9 Kapitel

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9 Kapitel
7:00 Uhr in der früh sitze ich in meinem Wagen und fahre von meinem gemütlichen Bett, zu einem Typen, für den wahrscheinlich inzwischen eigene Wetterwahnungen existieren. In einem Umkreis von 10 Metern um Alexander Renald herum kommt es zu plötzlichen Eisstürmen.

Um kurz vor acht komme ich vor dem Eingang des Apartment Blocks an, in dem Alex lebt.
Ich lege meinen Kopf auf das Lenkrad und atme durch.
Nicht mehr lange und ich darf ihm die Kehle rausreißen. Halt ihn nur noch eine Weile aus, Raven, dann ist es vorbei und du kannst wieder zu deinem normalen Leben zurück. Jemand klopft ans Fenster des Beifahrersitzes.
Mit einem genervten Stöhnen fahre ich es runter und frage: „Was?"
„Mach die Tür auf"
Ich mache die Türen auf und Alex steigt hinten ein.
„Wohin?"
„Die Laptop-Fabrik außerhalb der Stadt"
Und im Stillschweigen fahren wir. Eigentlich müsste ich versuchen ihm näher zu kommen, mit ihm zu reden, ihm zu gefallen, aber bei meiner miesen Laune geht das wahrscheinlich nach hinten los.
Na ja, hab ja einen Malcolm zu Hause. Wie das andere Leute machen, halten die sich auch einen? Ich schaue durch den Rückspiegel zu Alexander, der etwas gedankenverloren aus dem Fenster schaut. Nun gut, versuchen kann man ja Mal:
„Und Alex"
Er schaut mich an.
„Warum hast du dich entschieden mich plötzlich doch als deinen Sekretär zu akzeptieren. Hast du mich jetzt doch als kompetent empfunden?"
Er schaut mir durch den Spiegel in die Augen und ich muss mir ein Lachen verkneifen. Diese Situation ist lustig. Es gibt so viele Möglichkeiten wie ich Alex umbringen könnte, selbst als tödlichen Unfall könnte ich es verkleiden, stattdessen versuche ich Small-Talk zu betreiben.
„Warum nennst du mich Alex?", fragt er, ohne meine Frage zu beantworten.
„Habe ich doch schon gesagt. Weil mir alles andere zu förmlich ist"
Ich bin Autorität.
Ich lege eine Pause ein.
Wir reden, schon einmal ein Anfang, ich sollte versuchen ihn weiterhin in ein Gespräch zu verwickeln, auch wenn es über etwas sinnloses wie ein Spitzname ist.
„Das Konzept eines Spitznamens, hat man mir erklärt, ist dazu da, um jemanden näher zu kommen, Alex"
„Heißt das, dass du mir näher kommen willst?", fragt Alex nach einer kurzen Pause.
„Nein", sage ich bestimmt.
Alex' Augen weiten sich sehbar durch den Spiegel, fast enttäuscht, aber anscheinend kann ich Alex überhaupt nicht lesen, da er wohl deshalb nicht traurig sein würde.
„Deine Name ist einfach nur eine lange Qual, weshalb ich ihn kurz halten wollte und mag sein, dass du mir mein Gehalt austeilst, aber ich stelle niemanden über mich. Aber ich möchte auf gleicher Stufe mit dir stehen, vielleicht Freunde sein und da ist ein Spitzname ein guter Anfang"

