In jener Nacht befand sich Seoul inmitten eines Desasters.
Und als Jungkook rannte, da begann es bereits – oder eher endlich – zu regnen. Die feinen Wassertröpfchen streiften ihn in der Dunkelheit, fraßen sich geradewegs durch seinen dünnen Pullover, während er hastig einen Fuß vor den anderen setzte, stolpernd von einer Pfütze in die nächste trat. Das Wetter kümmerte ihn nicht im Geringsten, nicht mal ein Bisschen, nicht mal ein klein wenig; er bemerkte den Regen kaum. Nicht dieses feine Nieseln, und auch nicht den gießenden Starkregen danach.
„Die Lage hier ist äußerst besorgniserregend, Frau Lee! Die Feuerwehr kämpft noch immer vergeblich gegen den Brand im Lagerhaus, während die Polizei schaulustige Passanten vom Nähertreten abhält!"
„Pass doch auf, mein Gott!", schimpfte eine Dame im roten Trenchcoat und beugte sich kopfschüttelnd zu ihren Einkaufstüten. Jungkook drehte sich jedoch nicht mal zu ihr um. Ihm kam kaum in den Sinn, sich für das achtlose Anrempeln zu entschuldigen; viel zu fokussiert war er auf den Weg vor ihm. Viel zu besorgt war er, viel zu viel Angst barg er, fürchtete sich so unfassbar sehr, dass er augenblicklich auf die Knie fallen und den Himmel schreiend anflehen würde, wenn es denn nur half. Wenn es denn nur dafür sorgen würde, dass Taehyung in Sicherheit war.
„Zuschauer haben sich um das Lagerhaus herumgeschart und filmen TROTZ DEM RAUCH, Frau Lee, sie setzen ihre Gesundheit genauso aufs Spiel wie ich gerade meine."
Das Hupen eines knapp abbremsenden Vehikels sorgte dafür, dass Jungkook zur Seite fiel.
„Noch keine Anzeichen vom Regen, Herr Kim?"
Der Fahrer fuhr sein Fenster herunter, warf Jungkook ein paar Flüche entgegen, indes dieser hilflos auf den weißen Zebrastreifen lag und sich mit seiner am rauen Asphalt abgeschürften Handfläche wieder aufzurichten versuchte. Jeder seiner Muskeln zitterte, bebte, während seine Zähne fröstelnd aufeinanderschlugen, seine brennenden Lungen unregelmäßig und stockend nach Luft schnappten, ganz offenkundig Sauerstoff ersehnten.
„Die dunklen Wolken haben sich bereits gebildet und es donnert, doch der Regen steht aus, Frau Lee. Wir erwarten ihn in Kürze – es ist wahrlich eine Seltenheit und ein Unglück an einem solchen Tag!"
Es blitzte, als Jungkook sich wieder aufrappelte. Seine Silhouette richtete sich vor dem Blitzlicht auf, ließ den älteren Fahrer innehalten, der vor wenigen Sekunden aus dem Fahrzeug gestiegen war. Und als es donnerte, begann Jungkook erneut zu rennen, missachtete den warnenden Schmerz in seinem Fuß gänzlich.
„Wir werden demnächst zu den Wetterprognosen schalten. Wie steht es jedoch um die Zeugenaussage, Herr Kim?"
Jungkook geriet außer Gleichgewicht und krachte einmal kurz gegen die schiefgestellten Lamellen und das Gitter eines geschlossenen Antiquitätenladens, schürfte sich nun das Knie auf. Doch achtlos dessen sowie den verwunderten alten Mann mit Schirm zwei Meter links von ihm ignorierend, sprang er eilig wieder auf die Beine und hastete unaufhaltsam das Trottoir weiter entlang.
„Genau, ein Polizist scheint das Lagerhaus zuvor betreten zu haben! Unerklärlich, Frau Lee, das Lagerhaus steht schon seit einer ganzen Weile leer. Bisher jedoch auch keine Spur vom besagten Polizisten – wir haben zur Sicherheit einen Krankenwagen rufen lassen, doch ein Überlebender bei solch einem Feuer ist unwahrscheinlich; wenn nicht wegen Brandverletzungen, dann aufgrund einer Rauchvergiftung."
Eine Ambulanz raste auf der Straße lärmend an Jungkook vorbei, sorgte dafür, dass ihm die Tränen aufkamen. Tränen, die sofort inmitten der Regentropfen untergingen.
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Remember me ♛ VKook「50% Texting」
FanfictionKim Taehyung Ich vertraue dir nicht. Kim Taehyung Aber deswegen bist du noch lange kein schlechter Mensch. Unbekannter Bist du dir da wirklich so sicher? Kim Taehyung ? Wenn zwischen Mord und Totschlag Freundschaften entstehen, die eigentlich als Fe...