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Eine Klingel, die mich zurück in die Zeit brachte, wo man mich noch als anderen Menschen betrachten konnte. Dieser Ton, der mir jedes mal eine Gänsehaut bereitete, da ich so viele Erinnerungen damit verband.
Eine Diversität an Gedanken, die nur einem Tag zugeordnet werden konnten. Man mochte meinen, dass ich seit jenem Tag erwachsener geworden war. Dazu konnte ich nur eines sagen: Ja, das stimmt.

Das erste Date mit Ten löste so viel Neues in mir aus. Der aufbrausende Taeyong, der immer Stress hatte, keinen wirklichen Sinn in seiner Existenz sah, entwickelte sich zur Gelassenheit in Person.
So lernte ich damals auch den Kellner Yuta, ein guter Bekannter von Ten, kennen, der mir seine halbe Lebensgeschichte vorgaukelte, während die Zeit immer knapper wurde und mein Freund noch immer nicht durch diese Tür lief.

Ein Deja Vu, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte.
Wieder dieses Café mit der selben Bestellung, mit dem selben Sitzplatz, der selben Fliegenplage und Yuta, der sich durch die Biester kämpfte.
Auch mein Freund fehlte wieder und ließ dabei besonders auf sich warten, hatte diesmal aber eine Ausrede.

,,Tut mir leid, falls ich später komme. Mama möchte unbedingt noch vorher mit mir shoppen gehen, aber ich beeile mich wirklich sehr."
Ich hatte sein Gesicht klar vor Augen, als ich mich an diese Worte zurückerinnerte. Er, noch eingekleidet in seiner Schuluniform, mit dem typischen, breiten Lächeln auf den schmallen Lippen.

,,Hier, deine Bestellung."
Einen Unterschied fand ich dann doch zu damals. Seltsam, dass es mir erst jetzt aufgefallen war, obwohl es so offensichtlich schien.
Ganz Korea war abgekühlt nach der schrecklichen Hitzewelle des Sommers.
Der Herbst rückte mit kleinen Schritten näher und man konnte von Glück sprechen, dass mir diesmal nicht diese ätzende Sonne ins Gesicht strahlte.
Den Sommer werde ich keinen Stück vermissen. Sowas mag ich mir echt nie wieder antun müssen.

Yuta hatte gegenüber von mir Platz genommen und seine Beine unterm Tisch verschränkt. Der perfekte Start zum Smalltalk.

,,Ich finde es echt stark, dass ihr so zu eurer Beziehung steht", lobte mich der Kellner und säuberte dabei seine Hände mit seiner rot - schwarz gestreiften Schürze, da er soeben mit seiner Hand eine ganze Fliege erlegen konnte, die sich ihren Weg zu meiner Porzellantasse bannte.
Vor Ekel erschauderte ich.

,,Yuta. Wie es scheint, arbeitest du noch immer alleine? Was ist denn mit dem Mädchen?"

Leises zungenschnalzen, als er sich zurücklehnte und seine Worte zusammensammelte, um sie in eine richtige Reihenfolge zu bringen.

,,Der Versteckspieler hatte es auf sie abgesehen."

,,Der Versteckspieler?"

Sogleich schaffte er es, meine Interesse bei sich zu haben, da ich nicht ganz verstand, über was er da sprach.  So sehr hing ich an dem Inhalt seines Satzes, dass ich gar nicht bemerkte, wie ihm die Tränen in die Augen stießen.

,,Sie haben ihre Leiche gefunden. Völlig misshandelt, im Teich eines älteren Paares. Ist das nicht krank?"

Aus Reflex griff ich nach einem Taschentuch aus meiner Hosentasche, als Yuta zu schniefen begann.
Ein ,,Danke" presste sich durch seine zittrigen Lippen.

,,Also... Nochmal von vorne. Sie wurde ermordet von jemandem, der ,Versteckspieler' genannt wird?"

Ein Nicken.
,,Er habe schon mehrere Menschen entführt und an unbekannte Orte verschleppt, dort wird sonst was mit denen angestellt und dann einfach weggeschmissen, wie toter Fisch."

,,Ist er denn-"

Ich brauchte meine Worte gar nicht aussprechen, da mir eine Stimme meine Frage beantworten konnte, ohne sie zu Ende gehört zu haben.

,,Er ist auf freiem Fuß, also sollten wir gut Acht geben, mit was für Leuten wir in Seoul abhängen. Sonst werden wir noch zum Opfer."

Der Versteckspieler  | TaetenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt