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Die Nächte schlief ich nicht sehr gut, immer kamen Schwestern, die die Verbände wechselten, meine Werte überprüften und mir Fragen stellten. Schließlich hatte ich eine schwere Gehirnerschütterung, die Ärzte hatten noch keine Medizinische Erklärung für meine Ohnmacht, aber ich hatte es ihnen schon beschrieben. Sie wussten auch, dass ich schon eine medizinische Vergangenheit hatte, doch laut ihnen, gab es da noch einen anderen Grund. Einige der Symptome passten scheinbar nicht auf eine Panikattacke, deswegen wollten sie noch die Bluttests abwarten. Und ich musste solange da bleiben bis die Diagnose feststand.
Seit zwei Tagen war ich schon im Krankenhaus, Austin und ich hatten uns seit der Einlieferung nicht mehr gesehen und ich vermisste ihn ziemlich doll. Dafür war aber Lucy gestern den ganzen Tag da, wir hatten uns in mein Krankenbett gekuschelt, haben miteinander gequatscht und gelacht. Sie wollte heute wieder kommen und mir Gesellschaft leisten. Das war der Lichtpunkt meines grauen Tages. Seit ich im Krankenhaus war, schlief ich die meiste Zeit, was anderes hatte ich nichts zu tun. Gestern Nacht hatte ich in der Nacht einen kleinen Anfall und hatte Sauerstoffprobleme. Seitdem bekam ich durch einen Schlauch an der Nase Sauerstoff, den konnte ich notfalls allerdings rausmachen.
Den ganzen Vormittag über saß ich in meinem Zimmer und las mein neues Lieblingsbuch, dabei hörte ich Musik. Und irgendwann war ich eingeschlafen.

Ich wachte auf, als ich spürte wie die Matratze einsank. Erschrocken setzte ich mich auf und sah in Austins wunderschöne Augen. Sie waren unfassbar schön. Ich atmete erstmal tief durch bevor ich ihn anlächeln konnte.
"Du hast mich erschreckt", sagte ich leise und nahm seine Hand in meine. Ich bekam immer noch Infusionen und Schmerzmittel durch den Zugang, doch momentan war der Zugang nicht verbunden.
"Tut mir leid", antwortete er und küsste kurz meine Hand, "Wie geht es dir?"
"Ganz gut", sagte ich und lächelte müde, "Und dir?"
Vorsichtig stellte ich die Rückenlehne meines Bettes hoch und konnte so relativ aufrecht sitzen.
"Mir geht es gut", sagte Austin und lächelte, "Gibt es was neues?"
Ich nickte leicht, "Sie sind sich sicher, dass ich eine Panikattacke hatte, aber dass da noch mehr war. Aber dafür müssen wir die Bluttests abwarten. Und meine Platzwunde wurde nochmal untersucht, ist alles prima"
"Was ist das denn?", fragte er mich und deutete auf den Schlauch an meiner Nase.
"Das ist eine , ich zitiere 'Sauerstoff Nasenbrille'", ich kicherte, "Das ist damit ich besser Luft bekomme. Nichts wildes"
Er schien besorgt, "Wieso brauchst du das?"
"Ich hab  letzte Nacht nicht so gut Luft bekommen", erklärte ich. Ich hatte wieder eine leichte Panikattacke bekommen. Eine Schwester hatte gerade verschiedene Fragen gestellt um eine Amnesie ausschließen zu können, als eine andere Schwester hereinkam. Es gab einen Autounfall, eine 43 jährige Frau befand sich im Koma, Schwester Annika solle sich darum kümmern. Kurze Zeit später hörte ich, dass sie eine sechzehn Jährige Tochter hatte. In dem Moment kam wieder alles hoch und ich hatte noch eine leichte Panikattacke gehabt. Die Schwestern haben mir sofort neue Medikamente gegeben und mir das Atmen so erleichtert. Dieses Mal hatte ich nicht das Gefühl ich würde ohnmächtig werden, dafür war die Atemnot viel schlimmer geworden. Ich konnte kaum atmen, hatte Schmerzen in der Brust und starkes Herzrasen. Da mein Herzschlag überwacht wurde, kamen sofort Schwestern und ein Arzt.
"Hattest du wieder eine Panikattacke?", fragte er nach und nahm meine Hand fester in seine. Ich nickte leicht. Er runzelte die Stirn und seufzte, "Hattest du das schon öfter?"
"Ja, nach dem Tod von Mom, aber ich hatte über ein viertel Jahr keine Attacke mehr.", erklärte ich ihm, "Gibt es sonst was neues?"
Austin schüttelte den Kopf, "Meine Mom kommt mit gleich abholen, sie wollte kurz nach dir sehen."
Verblüfft schaute ich ihn an, "Nein, ich seh total scheiße aus", widersprach ich ihm doch ich hatte keine Chance.
"Sie hat es schon beschlossen, außerdem siehst du immer gut aus", sagte er grinsend und küsste wieder meine Hand.
"Na schön", sagte ich und rutschte etwas zur Seite, "Komm her" Ich klopfte auf den freien platz neben mir und sah ihn auffordernd an. Vorsichtig zog er seine Schuhe aus und legte sich dann behutsam neben mich.
"Und jetzt erzähl mir, was da am See war", sagte ich leise. Eigentlich wollte ich es nicht wissen, ich hatte Angst, dass ich doch richtig gehandelt hatte und jetzt wieder verletzt werden würde.
"Also", Austin holte tief Luft bevor er anfing mir alles zu erzählen, "Zunächst möchte ich dir sagen, dass das vollkommen falsch rüber kam. Ich möchte auf gar keinen Fall, dass du dich irgendwie bedrängt von mir fühlst. Das kam ziemlich scheiße für dich rüber, oder?"
Ich nickte leicht, "Ich hab dir da ja gesagt, dass wenn du nur das Eine willst, du dein Glück nicht bei mir versuchen brauchst. Und es kam so rüber als wäre das irgendwie nicht bei dir angekommen, beziehungsweise als wäre es dir egal."
"Das stimmt so nicht, wirklich nicht. Ich weiß, dass du zu gut bist um so ein Mädchen zu sein. Wenn du mir noch eine Chance gibst, gebe ich dir so viel Zeit wie du brauchst."
"Wieso kamst du überhaupt auf den Gedanken mich so etwas zu fragen?", fragte ich und drehte mich leicht auf die Seite um ihn besser ansehen zu können.
"Ich weiß nicht. Ich fand nur den Gedanken von uns beiden im Wasser so schön, um ehrlich zu sein. Und du sahst an dem Tag so atemberaubend gut aus."
