Unser Klingen hatten sich gekreuzt und das bedeutete nun, dass wir kämpfen würden bis einer stirbt... Einer von uns hatten nur noch wenige Minuten zu leben. „Geh mir aus dem Weg!", fauchte Azriel voller Zorn, „Du hast keine Ahnung vom Großen und Ganzen." Er spannte seinen Arm an und übte mehr Druck auf meine Klinge aus. Entschlossen stemmte ich die Beine in den Boden und hielt den Druck stand. Wenn ich jetzt nachgab, würde ich sterben und das wollte ich nicht. Ich wollte weiterleben mit Jean, Armin und Levi wieder zurückkehren. Meine Freunde wiedersehen, die dort oben auf mich warteten und dafür musste ich diesen Kampf gewinnen. Die Erkenntnis traf mich wie ein Faustschlag. Für eine Sekunde gab ich den Druck nach. „Verdammt Olivia!", hörte ich Jean geschockt schreien. Azriel spürte sofort, dass ich nachgab und nutzte die Chance und holte zum Schlag aus. Ich sah nur wie ein silberner Pfeil auf mich zugeschossen kam, flink trat ich ein paar Schritte zur Seite und wirbelte herum. Ein stechender Schmerz durchschoss meinen linken Arm, als mich Azriels Dolch dort entlang schnitt. Schmerzverzerrt verzog ich mir das Gesicht, biss mir auf die Lippen, um einen Schrei zu unterdrücken. Ich durfte keine Schwäche zeigen. „Nein! Jean halt dich da raus! Sonst ist sie gleich tot!", drang Levis Stimme zu mir. Ich hatte keine Zeit zu ihnen zu blicken, denn meine Augen fixierten meinen ehemals besten Freund. Dessen Augen blitzten wütend und angriffslustig. Seine Haltung war vollkommen entspannt, während er anfing mich zu umkreisen. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, fing ich ebenfalls an ihm Kreis zu gehen. Ein lauter Donner erklang und kurz danach wurde die Lichtung in das blendende Licht eines Blitzes gehört. Kurz danach spürte ich die ersten Regentropfen auf meiner Haut. „Du hast dich für die falsche Seite entschieden! Du hättest an unseren Plan festhalten sollen!", knurrte Azriel, „Wir hätten nicht nur über die Unterwelt geherrscht, sondern auch über die die Oberfläche! Wir hätten einfach nur abwarten müssen bis die Raben die Macht haben und dann hätten wir zugeschlagen!" Meine Hand umklammerte den Dolch noch fester als vorher, meine Muskeln waren zum zerreißen angespannt und jederzeit bereit zuzuschlagen. Schon so oft hatte ich diese Kämpfe ausgetragen, dass ich gar nicht mehr wusste wie viele Leute durch meine Hand ihr Leben gelassen haben und jetzt kämpfte ich tatsächlich gegen meinen Kindheitsfreund. Azriel war derjenige gewesen, der mich auf den Straßen des Untergrunds gefunden hatte, als ich von meinem Vater hier unten ausgesetzt wurde. Er war derjenige gewesen, der mir gezeigt hatte, wie man hier unten überlebte und kämpfte. Er war mein Mentor gewesen und noch so viel mehr. Immer wenn ich Angst hatte, hat er mich getröstet und mich in den ersten Zeiten beschützt und jetzt standen wir hier mitten im Regen und bald würde einer von uns den letzten Atemzug tun. Ich musste Azriel töten... Ein dicker Kloß bildete sich in meinen Hals, die nächsten Schritte tat ich nur zögerlich. Im Moment wusste ich, dass ich es nicht konnte. Ich konnte Azriel nicht töten. Dafür hatte er viel zu viel für mich getan und war für mich da gewesen, als ich am dringendsten jemanden gebraucht hatte. Azriel wachsamen Blick entging mein Zögern nicht und gnadenlos wie er war, schoss er auf mich zu. Noch im Letzten Moment konnte ich mich ducken, sodass Azriel über mich hinwegflog. Mein Ellenbogen schoss in seiner Bauchgegend und ich hörte wie er ätzte. Doch lange Zeit blieb mir nicht mich zu erholen. Ich wirbelte herum, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, dass seine Faust auf mich zuschoss. Mein Kopf wurde nach hinten geschleudert und ich spürte einen dumpfen Schmerz am Kinn. Dieses Arschloch hatte mir einen Kinnhaken verpasst. Wütend knurrte ich und trat gegen seine Rippen. Schon oft hatten wir im Training miteinander gekämpft. Doch er hatte mir noch nie ins Gesicht geschlagen. Dafür würde er büßen! „Du mieses Arschloch!", zischte ich, während ich schnell ein paar Schritte zurück wich. Wieder ertönte ein Donner und kurz danach blitzte es. Azriels Gesicht war zu einer wütenden Fratze verzogen und schwang seinen Dolch. „Du bist hier die Verräterin! Wir hatten einen gottverdammten Traum und du wirfst den einfach für eine Zukunft hin, die du nie haben wirst!", schrie er. Wieder fingen wir an uns zu umkreisten. Schon viel zu oft hatten wir gegeneinander gekämpft, um zu wissen, dass unsere Deckung gut war. Wir konnten nur treffen landen, wenn der andere unvorsichtig wurde. Aus den Augenwinkeln sah ich Levi, Jean und Armin. Sie standen am Rande der Lichtung und umklammerten ihre Dolche. Bereit jeden Moment einzugreifen. Kaum merklich schüttelte ich den Kopf. Das hier war mein Kampf und nicht ihrer. Ich würde nicht zulassen, dass sie sich einmischten und womöglich ihr Leben ließen, wo sie doch kurz davor waren hier rauszukommen. Nein ich musste mich ganz allein Azriel stellen. „Komm schon Livilein. Wir wissen beide, dass du keine Chance gegen mich hast. Alles was du kannst, hast du von mir gelernt!", höhnte er. Bei meinen ehemaligen Spitznamen zuckte ich unwillkürlich zusammen. Das letzte Mal, als ich ihn gehört hatte, waren wir beide noch beste Freunde gewesen und konnten uns vertrauen. Doch jetzt war alles anders. Wir standen uns gegenüber und waren Feinde. Noch spielten wir miteinander, aber es war nur noch eine Frage der Zeit bis er die Geduld verlor und aus Spiel ernst wurde. Er war wie eine Raubkatze. Zuerst spielte er mit seiner Beute, bevor er zum tödlichen Schlag ausholte und jetzt war er nicht anders. Wenn ich nicht bald meine Hemmung verlor und ihm einen tödlichen Schlag versetzen konnte, so würde ich diejenige sein, die leblos am Boden liegen würde. Wieder donnerte es. Diese Mal war es ohrenbetäubend laut. Das Gewitter musste jetzt direkt über uns sein. Der nächste Blitz tauchte die Lichtung in glänzend weißes Licht. Kurze Zeit sah ich gar nichts, dann einen Braunen Haarschopf der auf mich zu geflogen kam. Instinktiv hob ich meinen Dolch und schnitt Azriel in den Arm. Für einige Sekunden kamen seine Bewegungen ins straucheln und ich nutzte die Zeit, um zur Seite auszuweichen. Doch viel Zeit blieb mir nicht, denn auch Azriel hatte sich schnell gefangen. Doch diesmal war ich diejenige die einen Angriff startete. Meine freie Hand hatte ich schon zur Faust geballt und ließ sie nun mit geballter Kraft auf Azs Gesicht zufliegen. Ein dumpfer Schmerz bereitete sich in meiner Hand aus. Ich hörte wie etwas knackte und sah wie Blut aus Azriels Nase herausfloss. Mein Schlag hatte ins Schwarze getroffen und ich war mir sicher, dass ich Az Nase gebrochen hat. Er heulte wütend aus und seine Augen blitzten vor Zorn. Dann durchzuckte mich ein scharfer dumpfer Schmerz an meiner Seite. Wieder hörte ich ein Knacken. Schmerzerfüllt heulte ich auf. Ein scharfer Schmerz bereitete sich auf meiner rechten Seite aus. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte ich zu Azriel. Azriel, der mein Partner hier unten im Untergrund war. Der uns geholfen hat von Cyrian zu fliehen und wieder zu Levi und Armin zu kommen. Azriel, den ich blind vertraut habe und mit dem ich jetzt hier stand und um mein Leben kämpfte. Eine nasse Strähne viel mir ins Gesicht und blieb an meiner Stirn kleben. „Warum?", presste ich zwischen zusammengebissen Zähnen heraus. Wieder durchschoss ein scharfer Schmerz meine Rippen. Wahrscheinlich hatte er mir eine gebrochen. „Warm?", höhnte an und wieder fingen wir uns an zu umkreisen. Anscheinend wollte er diesen Kampf in vollen Zügen auskosten. „Weil die Raben diese Welt bald beherrschen werden! Denkst du warum Cryian mit ihnen einen Pakt geschlossen hatte? Er wusste das, dass sie früher oder später die Welt beherrschen würden und damit das auch passiert, hat er dir den Auftrag gegeben Erwin zu töten und ich bin mir sicher, dass unser Maulwurf dir gesteckt hat, dass auch der Hauptgefreite fallen muss!" Meine Gedanken fingen an zu kreisen. Az hatte einen Maulwurf bei uns im Aufklärungstrupp eingeschleust, dass.... Verdammt! Erschrocken riss ich die Augen auf, als mich die Erkenntnis wie ein Schlag traf. Natürlich es passte zusammen, die entkommenen Banditen, das Gespräch in der Taverne und dieser Rekrutierungsversuch. Dieser Rotschopf steckte mit den Raben unter einer Deckung. Genauso wie Azriel.
Gleichzeitig schossen wir vor. Unsere Klingen stießen mit einem lauten Klirren aufeinander. Mit wutverzerrten Fratzen starrten wir über die Klingen an. In diesem Moment war unser kleines Spiel vorbei und der eigentliche Kampf begann. In Azriel Blick lag die pure Mordlust und ich wusste, dass er genauso verbissen um sein Überleben kämpfen würde, wie ich es all die Jahre selbst getan habe. „Ich habe schon immer gewusst, dass du weiterhin das verwöhnte Mädchen aus den Mauern Sinas bleiben würdest!", knurrte er und holte aus. Schmerzhaft glitt die Klinge über mein Handgelenk. Ich spürte wie die Wunde brannte und das Blut langsam über meine Haut rann. Wieder einmal heulte ich auf. Doch mein Schmerzensschrei wurde durch das Grollen des Donners übertönt. Inzwischen regnete es in Strömen und wir beide waren bis auf die Knochen durchnässt. Mit einem Hechtsprung kam Azriel auf mich zugeflogen. Sein Dolch zielte auf meine Brust. Ich hob meine Klinge, wehrte seinen Schlag ab. Allerdings hatte ich auf den rutschigen Boden nicht genug Halt, sodass ich das Gleichgewicht verlor und nach hinten fiel. Auch Azriel verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Boden. Meine Rippen schmerzten und für einen Moment bekam ich keine Luft mehr. Wie ein silberner Blitz schoss Azriels Klinge auf mein Gesicht vor. Im letzten Moment konnte ich meine Klinge heben und so seine Attacke abwehren. Mit einer flinken Bewegung stieß ich in die Hand, in der Azriel den Dolch hielt. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerzen und er ließ seinen Dolch fallen. Matsch spritzte auf und einige Spritzer landeten in meinem Gesicht. Azriels Gewicht lag schwer auf meinen Hüften und für mich gab es kein Entkommen. Er packte meine Hand mit dem Dolch und umklammerte sie schmerzhaft. Ich heulte schmerzverzerrt auf und in diesen Moment dachte ich, dass ich diesen Kampf nicht gewinnen könnte. Azriel war mir körperlich einfach überlegen und außerdem kannte er all meine Techniken. Denn er war es von dem ich alles gelernt hatte... Innerlich bereitete ich mich schon darauf vor gleich zu sterben.
