chapter thirty-eight

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Samstag, 12.01.19

Auch diese Nacht hatte ich wieder mal nicht viel geschlafen und war müde aufgewacht. Das wurde mittlerweile zum Alltag und das gefiel mir um ehrlich zu sein gar nicht.

Brad hatte gestern nicht mehr versucht sich bei mir zu melden und da war ich auch nicht böse drum, weil ich mich einfach so wieder fassen musste.

Jetzt gerade lief ich die Straßen entlang und das bereits seit gefühlten Ewigkeiten. Es war ein schöner sonniger Tag und die Sonne kitzelte meine Haut.

Ich wusste nur, dass es irgendwann am Nachmittag war. Mein Gedanken waren überall, nur nicht bei mir.

So langsam wollte ich endlich mit irgendjemandem über all das sprechen können, was mich schon so lange beschäftigte, aber ich wollte noch nicht mit Brad reden.

Er war sonst mein erster Ansprechpartner und ich vertraute ihm alles an, aber da es ihn so direkt betraf jetzt, wusste ich nicht, ob ich wirklich schon mit ihm darüber reden sollte.

Dieses eine dumme Gespräch mit Charlyn, wer hätte schon gedacht, dass es mich so sehr aus der Bahn warf?

Das Schlimmste daran war, dass ich jetzt natürlich fiel zu viel nachdachte und mir immer mehr Situationen auffielen, die zu dem passten, was sie mir erzählt hatte.

Warum hätte sie nicht einfach aus unserem Leben fernbleiben können? Auf sie hätte ich wirklich gerne verzichtet, das werde ich nicht leugnen.

Aber was, wenn sie wirklich Recht hatte?

Diese Frage beschäftigte mich wohl am meisten. Oder doch, warum ich ihr wirklich anfing Glauben zu schenken. Das war einfach alles zu viel für mich.

Auch wenn ich mir gesagt hatte, dass ich das alles mit mir selbst ausmachen wollte, konnte und wollte ich das nicht länger. Mir fiel nur eine Person ein, neben Brad, mit der ich über alles reden konnte.

„Hey, du" sagte ich, als sie, nachdem es ein paar mal geklingelt hatte, den Anruf entgegen nahm.

Na, Lia! Alles gut bei dir?" fragte mich Lilly, Besorgnis in ihrer Stimme.

„Um ehrlich zu sein nicht wirklich" sagte ich leise und bereitete mich mental darauf vor ihr mein Herz auszuschütten, ohne dabei weinen zu müssen. Ob mir das gelingen würde, sei dahingestellt.

Na komm, erzähl mir alles. Ich habe Zeit. Aber wenn es dir wirklich so schlecht geht, hat es bestimmt etwas mit Brad zu tun, habe ich Recht?"

„Du kennst mich. Ich wollte da eigentlich nicht drüber reden, aber ich kann so langsam einfach nicht mehr" sagte ich und seufzte.

Also, was ist denn passiert?"

Ich erzählte ihr alles, von dem Gespräch mit Brad als ich nachts mit ihm telefoniert hatte nach unserem Mädelsabend und er vollkommen aufgelöst war, von allem, was die Jungs mir erzählte hatten, bis hin zu meinem Aufeinandertreffen mit Charlyn im Café und der Kette.

Es tat so gut das alles endlich mal rauszulassen, auch wenn ich es grundsätzlich lieber für mich behalten hätte.

So hatte ich wenigstens jemanden, der das Ganze von außen betrachten und mir einen neuen Blickwinkel auf das ganze Geschehen geben konnte.

Lilly überlegte lange bis sie letztendlich etwas dazu sagen konnte. Doch ihre Frage überraschte mich...

Und was genau an alledem verwirrt dich so sehr?" fragte sie und ich war für einen kleinen Moment aus der Fassung gebracht.

„Ja, ob das alles wirklich stimmen könnte oder nicht. Lilly, ich weiß einfach nicht, was ich glauben soll" sagte ich verzweifelt.

Hase, jetzt hör mal ganz tief in dich hinein. Du weißt selbst, dass Brad dich über alles liebt und dir niemals wehtun würde. Er ist nicht so einer, wirklich nicht."

