chapter twenty-one

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Donnerstag, 06.12.18

"Macht's gut, wir sehen uns!" grinste ich, als ich mich in den altbekannten Van lehnte, in dem bereits alle außer Brad saßen. "Und macht mir keinen Scheiß!"

Brad zog mich zu sich, küsste mich ein letztes mal und grinste: "Wir? Wir würden niemals irgendetwas dummes machen!"
"Natürlich nicht" lachte ich und wuschelte ihm einmal durch die Locken, weshalb ich einen bösen Blick erntete.

Sekunden später schloss er mich in eine Umarmung und nuschelte ein "Wir sehen uns, Lia. Vermiss' mich nicht zu viel..."
"Ich denke, dir wird das schwerer fallen als mir, Löckchen." Er hielt mich immer noch fest. "Ja, vielleicht hast du Recht..."

Er gab mir einen Kuss auf die Stirn, ließ mich widerwillig los und schon war er im Van verschwunden. Ich blieb am Straßenrand stehen, bis sie losgefahren waren und schließlich um die Ecke bogen und lief dann in die andere Richtung nach Hause.

Ich hatte bei Brad übernachtet, auch weil wir uns ja nun ein paar Tage nicht sehen würden und nun wartete zuhause eine gedeckte Kuchentafel auf mich.

Der Geruch von Apfelkuchen war das erste, was ich wahrnahm, als ich unser Haus betrat und es schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.

"Oh, Lia! Da bist du ja, der Kuchen ist gerade fertig..." sagte mein Vater, als er mich von der Seite umarmte. Er war ein begnadeter Bäcker und nichts ging über seinen Apfelkuchen. "Es riecht traumhaft!" grinste ich und wir liefen in die Küche, wo meine Mutter und kleine Schwester bereits am Tisch saßen.

Ich setzte mich neben meine Mutter und bemerkte die Zeitschrift auf dem Tisch. Bei genauerem betrachten kamen mir die Gesichter auf dem Cover doch tatsächlich ziemlich bekannt vor.

❝ Newcomerin im neuen Video von The Vamps - Sie ist also das mysteriöse Mädchen an der Seite von Brad Simpson❞

Auf dem Titel prangte erneut das Bild, das entstanden war als wir kurz aus dem Studio gegangen waren und in der rechten Ecke war ein Screenshot unseres YouTube Videos...

Ich griff nach der Zeitung und blätterte auf die Seite, die scheinbar über uns berichtete.
"Steht nichts besonderes drin, nur dass sich ja jetzt geklärt hat, warum man dich mit Brad gesehen hat!" meinte meine Mutter und strich mir über den Arm.

"Ja, so hatten wir das auch geplant. Wir haben unsere Beziehung ja noch nicht öffentlich gemacht, deswegen war ich kurz beunruhigt..."

"Aber der Artikel ist trotzdem süß..." grinste meine Schwester und ich zog eine Augenbraue hoch. "Die Redakteure shippen euch schon, genauso wie die Fans. Ich glaube, Bradlia oder so ähnlich. So süß!" lachte sie und ich stimmte mit ein.

"Das finde ich eigentlich ganz gut!"

"Kannst du mir bitte erzählen, was ich jetzt machen soll? Ich habe nichts zu tun, wenn der nicht da ist!" jammerte ich als ich mich auf's Bett fallen ließ und ich hörte Gekicher am anderen Ende des Hörers.

Es war leider wirklich so. Brad und ich nutzten eigentlich jede freie Minute, die wir zusammen verbringen konnten...

"Wir sollten dann wohl mal wieder was machen, was?" lachte Lilly.
"Ja, da führt wohl nichts dran vorbei" antwortete ich seufzend.

"Ich bin leider im Moment ziemlich beschäftigt und komme hier nicht weg. Aber vielleicht in den nächsten Tagen! Die sind bis Sonntag weg oder?"

"Ja, richtig. Nicht schlimm! Ich glaube, ich setze mich mal mit dem erschreckenden Thema Zukunft auseinander" nuschelte ich, noch nicht ganz überzeugt von meiner Idee.

