Kapitel 20

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Cyrians Finger malten kleine Kreise auf meine Hüften. Direkt auf der Stelle, wo sein Zeichen in meiner Haut eingebrannt ist. Die Lillie mit der Schlange. Unablässig fuhr er mit seinen Fingern über die vernarbte Haut. Die letzte Stunde hatten wir in seinem Bett verbracht und Cyrian schien innerhalb dieser Stunde all das nachgeholt zu haben was er in den letzten Jahren nicht tun konnte. Ehrlich gesagt überraschte es mich, dass er auf alles so reagiert hatte, wie ich es mir erhofft hatte. Zwei Jahre waren eine lange Zeit gewesen und ich hätte nicht gedacht, dass er mich mit so offenen Armen empfangen hatten. Dadurch hatte er mir es zwar sehr leicht gemacht, aber irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los, dass da mehr hinter steckte. Nachdenklich starrte ich an die Zimmerdecke, ignorierte Cyrians Berührungen und dachte über meine nächsten Schritte nach. Eigentlich war ich wieder zuhause und konnte meinen Alltag wieder nachgehen. Mit Cyrian schlafen, in der Küche mich mit Azriel treffen und reden und Cyrians Aufträge ausfüllen. Ich würde wieder raus auf die Straßen gehen, Männer verführen und in dem richtigen Moment ihnen die Kehle aufschlitzen. Ich könnte da weitermachen, wo ich vor zwei Jahren aufgehört hatte, aber schon damals hätte ich Erwins Angebot ablehnen können mit ihm den Untergrund zu verlassen. Ich hatte nicht ohne Grund sein Angebot zugestimmt, denn wenn wir mal ehrlich waren, war der Untergrund kein Ort, wo man lange lebte. Das fehlende Sonnenlicht, war nicht gut für uns Menschen und es war nur eine Frage der Zeit bis auch meine Beine versagen würden. Wenn das passierte, würde auch mein Stand als Cyrians Hure mir nicht weiterhelfen. Er würde mich ohne mit der Wimper zu zucken beseitigen. So wie jeden dessen Beine versagten und deshalb war ich damals mit Erwin mitgegangen. „Das Zeichen des Raben wird die ausgesprochen gutstehen.", riss mich Cyrians Stimme aus meinen Gedanken. Schon wieder triefte sie nur vor Lust. Ein klares Zeichen dafür, dass ich noch einige Zeit in diesem Bett verbringen würde. Innerlich stöhnte ich leise auf, doch das was Cyrian gerade gesagt hatte, erweckte meine Aufmerksamkeit. „Raben?", wiederholte ich fragend. Interessiert richtete ich etwas meinen Oberkörper auf und blickte fragend zu dem Mann neben mir. Ein belustigtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und kurz verweilten seine Augen auf meine Brüste. „Nun ja du warst lange weg. Aber irgendeine Adel Familie, hat irgendetwas was uns für die Titanen einen Vorteil verschaffen würde. Ist aber auch egal. Durch diese Zusammenarbeit werde ich bald den gesamten Untergrund beherrschen und dann auch die Städte da oben." Fragend legte ich den Kopf schief und runzelte die Stirn. Ich wusste, dass irgendjemand hier im Untergrund mit den Raben zu tun hatte und dass dieser eine gewisse Macht besitzen musste. Jedoch hatte ich nicht damit gerechnet, dass es Cyrian sein würde, der dieser Jemand war. Natürlich hatte er im Untergrund Macht und beherrschte auch ein relativ großes Gebiet hier, aber er schien nie wirklich interessiert an der Oberwelt zu sein. Hauptsache er hatte hier unten ein gutes Leben und das hatte er. Warum also, wollte er jetzt auf einmal auf die Oberwelt? Cyrian, der meinen fragenden Blick bemerkt hatte, lachte amüsiert auf. „Ich vergesse immer wieder wie einfältig ihr Frauen seid. Natürlich verstehst du nicht was ich da sage.", sprach er in einem Tonfall, der zu seinem Lachen passte. Natürlich glaubte er, dass ich nicht verstand, was er da sagte. Dabei wusste ich wahrscheinlich mehr über die Raben als er. „Kurz bevor du mir erzählt hast, dass Erwin Smith die auf den Straßen der Unterwelt begegnet ist, kam dieser eine Typ zu mir. Irgendein Diener von irgendeinem Adeligen kam zu mir und machte mir dieses Angebot. Wenn ich mich ihm anschließe, würde er dafür sorgen, dass ich es aus diesem Dreckloch rausschaffe und sobald ich da oben bin. Werde ich so wie hier unten alles Stück für Stück an mich reißen. Aus irgendeinem Grund brauchte die Hilfe von uns. Keine Ahnung was der Typ genau vorhat. Mir ist es aber auch egal, denn ich werde so oder so seine Pläne verhindern, denn sobald ich da oben bin, wird dieser Mann der erste sein, der tot sein wird. Es war auf jeden Fall sehr viel Glück im Spiel, denn er wollte, dass wir für ihn Erwin töten und den Rest kennst du ja." Ich zwang mich dazu nicht die Augen zu verdrehen. Cyrian hatte sein ganzes Leben hier im Untergrund verbracht. Deshalb war es auch kein Wunder, dass er nicht wusste, wie es da oben zuging. Nie im Leben könnte er jemanden aus dem Adel einfach so erobern. Erwin allein schon war verdammt schwierig gewesen und es war wahnsinnig einen Kommandanten zu töten. Vor allem als Soldatin.

„Oh, dass heißt also, dass wir bald auch da oben regieren werden?", fragte ich stattdessen dümmlich und verzog meine Lippen zu seinem siegessicheren Lächeln. Natürlich wusste ich es besser, aber Cyrian sollte mich ruhig für seine dumme kleine Schlampe halten, die nur zwei Dinge konnte. Vögeln und töten, wenn er den Auftrag dazu gab. Diese zwei Dinge hatten mir hier unten das Leben gesichert und würden es auch weiterhin tun. Cyrian grinste mich an, während seine Hände zu meinen Hüften wanderten. „Ja genau.", beantwortet er meine Frage. Gleichzeitig drückte er mich in die Matratze und küsste mich stürmisch. Er war bereit für eine zweite Runde und ich würde ihm die geben...

Endlich war Cyrian eingeschlafen. Sein Bauch hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen. Ein lautes Schnarchen entglitt aus seinem Mund. In meiner Erinnerung hatte es nicht solange gedauert bis er nach dem Sex einschlief oder sein Zimmer verließ. Entweder heute hat es besonders lange gedauert oder aber meine Erinnerungen waren nicht ganz korrekt. Erleichtert darüber, dass er nach der dritten Runde endlich eingeschlafen war, richtete ich mich langsam auf und verließ das Bett. Es wurde Zeit in die Küche zu gehen und diesen widerlichen Tee zu trinken, der verhinderte das ich schwanger wurde. Das letzte was ich gebrauchen konnte, war ein Kind von diesem Kerl. Kopfschüttelnd stand ich auf und griff nach den Klamotten, die irgendwann ein Diener von Cyrian gebracht hatte. Es waren dieselben Klamotten die auch Brenda getragen hat. Ein knappes Oberteil mit langem Ärmel. Wenn es nach Cyrian ginge, hätten die Oberteile keine Ärmel, aber irgendwo mussten wir ja auch unsere Dolche verstecken. Neben den Oberteil lag ein bodenlanger Rock, der tief auf den Hüften lag und einen Schlitz in der Seite hatte. Ehrlich gesagt zeigte ich mit diesem Outfit mehr Haut, als es verbarg. Ohne groß darüber nachzudenken zog ich mich an und steckte meinen Dolch ein. Es wurde Zeit, dass ich wieder in den alltäglichen Trott hineinfiel. Doch als ich mich zur Tür wandte, konnte ich nicht einfach so das Zimmer verlassen, denn eine Stimme in meinen Kopf erinnerte mich an Jean, Levi und Armin... Auch wenn Jean mich gerade als Verräterin betrachtete, brauchte er meine Hilfe. Sonst würde er hier unten sterben und Levi und Armin... sicher wussten sie schon was vorgefallen waren und sie suchten immer noch nach Hinweisen...Die sicherlich hier in diesem Zimmer lagen. Auch wenn Cyrian größenwahnsinnig war und sicherlich nicht weit dachte, so war er immer noch schlau genug sich so etwas schriftlich geben zu lassen. Wenn ich dieses Schriftstück fand, dann... dann könnten sie die Raben aufhalten, was auch immer sie genau vorhaben. Aber wenn ich dieses Schriftstück stahl, so würde ich zur Verräterin werden und dann müsste ich von hier fort und ich war mir nicht sicher, ob Levi mich wieder zurück an die Oberfläche nehmen würde. Jean würde ihnen sicherlich davon erzählen, was ich getan hatte.

Hin und her gerissen stand ich eine ganze Weile im Zimmer und wusste nicht was ich tun sollte. Wenn ich dieses Schriftstück stahl, könnte ich auch gleich Jean befreien und ihm zur Flucht verhelfen. Ich würde meine Kameraden helfen, aber das würde auch mein Tod bedeuten. Aber wenn ich einfach aus der Tür ging, würde ich weiterleben. Dafür würde aber Jean sterben und nach ihm sicherlich auch die anderen. Es wäre nur eine Frage der Zeit bis auch Levi, Eren, Mikasa und Armin sterben würden. Bei dem Gedanken daran wie meine Kameraden starben, zog sich mein Magen krampfhaft zusammen und mir wurde schlecht. Es war dasselbe Gefühl wie ich es damals in Erwins Büro verspürt hatte. Nur diesmal verschwand es einfach nicht. Es blieb. Verdammt was war nur aus mir geworden?! Ohne dass ich groß weiter überlegte, bewegten sich meinen Füßen zu Cyrians Schreibtisch. Anders als der von Levi war er unordentlich und über den gesamten Tisch verstreut lagen Zettel. So leise wie nur möglich durchsuchte ich den Schreibtisch, da er so unordentlich war, achtete ich nicht sonderlich darauf, alles wieder dorthin zu stellen, wo es ursprünglich stand. Cyrian würde es so oder so nicht merken. Auch wenn ich nicht so genau wusste wonach ich suchen musste, versuchte zwischen den einzelnen Papieren irgendwelche Unterschiede zu finden. Zum ersten Mal in meinen Leben bereute ich es, dass ich nie lesen gelernt habe. Das machte die Sache natürlich schwierig. Gerade als ich die Suche schon aufgeben wollte, stach mir ein rotes Siegel in die Augen. Ein Siegel was ganz sicher nicht aus dem Untergrund stammte. Es musste von oben kommen...

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