15 Kapitel

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15 Kapitel
Mit finsteren Blick starre ich auf den Tisch vor mich.
Mir ist schon aufgefallen, dass meine Arbeit mehr wird, aber ich habe es anfangs ignoriert, doch jetzt türmen sich die Ordner beinahe und ich weiß nicht wirklich, wie ich darauf reagieren soll.
Ich würde es eigentlich einfach Alex ins Gesicht hauen und gehen,
doch Jake würde wahrscheinlich einfach alles durcharbeiten. Im Kopf prügle ich Malcolm schon zum dritten Mal heute tot.
Mit einem seufzen mache ich weiter.
Pünktlich auf die Minute steht Alex wieder auf und wieder lädt er mich zum Mittagessen ein.
Persönlich verstehe ich nicht ganz, warum Alex mich einlädt nachdem ich für ihn doch nur nervig bin.
Wegen mir gibt er Geld aus, wegen mir muss er öfter seine Stimmbänder verwenden, um mich einzuladen, warum diese Mühen für einen nervigen Sekretär?
Nun ja inzwischen ist es beinah Routine und ich muss keinen Cent verschwenden und kann mir den Magen voll hauen.
Alex' seltsames Verhalten habe ich zu ignorieren gelernt.
Mit einem seufzen folge ich.
Gerade als ich mein Zeug zusammenpacke ruft mich Alex zurück.
Sehe ich aus wie ein Hund?
„Was?", frage ich genervt.
„Nächste Woche muss ich auf eine kleine Geschäftsreise und du als mein Sekretär musst natürlich mit"
Ich nicke dass ich verstanden habe und gehe.

Packen war einfach. Trolley auf, zwei Anzüge rein, Handschuhe, Pullis, Hosen, Stiefel, Ersatz-Kontaktlinsen, Bad Utensilien und einige Messer, zwei Pistolen und viel Munition.
Wir fahren mit dem Auto und ich kann sorglos meinen Koffer packen, da niemand den Inhalt überprüfen wird, Nerven sparender weise.
Danach haue ich mich aufs Ohr.

Montag morgen stehe ich mit meinem Wagen wieder vor Alexanders Apartment, der mit einer sehr großen Tasche sich den Weg bahnt.
„Was nimmst du mit? Leichen?", frage ich.
Er schaut mich seltsam an und setzt sich dann, nachdem er seine Tasche hinten verstaut hat, da ich nicht ausgestiegen bin und ihm geholfen habe, wieder hinten hin.
Nachdem ich die Adresse eingegeben habe, fahre ich los.
„Warum fliegen wir eigentlich nicht mit dem Flugzeug?", frage ich aus reiner Neugier.
Mit dem Flugzeug bräuchten wir vielleicht nur zwei Stunden von Aspar nach Panan (ja, ich verwende erfundene Stadtnamen, abgesehen von bekannten und für diese Geschichte eher unwichtige Orte, die ich auch nicht beschreiben muss und ja ich bin mies in erfinden von Namen!)
Also warum fahren wir mit dem Auto?
Ein gewisser Gedanke kommt mir ziemlich schnell und ich lächle spöttisch:
„Oder hast du Angst vorm Fliegen?"
Wenn auch fast unmerklich sehe ich Alex hinten leicht zusammenzucken.
Ich lache belustigt über Alex' Angst auf.
Mit einem belustigten Ton sage ich, als ich auf die Autobahn fahre:
„Das ist ein wenig überraschend"
Er schaut mich durch den Rückspiegel an;
„Na los, mach dich lustig!"
Nervig, muss er ja nicht gleich einschnappen, also höre ich auf zu lachen und sage, in einem hoffentlich ehrlichen Ton:
„Jeder fürchtet sich vor irgendetwas, also ist deine Angst vorm Fliegen berechtigt"
Alex lehnt sich gegen das Fenster:
„Was ist deine?"
Meine ... Angst?
Mein Griff um das Lenkrad wird fester.
Meine ... Angst?!
Erinnerung von früher kommen hoch.
Ich, vollkommen abgeschieden, die Beleidigungen, die angeekelten Blicke, der Hass und mein vollkommen gelangweiltes Ich.
„Zurückgehen", flüstere ich.
Ich fürchte mich nicht getötet, gefangen oder vielleicht sogar gefoltert zu werden, sondern in dieses Haus zurückzukehren.
In das Haus wo ich nur mit Ekel behandelt wurde, in das Haus mit den Leuten, die mich verkauft haben, in das Haus zurück, wo ich niemals vollkommen ich sein kann.
Das Haus, wo ich nicht mit Leuten rumspielen, töten und frei sein kann.
Das Haus, in dem ich eingesperrt war, abgeschottet von der Welt.
Ich spüre, wie Alex mich neugierig anschaut und ich zwinge mich zu Lächeln, auch wenn ich in dem Moment nur Hass empfinde.
Ich will töten, ich will die Leute dieses Hauses quälen, brechen und doch sitze ich hier und muss Schauspielern.
Es macht keinen Spaß mit Alex zu spielen, da man absolut keine Reaktion aus ihm herauskriegt und doch muss ich mich hier zwingen ein Affentheater vorzuführen.
„Zurückgehen, nach Hause, meine Mutter würde mich umbringen, da ich seit dem ... Familiennotfall nicht mehr mit ihr gesprochen habe. "
Hätte die gespielte Person nicht ein cooler, stiller Kobalt oder so sein können, anstelle eines Hyperaktiven Jake?
Ha
Nach einer langen Pause, meint Alex:
„Das ist keine wirkliche Angst! Du kennst meine, aber ich kenne deine nicht!"
Ich schaue durch den Rückspiegel zu ihm und es hat beinah den Anschein, dass er kindisch Schmollen würde, obwohl sein Gesicht immer noch wie ein Stein wirkt.
Also ein schmollender Stein?
Ein sehr schöner Stein, schließlich schätze ich schöne Dinge, aber irgendwie weiß ich, dass er schmollt.
Ich spüre wie mich ein Lachen überkommt und ich friere ein.
Ich ... lache?
Lache über etwas anderes, als die von mir zugeführte Misere an Menschen, sondern ... wegen ... eines ... beleidigten Gesichtsausdrucks?
Ich schüttle den Kopf.
Daran ist überhaupt nichts lustig.
Lustig wäre es wenn Alex von der Decke kopfüber hängen würde, darüber würde ich mit Freuden lachen.
Die gewohnte Kälte macht sich in mir breit und auch meine Augen verengen sich ein wenig.
Alex scheint zu bemerken, dass ich mich anders verhalte, aber er fragt nochmals:
„Jake, wovor fürchtest du dich?"
Ich lächle.
Ein kaltes, grausames Lächeln und antworte:
„Vor nichts. Es gibt nichts auf dieser Welt, was mir Angst bereiten könnte!"
Und das stimmt.
Mag sein, dass ich frei sein will, aber vor diesen Leuten, diese Leute, mit denen ich mein Blut teile, sind einfach nur Ratten.
Leicht tötbar und leicht spielbar, besiegbar.
Es interessiert mich grundsätzlich nicht, was andere über mich denken, es ist mir egal.
Ich will lediglich, dass sie vor mir im Dreck liegen, mich um ihre jämmerlichen Leben anflehen und ich ihre Hoffnungen durch Qualen zerschlagen kann.
Alex sucht durch den Rückspiegel Augenkontakt.
Für einen kurzen Moment schaue ich direkt in seine intensiven, grünen Augen, bevor ich mich wieder auf die Straße konzentriere und beschleunige.
Ich will so schnell wie möglich ankommen, bevor ich irgendetwas tue was dem Ziel des Auftrages schadet.
Obwohl ich mich weggedreht habe, spüre ich, wie mich Alex weiterhin beobachtet.
„Wenn wir angekommen sind, checken wir ein und ruhen uns ein wenig aus. Dann wirst du dich sofort mit Samuel Mayers treffen müssen. Nach dem Essen geht es ins Hotel zurück und treffen uns am nächsten morgen entweder wieder mit Samuel Mayers um weiter zu verhandeln oder mit den Technikern um das Projekt zu starten ..."
Ich rattere Alex' Plan runter, wie der Sekretär der ich sein soll und genauso wie geplant lehnt sich Alex mit geschlossenen Augen gegen das Fenster, nachdem ich gesagt habe er solle sich während der langen Fahrt noch ausruhen, da er heute Abend noch das lange und anstrengende Gespräch vor sich haben wird, und werde nicht mehr von Blicken durchbohrt.
In Ruhe und Gelassenheit fahre ich nach Panan und Alex ist leise wie der Stein, der er ist.

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