15

31 7 2
                                    

Die letzte Woche war ziemlich hart für mich, ich hatte jeden Tag zu kämpfen und war vollkommen fertig. Fertig mit diesen scheiß Gefühlen und mit diesem Scheißkerl. Mittlerweile war es Freitag und ich wusste, heute wäre unser erstes offizielles Date gewesen. Fuck... Der Schmerz in meiner Brust war jetzt besonders schwerwiegend und ich hatte das Gefühl es würde mich erdrücken. Schon als ich aufstand merkte ich, dass heute etwas schiefgehen würde, doch was sollte ich schon dagegen tun? Im Bett liegen bleiben?
Also schmiss ich meine Decke von meinen Beinen und schwang mich aus dem Bett. Ich hatte mir sogar schon überlegt, was ich anziehen wollte. Aber das konnte ich mir ja jetzt sparen. Ich suchte mir irgendwas unauffälliges aus dem Schrank und zog mich um. Die ganze Zeit schwang ein negatives Gefühl mit und ich hatte das ungute Gefühl, dass heute ein ganz schlechter Tag werden würde. Sehr schlecht. Ich hatte das Gefühl heute würde ich den Tag nicht überstehen. Und ich wusste, dass ich es nicht sollte und die Tabletten nach einer Episode einnehmen sollte, doch die Panik ging mit mir durch. Vorsichtig öffnete ich die Schreibtischschublade und nahm die kleine Schachten heraus. Schnell warf ich zwei Tabletten ein und schluckte sie einfach runter. Die Tabletten waren gegen Stimmungsabfall und gegen Panikatacken, die ich nach dem Tod meiner Mutter andauernd hatte. Und damit meinte ich andauernd. Der Arzt hatte mir gesagt, solle das noch einmal vorkommen sollte ich die Tablette nehmen und anschließend zum nächsten Krankenhaus oder Arzt fahren. Zu meiner Sicherheit.
Wie sich die Tabletten auswirkten bevor ich einen Anfall bekam wusste ich nicht. Das sahen wir in den nächsten Stunden. Zur Sicherheit packte ich die Schachten in meine Tasche und schminkte mich noch dezent, damit man meine Augenringe nicht sah. Ich war ziemlich zufrieden mit mir musste ich sagen. Die schwarze Jeans passte sehr gut und das langärmlige  Oberteil im dunklen Blau fand ich auch sehr passend. Am kragen knöpfte ich zwei Druckknöpfe auf und lächelte. Hoffentlich wurde der Tag gut.

Auf dem Weg zur Schule hörte ich möglichst laut Musik und wurde von gefühlt drei Autos fast angefahren. Ich wusste nicht wieso ich so leichtsinnig war, denn ich wusste genau, wie gefährlich das werden konnte. Doch das kümmerte mich nicht.
In der Schule angekommen stopfte ich meine Kopfhörer in meine Tasche und ging zu meiner Klasse. Mein Handy hatte ich immer in meiner hinteren Hosentasche bestens verstaut. So bemerkte ich auch, wenn es sich einer nehmen wollte. Die ersten paar Stunden verliefen vollkommen reibungslos, ich war gut drauf, die Tabletten hatten ihre Wirkung gezeigt und darüber war ich mehr als nur froh. In der Pause schlenderten Lucy und ich durch die Gegend und ich erklärte ihr, dass es mir endlich besser ging. Von der Begegnung mit Alicia hatte ich ihr nichts gesagt, sie würde nur Austin verteidigen. Und das meinte sie nur gut, aber das brauchte ich wirklich nicht.
"Das freut mich, Larissa", sagte Lucy ehrlich und nahm mich in den Arm, "Und wenn demnächst etwas ist, ruf mich auf meinem Haustelefon an, da lässt Mom mich mitleweile telefonieren"
"Uhh", kicherte ich, "Fortschritt nicht wahr?"
"Und wie"; sie stieg mit in mein Kichern ein und schaute mich nach einer Weile ernst an, "Wirklich alles in Ordnung? Du siehst nicht happy aus", sagte sie besorgt, "Du hast irgendwie so große Pupillen und glasige Augen"
Ich drehte mich schnell weg und nahm ihre Hand, "Komm, ich glaub es hat geklingelt."

Sie sprach von den Nebenwirkungen der Tabletten, sie waren nun mal verschreibungspflichtig und nicht so ohne, aber mit ihnen ging es mir besser, das hatte ich sofort gemerkt. Ich war nicht so oft traurig und hatte mich im Griff.

Meine letzte Stunde an diesem Tag war Religion, wir sprachen momentan von Gott. Das Thema lag mir ganz gut, ich mochte das eigentlich recht gerne. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, was in dieser Stunde passieren würde.
Wir sprachen über Gott, als die Lehrerin, Mrs. Jenkin, das Thema beendete und ein neues Anfing. Das Leben nach dem Tod.
Sofort wurde mir klar, dass heute absolut nichts gut laufen würde. Ich erstarrte, als die Diskussion anfing und verschiedene Leute verschiedene Meinungen kundgaben.
"Ich denke, dass es nichts nach dem Tod gibt. Es ist dann einfach vorbei, und die die tot sind, sind nun einmal für immer weg.", sagte einer.
Mir gefror das Blut in den Adern, ich versuchte mich abzulenken, doch bei dem Gedanken, dass Moms Seele nirgendwo war, dass es mit ihr einfach vorbei war, bekam ich einen Kloß im Hals. Der Kloß wurde größer und größer, als auch andere ihren Standpunkt beschrieben.
Wörter wie Fegefeuer, ewiges Nichts, ewige Qualen oder nichts fielen. Und diese Wörter gaben mir den Rest. Ich spürte wie ich Angst bekam, wie mein Herz anfing schneller zu schlagen, wie ich anfing zu zittern. Nein, nein, das konnte nicht wahr sein, bitte nicht. Ich wollte keine Panikatacke bekommen. Nicht jetzt, nicht hier. Keiner war in diesem Kurs, der mir hätte helfen können. Lucy war nicht da. Diese Erkenntnis versetzte mich in noch mehr Panik, und als der Schwindel und die Atemnot dazukam, war es vorbei. Ich sprang auf und schmiss so ausversehen meinen Stuhl um. Aufgrund des Krachs, verstummte Bryan, der bis gerade geredet hatte, doch das bekam ich kaum mit. Alles was ich brauchte war Luft, also quetschte ich mich an allen vorbei und rannte aus dem Schulgebäuden. Während ich lief, wurde mir schwindelig, ich spürte, dass ich in den nächsten Sekunden ohnmächtig werden würde. Mein Blut sackte mir in die Füße.
"Clarissa!", rief eine Frauenstimme, doch ich konnte sie nicht mehr zuordnen. Ich wusste, dass ich auf dem Pausenhof stand und frische Luft zu genüge da war, doch sie kam nur wenig in meinen Lungen an. Ich wurde panisch, hatte Angst und hörte gleich darauf das Summen in meinem Kopf, konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Und dann wurde alles schwarz und ich spürte noch wie ich fiel. Und dann war ich weg.

Not gonna CryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt