wir waren umgeben von Bergen. Die Wolken hingen fest und schienen still zu stehen. Die Sonne leuchtete von oben runter, aber dennoch ging ein kalter Wind. Die lange Hose war eine gute Idee. Es war zwar nicht kalt, aber besonders warm war es auch nicht. Ben nahm meine Hand und riss mich aus meinen Gedanken. Geschockt sah ich ihn an und wollte schon sagen, er soll seine Finger von mir nehmen, als ich sah, dass seine Eltern uns beobachteten. Als nahm ich seine Hand und schaute beschämt zu Boden. Oh Gott! Was sollte ich nur sagen? Ich hatte nicht die geringste Ahnung! Und wenn sie mich nicht mochten? Ich hatte Angst, dass meine Füße nachgaben, weil ich so nervös, deswegen trat ich ein Stück näher zu Ben, sodass er mich auffangen konnte. Er lächelte mich aufmunternd an. Wow! Er konnte auch mal lächeln ohne einen dreckigen Gedanken?! So kannte ich ihn gar nicht. Vor seinen Eltern blieben wir stehen. Maxi brachte schon mal unsere Koffer nach drinnen. "Mam, Dad, dass ist meine Freundin Maya", stellte Ben mich vor. Ich hob den Kopf und lächelte die beiden an. Sie musterten mich. "Hallo Frau und Herr Himmlmeer! Ich hab schon so viel von ihnen gehört! Dankeschön, dass Sie uns auf ihren wunderschönen Hof eingeladen haben", begrüßte ich sie überschwänglich. Ich wusste nicht, woher ich das Selbstbewusstsein dazu hatte. Naja, was man nicht hatte, musste man eben vorspielen. Jetzt lächelten sie mich an. "Hallo, Liebes! Ich freu mich, dass ihr gekommen seid!", rief sie und umarmte mich. Völlig perplex stand ich da. Okay. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ben ließ meine Hand los. "Madi, erdrück sie nicht!", lachte Bens Vater und Madi löste sich von mir. "Schön dich kennenzulernen. Aber nenn uns doch Thomas und Madi", sagte Thomas und schüttelte mir die Hand. Ich nickte dankbar. Madi schnappte meinen Arm und zog mich mit zum Haus. "Komm, ich stell dir den Rest der Familie vor." Davor hatte ich Angst. Aber wenn sie mich genau so empfingen wie Bens Eltern, war ja alles gut. Madi schob mich ins Wohzimmer, wo sich alle angeregt unterhielten. Doch kaum betrat ich den Raum, war es totenstill. "Wer ist das?", krächzte eine alte Frau, die im Schaukelstuhl saß. "Das ist Maya. Bens Freundin", stellte sie mich stolz vor. Alle starrten mich an, als wäre das ein schlechter Scherz. "Hallo", flüsterte ich schüchtern. Ein wunderschönes blondes Mädchen mit blauen Augen sagte als erste etwas: "Na dann, willkommen in der Familie, Maya!" Glücklich umarmte sie mich. In dieser Familie hatten die Leute voll einen Fabel für Umarmungen. Ich tippte, sie war Sophie. Bens älterste Cousine. Sie drückte mich aufs Sofa und sofort wurde ich mit Fragen überschüttet. Lucia, Bens Oma, sagte, wie stolz sie wäre, dass Ben endlich mal ein Mädchen mit nach  Hause brachte und dann auch noch so ein Hübsches. Ich bedankte mich höflich. Bens Onkel Josef und Tante Lydia fragten, wo ich zur Schule ging, ob ich Ben schon lange kennen würde und solche Sachen. Bens Cousin Lukas sagte, dass es echt erstaunlich wäre, dass so ein Trottel wie Ben so jemanden wie mich abbekommt. Plötzlich sprang jemand auf meinen Schoß. Erschrocken schrie ich auf. Es wurde wieder ruhiger. Auf meinem Schoß saß ein Mädchen mit wunderschön gelocktem blonden Haare und den schönsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte. Das war Bens Cousine Amy. Alles wurde wieder still. "Du bleibst doch bei Ben, oder? Dich mag ich nämlich", verkündete sie. Alle stießen ein leises "Oh" aus. Ich war so gerüht, dass ich nicht anders konnte als sie anzulügen: "Solange er mich nicht verlässt, gerne." Amy kuschelte sich an mich heran. Ich legte meinen Arm um sie. Lydia streichelte ihr übers Haar. Man konnte sehen, dass Amy ihre Tochter war. Sie war ihr aus dem Gesicht geschnitten. Josef hatte allerdings wie Thomas braune Haare und braune Augen, die sein Sohn Lukas auch von ihm geerbt hatte. Dann überschütteten sie mich mit Komplimenten, wie hübsch ich doch war, dass Ben endlich mal ein richtiges Mädchen gefunden hatte, dass ich nicht so hart mit ihm sein sollte, weil er eigentlich ganz nett war, dass ich schlau war und mich nicht so hässlich schminkte wie die anderen vor mir und dass sie sich freuten mich kennenzulernen. "So gut. Jetzt lasst Maya mal ihre Ruhe. Sie ist bestimmt total erschöpft!", sagte Ben, der gerade ins Zimmer kam. Alle nickten. "Ihr habt das Doppelzimmer oben links. Das mit dem Balkon", erklärte Bens Mutter. Na super! Ich sollte mit Ben in einem Bett schlafen? Niemals! Lieber schlief ich auf dem Boden. Ich hob Amy von meinem Schoß und stellte mich neben Ben. "Liebes, du hast doch bestimmt Hunger, oder?", fragte Lydia. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich halb am Verhungern war. Das letzte was ich gegessen hatte, waren meine Brote. Ich nickte. "Das Essen müsste so in einer dreiviertel Stunde fertig sein. Ich ruf euch dann", sagte sie. Ben führte mich nach oben in unser Schlafzimmer.

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