Jungkook... war für Taehyung der perfekte Partner.
Es war schon immer eine seltsame Freundschaft gewesen - voller im Inneren fest verschlossene, verriegelte Gefühle; Trauer, Leid, Sorgen und Melancholie. Doch sie mussten sich diese Dinge gegenseitig nie zeigen. Sie mussten nie über so etwas sprechen. Diese Freundschaft hatte funktioniert, indem sie sich einfach gegenseitig in die Augen geschaut und dem jeweils anderen vollends vertraut hatten; indem sie einfach ihre gemeinsame Zeit genossen und an dem anderen niemals zweifelten.
Jungkook war der mit den brillanten Schlussfolgerungen, dem unbeirrbaren Verstand, und Taehyung der mit der Menschenkenntnis und den Argusaugen. Jungkook der, der sich in der Wohnung umsah und Schlussfolgerungen zog, Taehyung der, der die betroffene Person währenddessen befragte. Sie ergänzten sich gegenseitig wie ein unvollendetes Puzzle, das nun endlich zusammengesetzt werden konnte, und sie waren so viel mehr als die Cops in diesen typischen amerikanischen Episodenkrimis. Sie waren wie Holmes und Watson, doch wiederum nicht wirklich so. Sie waren wie böser und guter Polizist, und wieder doch ganz anders. Sie waren einfach Jungkook und Taehyung.
Der aufgeregte Junge mit den genialen Schlussfolgerungen und der taffe Ermittler mit dem knallharten Durchsetzungsvermögen.
Sie waren einfach fantastisch...
Gewesen.
„Unterschätzen Sie seinen Zustand bitte nicht", drang doch noch die Stimme des jungen Arztes zu ihm durch und Taehyung fragte sich, ob er vielleicht irgendetwas dadurch verpasst hatte, in seinen Gedanken versunken und seiner Unruhe verfallen zu sein. Ihm war nicht aufgefallen, wie sie den Fahrstuhl genommen hatten. Er hatte nicht bemerkt, wie Dr. Kang dicht von ihm gefolgt den Gang hinuntergelaufen war und beide vor einer geschlossenen Patiententür stehen geblieben waren. Etwas außer sich, doch trotzdem mit gefassten Zügen blickte er zur Zimmernummer und nahm diese schluckend zur Kenntnis. Zimmer 221, Flügel B. Und als unser junger Polizist wieder zum Arzt sah, bemerkte er, dass dessen Lippen sich bewegten. Sätze. Worte. Buchstaben. Seit wann sprach er? Wieso hörte er ihn nicht?
„... könnte noch bewusstlos sein, also seien Sie bitte... Officer Kim? Geht es Ihnen nicht gut?"
„Was hat er?", fragte Taehyung ohne auf die Frage des Arztes einzugehen und unterdrückte die Übelkeit, die sich ihm zusammen mit seiner unfassbar großen Nervosität aufdrängte. „Was fehlt ihm?"
Dr. Kang blickte ihn einige Sekunden lang still an. Es war davon auszugehen, dass er ihm diese Frage irgendwo tief in seiner vorherigen Rede verborgen bereits beantwortet hatte, verwoben in einem Strudel aus Worten, Lauten und Konsonanten, die aus Teahyungs Sicht wirr ineinander geraten waren, keinen Sinn ergaben. Nicht mal bei der Abschlussprüfung hatte er solch ein Blackout gehabt. Überhaupt war Taehyung eigentlich nicht die Art von Mensch für Nervosität, nicht der ängstliche Typ von Mensch, sondern eher hart und gefasst. Doch seitdem sein Gegenstück nicht mehr neben ihm im Fahrzeug hockte und ihm von irgendwelchen schlecht ausgedrückten Theorien erzähle - seitdem er ihn nicht um seine Ausdrucksweise bemängeln und zurechtweisen konnte... hatte sich Taehyung kurzzeitig verloren. Allein schon bei Jungkooks Namen geriet er aus der Ruhe, einzig schon bei dem Gedanken an seinen ehemaligen Partner verlor er sich.
Und während sich ein Teil von ihm sehnlichst wünschte, diese Tür würde einfach von alleine aufgerissen werden und ihm die Sicht auf seinen besten Freund freigeben, so hatte er zugleich unfassbar starke Angst vor seinem Zustand... oder wahrscheinlich eher davor, dass es jemand anderes sein könnte.
Dieser Umstand würde ihn auffressen.
„Verstauchtes Bein, gebrochener Arm, geprellte Rippen... und eine überaus... beträchtliche Kopfwunde, die er sich vor dem Unfall zugezogen haben muss", erklärte Dr. Kang möglichst vorsichtig und hin und wieder drang sein kalter Arztakzent hindurch, mit dem er wohl andere Betroffene von der beunruhigenden Lage ihres Geliebten, ihres Kindes oder Freundes berichtete. Taehyung wusste nicht, ob er den Hauch von Zögern in der Stimme des Älteren seiner Aktion von eben zu verdanken hatte. „Es handelt sich um Fahrerflucht", beantwortete der junge Arzt Taehyungs unausgesprochene Frage und umgriff die Zimmertür. „Ein betrunkener Fahrer, der ihn nicht auf die Straße rennen sah. Besagter hat seine Fahrt fortgesetzt, weitere Menschen eines Unglücks belehrt und ist dann mit einem LKW kollidiert. Seine Leiche wurde bereits geborgen. Sicherlich berichten die Medien schon seit Stunden darüber... heute ist ein äußerst bedrückender Tag."
Nun wurde Taehyung vollends übel. Seine Berufung hatte ihn abgehärtet und schon zuvor konnte er mit solchen Dingen umgehen, doch gleichzeitig war er ein unglaublich sensibler Mensch, dem solche Nachrichten zum falschen Zeitpunkt gerne mal auf den Magen schlugen. Auch das letzte Telefonat mit seinem Freund hatte davon gezeugt, dass Taehyung innerlich vielleicht doch nicht immer so taff und gefasst war, wie er sich äußerlich stets gab.
Sein Blick folge dem Arm des Arztes, bis zu seinem Griff um die senkrechte Stahlfassung der Tür und nach einem stummen, beruhigenden Seufzer härtete sich seine Miene wieder ab. „Öffnen Sie bitte die Tür", verlangte er gepresst und sah dem Arzt dann in die Augen. „Und lassen Sie uns dann einen Augenblick alleine."
„Ich sollte Sie vorwarnen, Officer Kim", antwortete Dr. Kang nun etwas kälter und erwiderte Taehyungs Blick. „Die Wunde am Hinterkopf könnte neurologische Folgen mit sich geführt haben. Sie ist bereits ein ganzes Stück verheilt und ich verstehe nicht, wie dieser Junge sie unbehandelt lassen konnte."
Oh, da gab es noch einiges, was der junge Arzt nicht wusste.
Taehyung atmete gepresst aus und versuchte sich ein letztes Mal vollends zusammenzureißen. Zu konzentrieren. „Wie denken Sie, ist diese Wunde entstanden?", fragte er nun also etwas seriöser und formte seine Hände zu stählernen Fäusten, gefasst auf die Antwort.
„Ein Sturz, vermute ich", meinte der junge Arzt und biss sich auf die Unterlippe. „Vielleichte eine Treppe hinunter oder... ich bin mir nicht sicher."
Taehyungs Augen verengten sich. „Kein Schlag auf den Hinterkopf?", fragte er etwas zu scharf und trat einen Schritt näher, weswegen der Arzt von der Tür abließ und einen zurücktrat. „Nein", erklärte dieser leicht überfordert. „Ein Schlag auf den Hinterkopf würde - ganz gleich, ob mit einem stumpfen oder scharfen Gegenstand erzeugt - keine Wunde dieser Form erzeugen. Ich bin kein Gerichtsmediziner, aber mit ein paar Jahren Aushilfe im Notfallkrankenwagen kann man solche Dinge unterscheiden."
Seine Hand umfasste an Taehyung vorbei die Tür und zog sie quälend langsam auf, während der Kopf des jungen Polizisten sich zu ebenjener drehte.
Stück für Stück offenbarte sich das Krankenzimmer, während die Zahlen an der Schiebetür zusammen mit ihr in der Mauer verschwanden. Als erstes war ein Fernseher zu sehen, mit einer grauen Kommode gleich darunter, weiße, dünne Vorhänge vor der Glasfront, die einen Blick auf die halbgeschlossenen Jalousien freigaben. Das Licht, welches von der automatischen Lampe von nicht vorhanden bis spärlich reguliert wurde. Ein Esstisch mit unästhetischem Stuhl und dann...
Das Bettende.
A/N: Ich wollte hier eigentlich nicht cutten, aber aus Zeitgründen halte ich es für sinnvoll, zumindest einen Teil davon zu veröffentlichen. Im nächsten Kapitel geht es direkt ab diesem Punkt weiter... ich hoffe, ihr habt Verständnis. :(
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Remember me ♛ VKook「50% Texting」
FanficKim Taehyung Ich vertraue dir nicht. Kim Taehyung Aber deswegen bist du noch lange kein schlechter Mensch. Unbekannter Bist du dir da wirklich so sicher? Kim Taehyung ? Wenn zwischen Mord und Totschlag Freundschaften entstehen, die eigentlich als Fe...