„Verdammt wir müssen eingreifen! Er bringt sie gleich um!", hörte ich Jeans schreien. Seine Stimme beförderte mich zurück in die Gegenwart. Gerade noch rechtzeitig, um zu bemerken, dass sich Azriel etwas weiter nach vorn beugte und somit auch sein Gewicht verlagerte. Es war fast so wie beim Kampf gegen den Hauptgefreiten. Plötzlich wusste ich was ich zu tun hatte, ich holte mit meiner freien Hand aus und schlug ihm ins Gesicht. Für einen Kurzen Moment vergaß Azriel mich mit seinem Gewicht festzunageln, sodass ich Schwung holen konnte und wir beide durch den Matsch rollten. Noch immer hielt Azriel meine Hand mit dem Dolch fest umklammert und versuchte die Klinge zu drehen. Doch ich hielt dagegen, sodass die Spitze immer noch auf seine Brust zeigte. Immer wenn ich auf den Boden aufschlug, blieb mir im ersten Moment die Luft weg und die Welle des Schmerzes ließ mich beinahe ohnmächtig werden. Dennoch blickte ich unerbittlich in die Augen von Azriel. „Du hättest mitkommen können!", schrie ich über den nächsten Donner hinweg. Es war ein letzter verzweifelter Versuch diesen Kampf zu beenden, ohne dass ich ihn töten musste. Noch immer konnte ich zu keinem tödlichen Schlag ausholen. Dafür hing mein Herz viel zu sehr an meinen Kindheitsfreund. Azriels wutverzerrte Augen, weiteten sich überrascht und plötzlich, lag er am Boden und die Klinge meines Dolches, fuhr wie Butter in seine Brust. Direkt in sein Herz. Az keuchte auf und ließ meine Hand los. „Liv", hauchte er und dann sah ich auch schon wie das Leben aus seinen Augen losch, während mein Dolch in seinem Herzen steckte. Den Dolch, den er mir damals geschenkt hatte, bevor er mir die erste Trainingseinheit gab. Bei meinem ersten Training hatte ich gelernt keine Gnade zu zeigen und auch jetzt hatte ich keine Gnade mit meinem Gegner gehabt. „Azriel!", schrie ich. Laut und verzweifelt. Nein, nein, nein ich konnte doch nicht meinen Kindheitsfreund getötet haben. Doch ich bekam keine Antwort. Stattdessen starrten mich zwei leblose braune Augen an und eine Stimme sagte mir, dass ich ihn getötet hatte. Das es ganz allein meine Schuld war.
Das nächste was ich spürte, war wie zwei starke Arme sich um meine Taille schlangen und mich von Azriels Leichnam wegzerrten. Nein ich wollte nicht von hier weg. Noch immer steckte mein Dolch in Azriels Brust. Ich schrie protestierend auf. Doch der griff lockerte sich nicht und ich wurde erbarmungslos von Azriels Körper wegzerrt. Etwas silbernes blitzte in meinen Augenwinkel auf und lenkte kurz meine Aufmerksamkeit auf sich. Azriels Dolch lag dort im Dreck. Deutlich sah ich den eingeritzten Mond im Griff. Bei meinem Dolch war die Sonne im Griff zu sehen. Ohne groß nach zu denken, streckte ich meine Hand aus und griff nach der Klinge. Die Klinge schnitt mir ins Fleisch. Doch das war mir egal. Ich hatte Azriel getötet. Meinen Kindheitsfreund. Plötzlich wurde wir in die Luft gerissen und schossen auf den Himmel zu, während dort unten Azriels Leichnam lag. Wir waren aus dem Untergrund herausgekommen, aber dafür hatte Azriel einen Preis zahlen müssen.
Mein Herz ist zerbrochen. In tausend kleine Einzelteile.
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Dark Soldiers
FanfictionMan sagt, dass du die Soldaten den Aufklärungstrupp beitreten, die bereit sind ihr Leben für die Menschheit zu opfern. Macht mich der Eintritt in den Aufklärungstrupp zu einem guten Menschen? Oder stimmt es, was die Bewohner innerhalb der Mauer sage...