Hab ich mir das aus den Fingern gesaugt. Nette Worte sprechen kann ich eigentlich überhaupt nicht, aber dass müsste ein guter Anfang sein und da ich das Thema Freundschaft auch so offen angesprochen habe, nachdem ich ihm meinen Nutzen gezeigt habe, müsste er einwilligen, auch da ihm inzwischen klar ist, dass ich nicht versuche ihm in seinen Arsch reinzukriechen.
Er nickt, aber seltsamerweise finde ich dass er eher glücklich aussieht, warum auch immer.
Hatte Alex noch nie Freunde? Pfft, ich sollte aufpassen, dass er nicht noch ein Freudentänzchen aufführt.
Danach kutschiere ich ihn von einem Ort zum anderen und hätte vor Langeweile fast im Stehen geschlafen, da ich anscheinend nur ein hübsch anzusehendes Accessoire bin. Und auch wenn die Leute um mich herum glauben, dass ich nicht mitkriege, dass sie mit Fingern auf mich zeige, tue ich das.
Einige Fragen sich wer ich bin, dass hier wie bestellt und nicht abgeholt rumstehe, da mich Alexander doch ein ganzes Stück zurückgelassen hat, andere zeigen auf mich, wegen meiner weißen Haare, fragen sich was für eine Krankheit ich habe.
Diesen Leuten würde ich gerne wehtun und zwar so richtig.
Ich meine, wer braucht ganze Knochen.
Und die letzten wollen mich nach meiner Telefonnummer fragen, wobei sich keiner schlussendlich traut, da ich meinen desinteressierten/unnahbaren Blick drauf habe .
Als ich mich am nächsten Ort wieder langweile, während ich auf Alex warte, werde ich angesprochen: „Du scheinst neu hier zu sein. Name und Abteilung, das Schwänzen deiner Arbeit wird üble Konsequenzen haben"
Ich muss es mir wirklich verkneifen dem Klugscheißer in einem verdammten
Strampelanzug (Overall) eine reinzuhauen.
Wenn du schon mit eingezogenem Schwanz hier rüber kommst, hättest du auch ganz wegbleiben können.
„Ich arbeite nicht direkt hier...", aber bevor ich meinen Satz beenden kann, unterbricht mich der Clown:
„Dann muss ich Sie bitten das Gelände zu Verlassen, da Unbefugten der Zutritt verboten ist"
Normalerweise hätte ich das arrogante, selbstverliebte Arschgesicht schon halb tot geschlagen und dann klar gemacht, dass ich mehr als nur Recht habe hier zu sein und er nach dieser schönen Firmen-Hierarchie mir nicht einmal die Schuhe lecken dürfte, aber ich bin Jake und dieser greift nicht auf Gewalt zurück, sondern löst alles mit Worten und einem freundlichen Lächeln.
Die Persona von Jake muss sich Malcolm ausgedacht haben und gerade jetzt, da ich in Kontakt mit mehr Menschen komme und nicht leise vor mich hin arbeiten kann, wird es immer unerträglicher diese Fase aufrechtzuerhalten.
Leider kann ich höchstens langsam unfreundlicher werden, da Alex die angebliche Persönlichkeit auf Papier hat und sollte ihm zu Ohren kommen, dass der Tut-keiner-Fliege-was-zu-leide-Jake jemanden verletzt hat, wird er garantiert misstrauisch.
Also halte ich dem Strampelanzug meine Hand mit größter Mühe hin und stelle mich vor: „ Jake Willas, ich bin als Sekretär mit Alexander Renald hier"
Er schaut meine Hand an, dann mein Gesicht, dann wird der Clown leichenblass, nimmt meine Hand und schüttelt sie.
Scheint so als ob ihm klar ist, dass ich dafür Sorgen könnte, dass er gefeuert wird. Nun ja, könnte, ihm ist ja nicht klar, dass ich noch nicht ganz die Sekretär stelle inne habe, da das ganze ja nicht öffentlich gemacht wurde, dass ich nur ein weiterer Arbeiter, ein wenig außerhalb des Systems bin.
„Vielleicht sollten Sie das nächste Mal nicht gleich darauf losrennen, ich meine die Fabrik ist abgesichert, da kommt niemand so schnell ohne Erlaubnis rein und warum sollte ich mit einem Anzug zur Arbeit kommen? Sie sollten darauf achten, dass so etwas nicht noch einmal passiert?", warne ich hinter einem freundlichen Lächeln.
Diese Schmalzlocke geht mir tierisch auf den Geist. Und ich mag es nicht wenn ich Leute, die ich nicht mag, nicht töten darf, aber ihn zurechtzuweisen macht dann doch ein wenig Spaß, vor allem wenn er so gequält schaut.
Während ich warte, kann ich ja meinen Spaß haben.
Löckchen will anscheinend etwas sagen, als um uns herum die Temperatur um gute 20 Grad fällt und eine Stimme, die so kalt wie der Nordpol ist, sagt: „Gehen wir, Jake"
Ich folge lächelnd , da ich endlich aus diesem Saftladen verschwinden kann, aber er scheint mir noch unnahbarer als sonst.
Scheint so als ob er diese Besuche noch mehr hasst als ich.

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