Kapitel 37

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Kurz vor 16 Uhr betrat ich das kleine Eiscafé Giondo. Genauso wie das Dinnertime war das kleine, gemütliche Café ein beliebter Treffpunkt und entsprechend voll war es bereits an dem milden Nachmittag.

Suchend sah ich mich um, ob ich in den Massen von schwatzenden Studenten, Geschäftsmännern und Jugendlichen Ciaras Gesicht entdecken konnte. Eine leise kleine Stimme in mir befürchtete noch immer, dass sie nicht auftauchen würde.
Enttäuscht sakten meine Schultern nach unten, als ich sie an keinem der Tische entdecken konnte. Aber vielleicht verspätete sie sich ja auch einfach nur?

Nochmals musterte ich den Raum, diesesmal jedoch auf einen freien Tisch und tatsächlich, in der hintersten Ecke, machte ich einen leeren Platz aus.

Um nicht länger dumm am Eingang herumzustehen lief ich Slalom um die in Gespräche vertieften Grüppchen und gelangte schließlich in das kleine stille Eckchen. Gemütlich fletzte ich mich in den weichen Sessel und stieß einen wohligen Seufzer aus. Wieso benutze die Schule das Geld meines Vaters nicht für so nützliche Anschaffungen, wie gepolsterte Sessel in den Klassenräumen?

Damit es die Schüler noch bequemer haben, zum Schlafen im Unterricht?, meldete sich meine innere Stimme ironisch.

Ja! Immerhin zwangen sie Jugendliche frühzeitig ihr Bett zu verlassen, da konnte man ihnen doch wenigstens diesen Luxus gönnen!

Ich tippte ungeduldig mit dem Fuß. Hoffentlich kam Ciara wirklich und ich verschwendete meine Zeit nicht nur. Es kam viel zu selten vor, dass ich mal einen freien Nachmittag hatte und diese wollte ich dann auch bis zur letzten Sekunde auskosten.

Indem du dich in dein Bett kuschelst und dir eine Serie nach der anderen reinziehst?

Also das stimmt so nicht ganz! Ich hatte auch etwas trainiert und, ich konnte es selbst kaum fassen, meine Hausaufgaben gemacht!

Na das grenzt ja wirklich an einem Weltwunder...

Ich war halt nicht so fleißig wie diese hochnäsigen Studenten, die mit ihren Kaffeetassen und Notebooks hier im Giondo saßen, sich mit diesem schau-her-ich-bin-gebildet-Ausdruck unterhielten und glaubten ihnen würde die Welt zu Füßen liegen.
Ich unterdrückte ein Prusten, als tatsächlich einer dieser hochgebildeten Besserwisser genau in meinem Blickfeld saß.

Die Beine übereinander geschlagen, fiel er unter den anderen Normalos seiner Gruppe auf und die unterdrückten genervten Augenroller waren in den Gesichtern der anderen deutlich zu lesen.
Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie er mit Fachwörtern um sich schmiss, während sich der schnuckelige Braunhaarige neben ihm nur dachte: 'Alter ich habe nur gefragt ob der Kuchen hier gut ist!'

Ein schiefes Lächeln legte sich über mein Gesicht und ich beobachtete die armen Gestraften, wie sie weiter freundlich Lächelten, während sie ein stummes Blickgespräch führten, wer von ihnen die perfekte Ausrede hatte um abzuhauen.

Als die kleine Glocke über der Tür klingelte, war glaube ich ein Mädchen zu dem Entschluss gekommen, sich ohnmächtig zu stellen, nur um weg zu kommen.
Enttäuscht musste ich feststellen, dass es nur ein buckeliger Mann war, der, eingemummt in einem Mantel, das Café sich im Raum umsah, als ich mich zur Tür umdrehte.
Ich wollte schon desinteressiert mich wieder der Studenten-Comedyshow zuwenden, als ich aus den Augenwinkel mitbekam, wie der unheimliche Mann sich in meine Richtung bewegte.

Verwirrt starrte ich ihm entgegen. Vielleicht wollte er ja zu jemandem an einem der Tische neben mir? Aber nach einem kurzen Blick auf die jungen Gesichter der Nachbartische und einen weiteren auf den gebückten kleinen Mann, stand fest, dass das eher unwahrscheinlich war.

Mit klopfendem Herzen musterte ich ihn genauer. Eine fette Sonnenbrille verbarg das halbe Gesicht und ein Krempenhut tat die restliche Arbeit, sodass man von dem Mann so gut wie nichts erkennen konnte.
Inzwischen hatte er meinen Tisch schon fast erreicht und ich wollte bereits zu der Frage ansetzen, wie ich helfen konnte, als mir plötzlich etwas ins Auge fiel.
Waren das lange Haare, die aus dem Hut hervorlugten?
Ja okay, Männer mit langen Haaren waren nicht ungewöhnlich, aber irgendwie... kam mir die Statur unter dem dicken Mantel etwas zu zierlich vor. Und diese Sonnenbrille kannte ich doch...

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