Ich grinste ihn an. Er dachte, ich sah atemberaubend aus. Vorsichtig legte er seine Hand auf meine und streichelte sie sanft. Die Berührung sand Gänsehaut über meinen Körper. In meinem Bauch flogen die Schmetterlinge und ich musste breiter grinsen.
"Vielleicht kannst du das nicht verstehen, aber das alles ist Absolutes Neuland. Ich bin zwar erfahren was das körperliche angeht, aber ich habe keinen Schimmer wie man eine Beziehung führt, in der der Partner nicht so erfahren ist. Ich meine es ernst, sehr ernst mit dir. Aber ich weiß nicht, wie weit für dich okay ist.  Dabei musst du mir helfen, okay?"
"Okay", flüsterte ich und lächelte. Ich wusste, dass mit Austin zusammen zu sein ein großer Schritt für mich war, doch er war für mich da, auch jetzt. Und das fand ich unfassbar süß.
"Eine Frage noch", ergänzte ich leise und legte meine Hand vorsichtig an seine Brust, "Hattest du mal etwas mit Sammy?"
Überrascht sah er mich an, dann schwiegen wir beide für einen Moment. Er seufzte, "Ja, das hatte ich. Wieso fragst du?"
Ich spürte einen Stich in meinem Herzen, doch ich riss mich zusammen.
"Ehm", ich zögerte, "Sie hat mich auf der Mädchentoilette angesprochen, an dem Tag nach unserem Streit."
Verwirrt schaute er mich an, vermutlich wusste er nicht mal ansatzweise was sie erzählt hatte.
"Und was hat sie gesagt?", fragte er neugierig und streichelte sanft meine Hand.
"Sie hat gesagt, dass du mit jedem Mädchen an den Platz gefahren bist und du sie zum... naja, also zum Nacktbaden überredet hast, und dann angeblich wieder fallen gelassen hast", ich wurde immer leiser beim Sprechen. Jetzt wo ich darüber nachdachte, war es totaler Quatsch.
"Das stimmt nicht", sagte er entrüstet und setzte sich leicht auf, "Ich habe noch nie jemanden dorthin mitgenommen. Nur dich."
"Und woher weiß sie was vorgefallen ist?", fragte ich ihn und sah hoch zu ihm.
"Ich habe es Benny erzählt, ich denke sie hat es mitbekommen", erklärte er und seufzte, "Sie ist nicht über die Trennung hinweg und dabei waren wir nicht mal zusammen. Wir haben auf einer Party rumgemacht und hatten etwas miteinander, aber nur eine Nacht. Seitdem klammert sie sich vollkommen fest und versucht alles, damit ich ihr eine Chance gebe."
Ich lächelte ihn an, er scheint ziemlich genervt von diesem Mädchen zu sein und irgendwie gab mir das eine gewisse Befriedigung. Austin lächelte zurück und legte sich wieder neben mich.
"Gibst du ihr eine Chance?", ich grinste und kuschelte mich näher an ihn. Diese Nähe war unfassbar schön, ich liebte es jetzt schon mit ihm zu kuscheln, ihm nahe zu sein.
"Natürlich nicht", sagte er lachend und zog mich näher an sich. Ich grinste und kuschelte mich an seine Seite und legte meine Hand um seinen Bauch.
"Ist jetzt alles wieder gut?", fragte er lächelnd und küsste meinen Haaransatz. Ich grinste in mich herein und nickte. Ich war verliebt ganz eindeutig, ganz eindeutig war ich das. Und jetzt lag ich an ihn rangekuschelt und setzte mich leicht auf um ihn anzusehen. Vorsichtig und nervös legte ich meine Hände an seine Schultern und beugte mich näher zu ihm. Austin lächelte mich mit seinem strahlenden Lächeln an bevor er leicht seine Hände an meine Wange legte und schlussendlich seine Lippen auf meine legte. Sofort fing mein Bauch an zu zittern und ich spürte die Schmetterlinge in meinem Bauch. Mein Herz pochte in meiner Brust und ich lächelte in den Kuss hinein. Plötzlich fing das Gerät neben meinem Bett an laut zu piepsen, sodass wir auseinander fuhren. Erschrocken setzte ich mich auf und sah Austin an, der ebenfalls ziemlich geschockt zu sein schien.
"Was ist das denn?", fragte er und schien ein bisschen besorgt und gleichzeitig belustigt auf. Ich musste peinlich berührt grinsen, das war die Maschine, die meine Herzschläge überwachte. Einige Sekunden später kam auch schon meine Lieblingskrankenschwester in den Raum, als sie mich und Austin zusammen im Bett liegen sah grinste sie.
"Alles gut bei dir?", fragte sie lachend und ging zum Monitor um den Piepston auszustellen.
"Ja, alles gut, danke", sagte ich und lächelte peinlich berührt. Ich saß aufrecht im Bett und meine Hände lagen gefaltet in meinem Schoß.
"Und wer ist das da neben dir?", fragte mich Schwester Annika und grinste vielsagend. Ich spürte sofort wie meine Wangen erröteten. Wie peinlich.
"Austin", sagte ich leise und spielte mit meinen Händen rum.
"Dein Freund?", fragte Annika wieder und hing eine neue Infusion an den hohen Ständer, "Gib mir deine Hand"
Seufzend reichte ich ihr die Hand und vermied es auf ihre Frage zu antworten. Annika grinste jedoch nur vielsagend und verband die Infusion mit dem Zugang in meiner Hand.
"Du trinkst zu wenig", sagte Annika, "Wenn du weiterhin so wenig trinkst, dann muss ich dir immer wieder die Infusionen legen, also fang endlich an. Vielleicht kannst du sie ja dazu bringen."
Ich seufzte und verdrehte die Augen, was konnte ich denn dafür, wenn die hier nur ekelhaftes Sprudelwasser hatten? Granny brachte mir immer etwas von Zuhause mit, meinen geliebten Eistee, doch den hatte ich bereits mit Lucy gestern ausgetrunken.
Annika verabschiedete sich lachend aber erst nachdem sie nochmal darauf hinwies, dass wir ruhig machen sollten, sonst müsste sie ständig kommen um das Gerät abzustellen. Das fanden sowohl Austin und ich ziemlich lustig und sobald sie weg war, fingen wir haltlos an zu kichern.
als wir uns wieder beruhigt haben, lächelte Austin mich breit an, "Was willst du trinken? Ich hol dir was aus der Cafetaria", schlug er vor.
"Das musst du nicht Au-", wollte ich ihm widersprechen, doch er ließ mich nicht ausreden, "Keine Wiederrede Madame, wenn du kein Wasser trinken willst, was dann?"
Geschlagen lächelte ich ihn an und fragte ob er mit Eistee bringen könne. Er bejahte dies lachend und machte sich dann auf den Weg. Vorher versprach er mir aber noch, dass er in Kürze zurück kehren würde. Und darauf freute ich mich bereits wie ein kleines Kind.
In der Zeit in der er weg war, setzte ich mich vorsichtig auf und ließ die letzte Stunde nocheinmal Revue passieren. Waren wir nun Paar? Ein richtig, offizielles Paar?
Sein Kuss, seine Berührungen, seine Worte, sie alle hatten sich in meinem Gedächtnis eingebrannt. Ich lächelte dumm vor mich hin und kuschelte mich in mein Bett. Lucy wollte heute noch kommen, ich fragte mich, wann sie wohl da sein würde. Und ich würde heute Austins Mom kennen lernen, ich war wirklich nervös, wenn ich so drüber nachdachte. Eigentlich sollte ich seine Eltern am freitag kennen lernen, doch da waren ja mehrere Dinge dazwischen gekommen. Seufzend schloss ich meine Augen, ich wollte so schnell wie möglich wieder raus.
Doch was konnte ich schon großartiges machen? Sie wussten nicht, was ich hatte und bevor das herausgefunden war, wollten sie mich nur ungern gehen lassen. Aber heute würde ich schließlich endlich die Bluttestergebnisse bekommen, vielleicht war das aufschlussreicher.
Ich hoffte es einfach nur.
Auf einmal wurde mit Schwung die Tür aufgerissen, es war Lucy, die hereinspaziert kam.
"Wie gehts dir, Clarissa?", fragte sie besorgt und zog sich, so wie Austin vor kurzer Zeit, die Schuhe aus und krabbelte zu mir ins Bett.
"Besser, aber ich hab zur Sicherheit jetzt unterstützung beim Atmen", erklärte ich und deutete auf den Schlauch an meiner Nase.
"Das sieht so aus, als würdest du bald sterben", Lucy verzog das Gesicht, "Tut dein Kopf noch weh?"
Ich nickte, "Leider. Aber das ist nicht so wichtig"
"Was dann?", entgegnete Lucy und grinste aufgeregt.
"Austin ist da", ich lächelte sie begeistert an, "Ich glaube wir sind jetzt zusammen."

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Hey Leute,

keine Ahnung wie das ist mit diesem Schlauch in der Nase und ob man so viele Infusionen braucht. Ich stelle mir das nur so vor, es kann gut sein, dass es komplett anders abläuft. Eigentlich war ich schon öfters im krankenhaus, aber da habe ich meist nicht so drauf geachtet und das war meist nach diversen OP's.

Ist Austins Geschichte glaubwürdig? Oder verarscht er sie einfach nur?
Was glaubt ihr ist der Grund für ihr Zusammenbrechen? Schreibt mir die Antworten in die Kommentare ;)

Liebe euch

Hannah

Not gonna CryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt