Kapitel 16

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Die Woche war wahrscheinlich die anstrengendste meines ganzen Lebens. Levi ließ uns bis spät abends trainieren und weckte uns noch bevor die Sonne aufging. Die Tage begannen mit einer Laufrunde im halsbrecherischen Tempo, die erst zu Ende war, wenn die Sonne hoch am Himmel schien. Dabei verpassten wir immer das Frühstück, was besonders für Sasha schlimm war. Doch das Laufen am Morgen war noch nicht mal das Schlimmste, denn am Nachmittag hatten wir Nahkampftraining und eigentlich dachte ich, dass ich mich dort ausruhen könnte. Doch leider hatte ich den Hauptgefreiten unterschätzt. Abwechselnd mussten wir immer wieder gegen ihn kämpfen und so etwas wie Gnade oder Rücksicht schien der Schwarzhaarige nicht zu kennen. Selbst Mikasa gewann gegen ihn nicht und sie war mit Abstand die beste von uns. Während Levi immer einen von uns verprügelte, trainierten wir anderen in Zweierteams. Dabei half ich oft den anderen die Hiebe und Stiche mit den Dolchen richtig auszuführen. Nur am ersten Tag hatten die anderen mich angesprochen, ob ich wirklich im Untergrund gelebt hatte. Ich musste das ganze wohl ziemlich ruppig bestätigt haben, denn danach bohrte niemand mehr nach oder verlor gar ein Wort darüber. Nur wenn sie mich etwas zu einem bestimmten Griff fragten, erinnerten sie mich daran, dass sie wussten, dass ich im Untergrund gelebt hatte. Ich konnte nur von Glück reden, dass ich wenigstens die Details für mich behalten konnten. Ansonsten würde ich sicherlich nicht hier mit den anderen trainieren.

Langsam näherte sich die Woche ihrem Ende und wir alle waren mehr oder weniger erschöpft von diesem harten und gnadenlosen Training, denn nicht nur während den offiziellen Trainingszeiten mussten wir ums vom Hauptgefreiten verprügeln lassen, sondern auch in unserer knapp bemessenen Freizeit. Nicht nur einmal kam es vor, dass der Giftzwerg uns auf den Korridoren herausforderte und uns dort gnadenlos niederstreckte. Er verstand es wirklich schon blau und grün zu schlagen und das mit einer Attrappe. Ehrlich gesagt wollte ich nicht gegen ihn kämpfen müssen, wenn es hart auf hart kam. Auch wenn ich mich im Training zurückhielt und darauf achtete nicht zu viel von meinem Können preiszugeben, vermutete ich, dass ich gegen Levi nicht die geringste Chance hätte und das wurmte mich.

Noch immer hatte er kein Wort über die bevorstehende Mission verloren, sondern uns nur angeblafft, wenn die anderen nachfragten, warum wir auf einmal dieses harte Training über uns ergehen lassen mussten. Von den anderen Soldaten bekamen wir nur mitleidige Blicke zu geworfen und je näher der Tag mit Levis Entscheidung rückte, desto gereizter wurde ich. Die Ungewissheit, ob ich mit in den Untergrund ging oder oben blieb, zerrten an meinen Nerven. Gegen Ende der Woche stand ich wortwörtlich unter Storm. Die kühle Klinge meines Dolches bohrte sich immer mehr in mein Bewusstsein und erinnerte mich daran, was ich damals dort unten zurückgelassen hatte. Ein Teil von mir, wollte unbedingt wieder nach unten zurück und wieder das Leben leben, bevor Erwin aufgetaucht ist, ein anderer Teil von mir, wollte dass Levi mich nicht auswählen würde. Die Gründe dafür wusste ich nicht und dann gab es da noch etwas, was ich zu erledigen hatte. Bis jetzt hatte ich es immer aufschieben können. Doch es bestand die Möglichkeit, dass ich ziemlich bald diese Aufgaben erledigen müsste.

Es war das letzte Training bevor Levi seine Entscheidung Erwin mitteilen musste, gerade zeigte ich Armin nochmal einen Hieb mit einem Dolch, den wir schon den ganzen Tag übten. Er war kompliziert und musste schnell ausgeführt werden. Armin war klug und hatte sich schnell die Ausführung bemerkt, allerdings fehlte es ihm an Schnelligkeit. Der Blondschopf war gerade dabei den Hieb ein weiteres Mal auszuführen, als Levis Stimme über den Platz schallte und uns zusammenrief.

"Genug jetzt!", bellte der Giftzwerg über den Trainingsplatz. Er stand in der Mitte des Trainingsplatzes und hatte wie immer einen monotonen Gesichtsausdruck. So langsam glaubte ich, dass er nur zwei Gesichtsausdrücke kannte. Der eine war monoton und der andere wütend. Wir alle ließen unsere Holzattrappen sinken, dann wandten wir uns zum Hauptgefreiten. Keiner von uns hatte es in den letzten Tag gewagt ihn außerhalb eines Trainingskampfes anzusprechen, denn genauso wie ich schien er gereizt zu sein. Vielleicht zerrte die Mission auch an seinen Nerven. Deshalb glaubte ich schon fast, dass er sich eine neue Grausamkeit für uns ausgedacht hatte, denn sonst unterbrach er nie das Training. Doch der Hauptgefreite sollte mich mal wieder überraschen.

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