Theater {Hawksilver}

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Clint

Ich wusste nicht, wie die anderen Avengers es geschafft hatten, mich zu überreden, mit zu einer dieser dämlichen Theatervorstellungen zu kommen. Ich hasste sie, sie waren langweilig und dauerten viel zu lange. Da guckte ich daheim lieber auf meiner gemütlichen Couch einen Film. Und nicht in einen viel zu engen Anzug auf einen viel zu unbequemen Stuhl einen Typen anstarren, der ein "Lied" in einer so seltsam hohen Stimmlage sang, dass man nichts mehr verstand. Meistens verstand ich nicht mal die Geschichte und Sinn des ganzen Stücks. Ich fragte mich, warum die anderen das so mochten. Natasha vielleicht nicht so, aber seit Tony und Steve zusammen waren mussten sie uns zu jeder Vorstellung mitzerren. Thor war davon begeistert, schließlich erinnerten ihn sie an die Stücke, die in Asgard aufgeführt wurden. Bruce konnte dem entgehen, in dem er sagte, er sei viel zu gefährlich, als dass er unter Leute gehen konnte. Es klang einleuchtend, aber ich war etwas neidisch. Ich konnte mich nicht herausreden und setzte meine Zeit im Saal einfach ab.

Zum Glück war ich dieses Mal mitgegangen. Damals konnte ich ja noch nicht ahnen, wie sehr diese Vorstellung mein Leben ändern würde.

Wir setzten uns auf unsere Plätze in der Premium-Lounge -Tony wollte nur das "Beste", obwohl es eigentlich egal war, wo man saß, der Gesang hörte sich überall im Saal schrecklich an. Wir trugen alle einen Anzug, außer Natasha, die trug natürlich ein Kleid.

Ohne große Hoffnung auf einen einigermaßen spannenden Abend ließ ich mich missmutig auf meinen Stuhl sinken. Wie ich es hasste. Ungefähr während der Hälfte des Stücks -ich glaube der Prinz rettete gerade die Prinzessin?- bemerkte ich auf der anderen Seite des Saals einen jungen, blonden Mann, der mich gerade anlächelte. Er saß in einer der Seiten-Logen. Eigentlich hätte ich gleich wieder weggucken sollen aber ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden, also lächelte ich einfach zurück. Er nickte neben sich und verdrehte die Augen. Neben ihm saß ein braunhaariges Mädchen, welches komplett auf die Vorstellung fokussiert war. Ah, er wurde anscheinend auch gezwungen, mit hierher zu kommen und suchte Ablenkung. Da hatten wir ja schon was gemeinsam.

Hoffentlich war das nicht seine Freundin... Ich zuckte bei meinem Gedanken zurück. Ich wusste nicht mal wie er hieß! Jedoch konnte ich einfach nicht aufhören, ihn anzuschauen.


In einer der nächsten Szenen weinte einer der Schauspieler auf der Bühne, um einen Verlust zu betrauern und der Blonde verzog das Gesicht und äffte ihn mit übertriebenen traurigen Gesten nach. Ich konnte ein kurzes Auflachen nicht unterdrücken, weshalb mich Natasha grob an der Schulter anstieß. "Warum lachst du?", flüsterte sie energisch. "Ach nichts", erwiderte ich bloß und senkte meinen Blick auf meine Füße, immernoch mit einem Grinsen auf den Lippen.

Die restliche Vorstellung schaute ich nur noch zu dem blonden Mann, die Schauspieler auf der Bühne hatte ich vollkommen vergessen. Allein bei diesem Theaterbesuch hatte ich mehr Spaß als in alles bisherigen zusammen. Ich liebte das Lächeln des Mannes, von dem ich nicht einmal den Namen kannte. Je mehr sich die Vorstellung dem Ende hinneigte, umso nervöser wurde ich, weshalb ich unruhig auf meinen Platz hin und her rutschte. Ich wollte ihn kennenlernen. Um jeden Preis der Welt.

Ich zuckte etwas zusammen als auf einmal tosender Applaus losbrach. Mein Blick schwenkte zur Bühne. Die Darsteller verbeugten sich. War das Stück schon vorbei? Die Vorhänge zogen sich zu und sogleich erhoben sich alle Zuschauer von ihren Plätzen, um zu den Ausgängen zu strömen. Binnen weniger Sekunden hatte ich den Blondschopf aus den Augen verloren. Ich sprang von meinem Sitz auf und drängte mich an den anderen vorbei zur Tür, die aus dem Saal hinausführte.

Hinter dem Theatersaal lag ein längerer Gang, der anschließend über eine breite Treppe in der großen Eingangshalle mündete. Alles war überfüllt von Leuten und ich versuchte, über ihre Köpfe hinweg zu sehen, um den jungen Mann zu erspähen. Jedoch vergebens. Mein Herz schlug wie wild, als ich in der Eingangshalle ankam und blieb am Geländer der Treppe stehen, da man so über die gesamte Masse hinweg sehen konnte. Ein riesiger Kronenleuchter beleuchtete den Raum. Allmählich leerte sich die Halle, ohne dass ich ihn sehen konnte. Normalerweise sah ich so gut wie alles, doch diesmal nicht.

Resigniert ließ ich mich auf die Stufen sinken. Als die anderen zu mir kamen und fragten, was los sei, wich ich mit einer beiläufigen Antwort aus und sagte, ich komme später nach.

Als auch sie gegangen waren, blieb ich vollkommen allein zurück. Wieso konnte ich nicht besser aufpassen? Ich hätte ihn finden müssen! Gerade, als ich aufstehen wollte, hörte eine Stimme mit russischem Akzent hinter mir. Ich musste mich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, wer es war. "Du hast doch wohl nicht gedacht, dass ich abhaue, ohne dass ich mich vorstelle, oder?"

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