chapter thirty-six

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Freitag, 11.01.19

15:12 Uhr. Mein Schlafrythmus war ganz offiziell verschwunden. Ich hatte die letzten Nächte wirklich nicht viel geschlafen und heute Nacht konnte ich zum ersten Mal durchschlafen. Blöd nur, dass es dann direkt 15 Stunden wurden...

Der Regen spritzte gegen meine Fenster und ich freute mich darüber, weil es schon längere Zeit nicht mehr geregnet hatte.

Noch im Bett liegend ließ ich es zu, dass meine Gedanken wieder zu dem Thema kreisten, welches mich die letzten Nächte und allgemein eigentlich durchgängig beschäftigte.

Wieder flogen meine Gedanken zu Charlyn und allem, was sie mir gesagt hatte. Dass sie mich warnen wolle. Dass sie mich beschützen wolle.

Es war absurd ihr Glauben zu schenken, wenn man bedachte, dass sie Brads Ex, sehr manipulativ und hinterhältig war - aber ich traute der ganzen Sache im Allgemeinen nicht. Da steckte meiner Meinung nach noch viel mehr hinter.

Ich hatte es geschafft Brad erfolgreich zu meiden über die letzten Tage.

Nicht, weil ich ihm nicht mehr vertraute oder, weil ich nach dem Gespräch mit Charlyn unglaublich sauer auf ihn war! Natürlich nicht.

Aber ich brauchte meine Zeit um das, was sie gesagt hatte, auf mich wirken zu lassen. Ohne, dass Brad mit mir darüber redete.

Ich glaubte ihr nicht, aber irgendwas in mir sagte mir, dass sie vielleicht nicht ganz unrecht hatte, zumindest minimal...

Sie schien so aufrichtig zu sein und ich weiß, man kann sich da immer täuschen, aber sie hatte etwas an sich, was mich die ganze Geschichte noch mehr glauben ließ.

Die Kette.

Ich war anfangs viel zu überwältigt von dem, was sie mir sagte, dass es mir erst spät aufgefallen ist, aber in dem Moment war ich einfach nur überfordert.

Es war dieselbe Kette, die Brad und ich zusammen gekauft hatten. Die Kette, die ich bereits als mein Weihnachtsgeschenk eingestuft hatte.

Ich war verletzt als ich die Kette sah, ich konnte es nicht leugnen. Aber, sie verschaffte ihr Glaubwürdigkeit...

Ich wurde von Emma, die gerade unten laut losbellte, aus meinen Gedanken gerissen. Als ich nach draußen sah bemerkte ich, dass es immer noch regnete und hüpfte mit neuer Energie aus dem Bett. Ein kleiner Spaziergang mit Emma war genau das, was ich jetzt brauchte.

Blitzschnell war ich angezogen - ich hatte aber auch keinen Wert auf meine Outfitwahl oder mein Make Up, was heute ganz fehlte, gelegt -und lief nach unten um Emma an die Leine zu nehmen.

Frühstücken wollte ich nicht, da ich eh nicht wirklich Appetit hatte und es außerdem ja auch schon halb 4 am Nachmittag war.

Als ich nach draußen trat und der Regen auf mich herabprasselte hatte ich das Gefühl als würde er mir meine Sorgen nehmen. Als würde er sie einfach abwaschen...

Ich hüpfte von Pfütze zu Pfütze und entschied mich zum Park zu gehen, weil ich schon wieder viel zu lange nicht da war.

Gedankenverloren bog ich auf den Kiesweg ein und die tanzenden Wassertropfen auf der Oberfläche des Teichs lösten bei mir ein wohliges Gefühl aus.

Ich ließ Emma von der Leine und schlenderte den Kiesweg weiter entlang. Dieser Ort bedeutete mir mittlerweile so viel und wenn ich an all die Erlebnisse hier dachte, wurde mir warm ums Herz und gleichzeitig verpasste es mir auch einen Stich in selbiges.

Ich dachte an unser erstes Aufeinandertreffen und an alles, was uns in diesem Park miteinander verband. Ich liebte ihn von ganzem Herzen und ich wollte nicht glauben, was Charlyn mir sagte.