Und ich weiß auch nicht, warum du dir da solche Gedanken machst! Ich meine, es ist verdammt nochmal seine durchgeknallte Ex, die dir den ganzen Mist in den Kopf gesetzt hat... Hallo? Es ist doch ganz offensichtlich, warum sie das tut."

„Und was ist mit der Kette?" fragte ich kleinlaut. Natürlich wusste ich, dass Lilly sowas von Recht hatte mit alldem, was sie sagte, aber diese blöde Kette ließ mich der ganzen Sache immer noch ein klein wenig Glauben schenken.

Na gut, das kann ich mir auch noch nicht wirklich erklären... Aber ich bin mir sicher, dass Brad es dir erklären würde, wenn du mit ihm darüber sprechen würdest." sagte sie nachdrücklich und ich bekam ein schlechtes Gewissen.

Ich hielt all das schon lange vor ihm zurück, was, wenn er für das alles wirklich eine ganz simple Erklärung hatte und ich hier vollkommen unnötiger Weise am Rad drehte?

„Ich weiß, Lilly. Aber ich glaube, ich will noch nicht mit ihm darüber reden. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte..."

Dann tu es, wenn du bereit dafür bist. Aber versprich mir eins, Lia: Sprich mit ihm. Er ist dein Freund und er macht sich Sorgen um dich."

„Danke, Lilly, weißt du, genau dieses Gespräch habe ich einfach wirklich gebraucht" sagte ich ehrlich und fühlte mich befreit.

Du musst dich für nichts bedanken. Wofür ist deine Lieblings-Cousine denn sonst da?"

Ich kicherte und bog auf unsere Auffahrt ein. Wie lange ich jetzt durch die Gegend gelaufen war, geschweige denn wie ich jetzt wieder hier angekommen war, wusste ich nicht im Geringsten. Meine Aufmerksamkeit lag bei allem außer meinem Spaziergang.

„Ich glaube, ich ruhe mich jetzt ein bisschen aus. Das alles zehrt ziemlich an meinen Kräften" lachte ich müde und schloss die Haustür auf.

Ja, mach das. Aber mach dir jetzt mal nicht mehr so viele Gedanken. Das klärt sich alles auf, wenn du bereit dazu bist mit Brad zu reden. Spätestens, wenn du mit auf Tour fährst - das hab ich im Gefühl" sagte sie und ich war bereits dabei meine Schuhe und Jacke auszuziehen.

„Na gut, Lilly. Wirklich, nochmal danke. Das habe ich so sehr gebraucht."

Das ist selbstverständlich, das weißt du. So und jetzt ruh dich aus. Wir hören voneinander und halt mich auf dem Laufenden!"

„Machen wir und ja, werde ich machen. Bis dann, Cousinchen" sagte ich leise und unterdrückte ein Gähnen.

Tschaui" sagte sie und legte auf.

Ich schlurfte die Treppen nach oben, mir die Mühe zu machen und mich anzumelden, dass ich wieder da war, hatte ich ganz schnell wieder verdrängt und war auch schon in meinem Zimmer angekommen.

Ich schnappte mir den großen Sitzsack und meine dicke Kuscheldecke und machte es mir auf meinem Balkon bequem. Das gute Wetter wollte ich noch ausnutzen, auch wenn ich immer müder wurde.

Lillys Einstellung zu meinem ganzen Brad-Charlyn-Dilemma gab mir zu denken.

Sie hatte Recht, das alles sollte eigentlich gar nicht so ein Dilemma sein, weil es offensichtlich war, wem man mehr trauen konnte.

Wenn da nicht diese blöde Kette wäre. Dann wäre wirklich alles so viel leichter gewesen.

Ich merkte, wie meine Augenlider immer schwerer wurden, doch ich wurde plötzlich aus meinem Halbschlaf gerissen.

Lia?" rief er und natürlich hatte ich seine Stimme sofort erkannt. Ich beugte mich nach vorne, sodass ich nach unten auf den Rasen gucken konnte und das erste, was ich sah, war der altbekannte Mopp aus braunen Locken.

„Brad?! Wie bist du in meinen Garten gekommen?" schmunzelte ich und er zuckte mit den Schultern.

„Naja, ich kann über Zäune klettern", sagte er lässig und ich musste unwillkürlich lachen.

brad ist zu süß für diese welt punkt

Stolen MomentsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt