Kapitel 1

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Mit einem Seufzen ließ sich Erwin Smith auf einen Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen und rieb sich kurz mit Daumen und Zeigefinger seine Nase. „Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass du dich wenigstens für die Militärpolizei entscheiden würdest.", meinte er und blickte mich wieder an. Ich stand, die Hände hinter meinen Rücken verschränkt, vor seinem Schreibtisch und zuckte daraufhin nur mit den Schultern. Seine Reaktion kam für mich nicht unerwartet. Schließlich hatte er mich auch vor zwei Jahren davon abhalten wollen, die Ausbildung zum Soldaten zu beginnen und er hatte innerlich gehofft, dass ich sie scheitern würde. Allerdings hatte sich seine Hoffnungen nicht erfüllt, stattdessen hatte ich es in meiner Trainingseinheit unter die Top Zehn geschafft. Damit hätte ich mich auch für die Militärpolizei entscheiden können, die Einheit im Militär, die hinter der Mauer Sina, der dritten Mauer, für recht und Ordnung sorgte. Erwin hätte es sicherlich begrüßt, aber wenn ich ehrlich war hatte mich die Militärpolizei noch nie interessiert und es gab zu viele persönliche Gründe, die gegen einen Eintritt in diese Division sprachen. So hatte ich mich zum Leidwesen von Erwin für den Aufklärungstrupp entschieden. Die Einheit im Militär, die in regelmäßigen Abständen die Welt außerhalb der Mauern erkundete und dabei immer auf Titanen stieß. Titanen waren menschenähnliche Wesen, die eine Körpergröße von drei bis 1 Meter haben und anscheinend nur existieren, um uns Menschen zu fressen. Dadurch das der Aufklärungstrupp am häufigsten mit ihnen konfrontiert waren und direkt an der Front kämpfte, besaßen sie die höchste Verlustquote.

„Hätten es wenigstens nicht die Mauergarnison sein können?", fuhr Erwin mit einem weiteren Seufzer fort und schüttelte den Kopf. Die Mauergarnison war die dritte Einheit der Militärs. Sie war dazu zuständig, die Mauern zu schützen und diese in Stand zu halten.  Vor rund 800 Jahren wurden die drei Mauern Maria, Rose und Sina gebaut. Sie alle sind 60 Meter hoch und schützten die Menschheit vor den Titanen. Eigentlich galten die Mauern als unüberwindbar, aber vor 5 Jahren gelang es einen Titan die Mauer Maria zu zerstören und vor ein paar Monaten hätte die Menschheit auch die Mauer Rose verloren, wäre es dem Aufklärungstrupp nicht gelungen, das Loch in der Mauer zu flicken.

Jedoch gab es auch dort ein Haufen Verluste und mein Ausbildungslager. Die 105 Trainingseinheit wurde von drei Titanen angriffen. Die meisten Rekruten starben bei der Verteidigung der Ausbildungsbasis, sodass am Ende des Tages nur noch 20 Rekruten überlebt hatten. Aufgrund dieses besonderen Umstands, hatte am beschlossen unsere Ausbildung zu verkürzen. Ich war die einzige, die aus der Trainingseinheit den Aufklärungstrupp beigetreten war.

Kurz öffnete ich den Mund um etwas zu erwidern, entschied mich aber im letzten Moment dagegen. Denn eine sonderlich passende Antwort hatte ich nicht. Vor allem keine die Erwin beruhigen würde.

„Du hattest alle Möglichkeiten und entscheidest dich ausgerechnet für den, wo ich noch nicht mal für deine Sicherheit garantieren kann.", er stieß ein frustrierter Seufzer aus und lehnte sich im Stuhl zurück. Zum ersten Mal seitdem ich sein Büro betreten hatte musterte er mich für ein paar Sekunden lang, bevor er wieder den Blick abwandte.

„Ich denke ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen.", antwortete ich ihn, „und außerdem hättet ihr sonst keinen neuen Rekruten gehabt", fügte ich im Stillen hinzu, denn ich wusste nur zu gut, dass gerade diese Division an Personalmangel litt. Dabei verstand ich auch warum. Man musste schon einen ziemlichen Knacks in der Schüssel haben, wenn sich für ein Selbstmord Kommando entschied. Offensichtlich besaß ich diesen Knacks oder ich war einfach nur dumm. Sie alle wussten von der hohen Todesquote im Aufklärungstrupp und wollte ihre Leben nicht so früh verlieren. Ich selbst hatte nicht wirklich viel zu verlieren, außer Erwin und dieser war nun mal der Kommandant des Aufklärungstrupp. Genau dieser musterte nun die Tischplatte und schien zu überlegen, wie er am besten mit dieser Situation umgehen sollte. An seiner Körperhaltung erkannte ich deutlich, dass es ihm nicht gefiel mich hier zu sehen. Außerdem kannte ich diesen Blick, wenn er nachdachte, denn dann nahm das Blau seiner Augen einen dunkleren Blauton an. Innerlich wog er gerade alle Möglichkeiten mit ihren Für und Widers ab und ich wusste, dass er gerade nach der optimalsten Lösung suchte.

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