Mein Herz machte einen kleinen Sprung als ich einen golden Retriever zusammen mit Emma erblickte und augenblicklich suchte ich nach dem Besitzer.

Ich lief ein winziges Stück rückwärts, weil ich dachte, dass er hinter mir sein könnte und noch bevor ich reagieren konnte spürte ich zwei Hände an meiner Taille, die mich umdrehten.

Große braune Kulleraugen sahen mich glücklich an und mein Herz schmolz bei seinem Anblick.

„Du hast auch nicht aus unserem ersten Treffen gelernt, oder?" lachte er und spielte auf meinen kleinen Stolperer damals an. Ich verdrehte die Augen und grinste.

„Bin ich diesmal hingefallen?" fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und er schüttelte lachend den Kopf.

Ich bemerkte, dass er mir näher kommen wollte und nahm stattdessen schnell seine Hand und zog ihn mit mir, weil ich ihn gerade nicht küssen wollte. Er würde mich komplett aus dem Konzept bringen.

Brad ließ sich davon scheinbar nicht weiter beirren, auch wenn ich wusste, dass er sich fragte, warum. Er ließ das Thema fallen und redete stattdessen weiter.

„Die Jungs und ich treffen uns nachher im Café um über Tour Angelegenheiten zu reden. Ich wollte dich fragen, ob du mitkommen willst? Du warst schwer übers Handy zu erreichen also dachte ich mir bereits, dass du hier wärst."

Ich überlegte einen kurzen Moment bevor ich nickte. Die Tour. Ich durfte mit auf Tour kommen und war unglaublich gespannt und voller Vorfreude auf dieses Erlebnis. „Klar, bin dabei" sagte ich euphorisch.

Ich fragte mich unwillkürlich, ob Charlyn jemals mit auf Tour gekommen war und ertappte mich so, wie ich schon wieder an sie dachte.

Das Beste war wohl, wenn ich einfach auf mein Gefühl hören würde und das sagte mir gerade, dass Brad es ernst meinte. Natürlich blieben meine Gedanken im Hinterkopf, aber für diesen Moment zählten sie ganz einfach nicht.

Wir schlenderten Hand in Hand den Weg entlang und kamen letztendlich am Ende an.

„Soll ich dich nach Hause begleiten?" fragte Brad und sah auf unsere Hände, die nun zwischen uns baumelten.

„Nein, das ist doch voll der Umweg für dich. Nehm mich lieber nachher einfach mit zum Café" grinste ich und er nickte.

„Dann sehen wir uns nachher, Prinzessin" sagte er und zögerte einen Moment, ob er mich küssen sollte. Ich nahm ihm diese Entscheidung ab und drückte ihm einen süßen Kuss auf die Lippen.

„Bis nachher, Löckchen" strahlte ich ihn an und wir winkten uns nochmal, bevor wir in unterschiedliche Richtungen nach Hause liefen.

Meine Gefühle fuhren Achterbahn und plötzlich kullerte mir eine Träne über die Wange. Dieses Gefühlschaos machte mich fertig und ich konnte momentan einfach nichts daran ändern.

Der Weg nach Hause verging wie im Flug und ich ihn hatte auch nicht wirklich bewusst wahrgenommen, weil ich mir schon wieder zu viele Gedanken machte.

Zuhause angekommen schlüpfte ich schnell in etwas ausgehtauglichere Klamotten und und aß ein Butterbrot, weil mein Bauch sich plötzlich auch meldete.

Schon bog ein schwarzes Auto auf unsere Auffahrt ein und ich wusste, dass es Brad war. Nach einem letzten Blick in den Spiegel lief ich nach draußen und stieg schnell ein. Es regnete immer noch.

„Bereit?" fragte Brad als er den Motor wieder startete. Kurz darauf waren wir schon auf der Straße und der Regen spritzte wild gegen die Windschutzscheibe.

Ob ich wirklich bereit war, wusste ich nicht.

Stolen MomentsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt