Kapitel 25

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Dyan's Sicht

Ich glaube, so viel wie in der Mittagspause haben wir schon lange nicht mehr gelacht. Als Tessa wegen ihrem Essen angefangen hatte zu schreien, hätte ich wirklich nur noch Popcorn gebraucht, um die Komödie zu genießen. Und wie sie dann noch so schüchtern in die Runde gegrüßt hatte. Sowas Witziges könnte man jeden Tag gebrauchen.

Was mich jedoch ganzschön erstaunt hatte war, dass sie nicht total ausgerastet ist.  Im Endeffekt  hatte sie sogar mit uns mitgelacht. Etwas das die meisten Mädchen, die ich kenne, niemals gemacht hätten. Stattdessen wären sie zickig geworden oder hätten auf beleidigt gemacht, bis sie mit ihrem Verhalten eine Entschuldigung erzwungen hätten. Tessas Reaktion war dagegen... Eine angenehme Überraschung.

Aber am meisten an der ganzen Sache hatte mich gefreut, dass Ciara gelacht hatte.

Als ich sie heute morgen nochmal auf das, was passiert war angesprochen hatte, war sie vollkommen am Boden zerstört gewesen.
Nachdem ich sie erstmal einfach nur in den Arm genommen hatte, hatte sie mir erzählt, dass sie nicht schlafen konnte, nicht mal die Augen schließen, weil sie sich dann sofort wieder in die Gasse zurück katapultiert fühlte. Sie machte sich schreckliche Vorwürfe, weil sie es nicht geschafft hatte, die beiden Männer davonzujagen. Weil sie zu schwach gewesen war und irgendwann aufgegeben hatte, sich zu wehren und sich einfach nur noch gewünscht hatte, dass es schnell vorbei ging. Außerdem konnte sie sich selbst nicht davon überzeugen, dass wenn sie nur kurz unaufmerksam war, nicht wieder diese Kerle sie schnappen würden und dieses Mal niemand da war, um sie zu retten. Selbst zu Hause fühlte sie sich nicht sicher...

Zu sehen wie meine kleine Schwester sich fürchtete und kurz vor den Tränen stand, hatte mich tief erschüttert. Ich würde nicht zu lassen, dass jemand ihr nochmal so weh tat. Und vor allem würde ich sie noch mehr vor unserem Vater schützen...

Schon seit dem ich denken konnte, hatte ich mich immer zwischen ihn und meine kleine Schwester gestellt.
Vater hatte keine hohe Meinung von Frauen. Er glaubte wir Männer wären ihnen von Geburt aus überlegen, als das Geschlecht das Arbeiten geht und die Familie versorgt.
Bei Mutter konnte ich es nicht verhindern, dass er sie wie eine Sklavin herumschubste, aber an meine Schwester ließ ich ihn nicht ran!

Das grausamste daran war, dass er mich behandelte wie einen Heiligen, nur weil ich ein Junge war, aber seine Tochter kaum beachtete. Deswegen hatte ich schon immer versucht Ciara die Liebe zu schenken, die sie von Vater nicht erhielt. Daher kam auch unsere enge Bindung. Wir waren schon immer unzertrennlich. Im Kindergarten hatte ich eine zeitlang jeden in den Schlamm geschubst, der es gewagt hatte, etwas blödes zu meiner Schwester zu sagen.

Als sie nun heute Morgen in meinen Armen gehalten hatte, beschloss ich, sie noch mehr im Auge zu behalten. Außerdem schlug ich vor, dass sie fürs Erste bei mir schlief, damit ich auf sie aufpassen konnte und sie beruhigt die Augen schließen konnte.
Mit einem leisen Schluchzen hatte sie an meine Brust gekuschelt genickt und mein Herz war wie immer in ihren Händen geschmolzen. Niemand könnte mir je mehr bedeuten als dieses zerbrechliche Wesen in meinen Armen. Vor 16 Jahren, als sie noch ein kleines Baby war, wie heute.

Und das war auch der Grund, weshalb ich so tief in Tessas Schuld stand. Soviel hatte von ihrem Eingreifen abgehangen. Wenn Ciara schon jetzt kaum damit zurecht kam, was passiert war, wie würde es dann erst um sie stehen, wenn niemand die Kerle aufgehalten hätte?

Mir gefiel es nicht, dass Tessa nach der Pause ohne ein Wort einfach davon gerauscht war, aber es würde wohl noch etwas dauern, bis sie akzeptierte, dass sie mich so schnell nicht loswerden würde. Aber ich hoffte, dass sie bis dahin nicht meine Hilfe brauchte und ich meine Chance verpasste, sie so zu beschützen, wie sie es für meine Schwester getan hatte.

Mit einem Grinsen hörte ich, wie Marco und Seth sagten, dass sie Tessa eigentlich ganz ok fanden, während Ben nur mit der Schulter zuckte, Cole angefressen grunzte und Dan angewidert das Gesicht verzog.
Wir saßen im Geschichtsuntericht, hörten aber nicht wirklich zu.

"Was ist eigentlich passiert, dass du Tessa so sehr hasst, Dan?", stellte Ben genau die Frage, die mir schon die gesamte Zeit im Kopf herumschwirrte.

Dan verzog das Gesicht. "Nichts, ich mag es einfach nicht wie sie immer glaubt, dass das was sie sagt automatisch richtig ist."

Ich zog eine Augenbraue hoch. Es war klar,  dass mehr dahinter steckte, er es aber nicht erzählen wollte. Aber da es unter uns Jungs ein unausgesprochenes Gesetz war, niemanden zu zwingen etwas zu erzählen, wenn dieser es nicht wollte, hielt ich die Klappe.
Auf meinen zweifelnden Blick hin zu Ben zuckte dieser einfach die Schultern und kritzelte etwas auf den Block vor ihm.

Was Tessa betraf benahm sich Dan echt komisch, aber er würde schon seine Gründe haben.

Den Rest der Stunde unterhielten wir uns noch über alles Mögliche. Cole war schon ganz wild auf die Party am Samstag und um ehrlich zu sein freute ich mich auch auf die Gelegenheit, mal wieder einfach los zu lassen und mich etwas zu vergnügen. Allerdings würde ich mich nicht volllaufen lassen können, wenn Ciara mit kam. Sie in einer Horde betrunkener Jungs allein zu lassen wäre nach den kürzlichen Ereignissen nicht das schlauste. Aber vielleicht wollte sie ja auch gar nicht mit.

Da wir nach Geschichte nur noch eine Doppeltstunde Sport hatten verging der Schultag relativ schnell. Jeder von uns hatte am Sportunterricht Spaß, denn im Gegensatz zu den Lahmärschen von restlichen Jungs in unserer Klasse, waren wir gut. Und mit gut meinte ich, dass wir alle anderen fertig machten. Nervend waren nur die Mädels die an uns hingen, als würden wir sie vor irgendeiner Bestie beschützen. Schränkte irgendwie die Bewegungsfreiheit ein, wenn an jeder Seite eine 50 kg schwere Puppe hängt.

Etwas später nach dem Klingeln, traten wir auf den Parkplatz und ich hielt nach Ciara Ausschau, da sie eigentlich parallel zu uns aus hatte.

Doch anstatt meine kleine Schwester zu finden sah ich eine vor Wut qualmende Tessa. Und ich brauchte nur eine Sekunde, um zu verstehen, weshalb sie kurz vorm Ausflippen stand.

Sie stand vor ihrem Mini, den ich beinahe nicht mehr erkannt hätte, vor lauter Eiern und Klopapier, die auf dem ganzen Wagen verteilt waren.

Tessa schien selbst erst gerade dort angekommen zu sein, denn erst jetzt zog sie einen Zettel unter dem Scheibenwischer hervor und faltete ihn schnell auseinander.
Nach der Dauer bis zu ihrer Reaktion, las sie den  Brief wohl mehrere Male, doch als sie dann den Zettel sinken ließ, sah ich sogar auf diese Entfernung die Mordlust in ihren Augen.

"Oh Scheiße! "

Ich machte die Jungs auf Tessa aufmerksam, die sich gerade einen Weg durch die Menge an Schülern schlug, die sich um ihr Auto versammelt hatten.
Ich musste nicht lange suchen, bis ich die Person fand, auf die sie zusteuerte.

Stefanie. 

Das konnte nur schlecht ausgehen...

Ich weiß, das Kapitel ist nicht gerade das Beste aber wenigstens wisst ihr jetzt endlich  mal, was bei Dyans Familie schiefläuft :D

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