"Ja, mach das. Und Samstag gegen Abend bin ich bei dir und wir machen uns nen gemütlich Abend? Das müsste ich wohl schaffen"
"Gerne! So ein guter alter Mädelsabend würde mir mal wieder richtig gut tun. Aber nur, wenn dir das keinen Stress macht, natürlich!"

"Quatsch! Ich würde es nicht anbieten, wenn mir das zu stressig wär', Cousinchen. Aber wie sieht's denn sonst überhaupt so bei dir aus? Wie läuft's mit Braddie?"
"Ach, echt gut soweit... Manchmal weiß ich wirklich nicht, womit ich ihn verdient habe." antwortete ich gedankenverloren.

"Ich kann's immer noch nicht ganz fassen, aber ich freue mich so unglaublich für euch beide... Gerade Brad hatte in der Vergangenheit ja nicht wirklich so Glück mit Freundinnen."

Ich hörte plötzlich Gemurmel im Hintergrund, jemand schien mit Lilly zu reden. "Du, ich muss jetzt aufhören, aber wir sehen uns ja Samstag!"
"Achso, ja kein Ding! Wir sehen uns Samstag!"
"Tschaui " "Bye, Lilly" - und damit legte sie auf.

Ich rollte mich auf den Rücken und starrte an meine Decke. Aus einem mir noch umbekannten Grund hatte ich ein komisches Gefühl im Bauch und ich konnte mir absolut nicht erklären warum...

Was war die einzig logische Konsequenz darauf? Richtig, sich das Songbuch zu schnappen und drauf los zu schreiben.

Ich stand auf, um es vom Schreibtisch zu holen und summte vor mich hin. Als ich die glatte Oberfläche des kleinen Buchs streifte, fiel mir auf, was für eine schöne Melodie ich im Kopf hatte. Ohne lange darüber nachzudenken fanden meine Füße wie von allein den Weg zum Klavierhocker und ich setzte sanft meine Fingerspitzen auf die Tasten.

Schnell war die Melodie gefunden und aufgeschrieben und meine Gedanken tanzten weiter. Erste Harmonien formten sich wie von allein, denn das Gespür dafür wurde mir wohl in die Wiege gelegt. Meine Finger schwebten über die Tasten und die Musik erfüllte den ganzen Raum...

Aus Neugier probierte ich die Melodie mit dem Song zu verknüpfen, für den ich schon so lange eine Melodie suchte. Meistens fand ich Worte zur Melodie, aber bei diesem Song war es ganz anders. Er war nach wie vor nicht fertig, mir fehlten noch Strophen, allerdings konnte ich mit ein paar kleinen Änderungen Melodie und Text miteinander verknüpfen und zum fast fertigen Refrain des Songs ausbauen...

Mir fehlte noch irgendwas. Ich konnte noch nicht sagen was, aber irgendwas war noch nicht perfekt... Immer und immer wieder ging ich den Text durch, fing an zu singen und verschiedenste Läufe mit einzubauen und nichts half. Das war es noch nicht.

Ich ließ meine Hände hinter dem Klavierhocker baumeln und schloss die Augen. Plötzlich kam mir eine Idee, die ich augenblicklich versuchte umzusetzen und begann zu singen.

I'm breaking in to steal it all
And I'll escape with every

Sto-o-o-o-olen Mo-o-o-o-oment

War es das, was ich suchte? Ja, das war es.

Wenn mich in diesem Moment jemand gefragt hätte, was ausschlaggebend für diese Änderung war hätte ich keine Antwort darauf. Ich könnte auch nicht sagen, wie ich darauf gekommen war - ich bin es einfach. Schnell schrieb ich alles nieder und begutachtete zufrieden mein Werk.

Noch lange hatte ich den Refrain rauf und runter gespielt und war überglücklich, dass er so viel Gefühl zeigen konnte. Glücklich nahm ich das Songbuch, stand ich auf und ließ mich nach wenigen Schritten auf's Bett fallen.

Bis gerade eben dachte ich, ich hätte bereits meine gesamte Kreativität ausgeschöpft, doch wieder schossen mir Wörter in den Kopf. Ich setzte mich von neuer Energie durchflutet im Schneidersitz ins Bett und schlug das Buch erneut auf. Also die Strophen...

Vielleicht könnte ja das auch meine Zukunft sein? Musik?

Stolen MomentsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt