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Ich klopfe bei ihnen an und Thomek macht mir verwundert auf. Ich erkläre ihm dass ich einen verletzten Jungen im Wald gefunden habe. Er hat ein zertrümmertes Bein und benötigt Mauis Hilfe. Thomek nickt und Leo weckt ihr Kind. Die Kleine ist ganz verschlafen. Sie tut mir ein bisschen leid wie sie da aus dem Schlaf gerissen wird. Doch sie ist ganz tapfer und als sie hört dass es einen verletzten Jungen gibt fragt sie gar nicht wer es ist. Sie saust sofort los und holt ihre Kräuter. Dann gehen wir mit ihr wieder zu Jira. Maui redet sich schon in Trance. Sie kann besser heilen wenn sie entrückt ist. Weil sie noch so klein ist kann man sie gut tragen. Es wirkt oft als sei sie der Patient und nicht der Heiler aber sie ist sehr effektiv. Als wir bei dem kleinen ankommen liegt er auf dem OP Tisch und Jira hat das Bein ganz aufgeschnitten. Die Knochentrümmer hat er so weit es ging zusammengepuzzelt. Maui ist schon völlig in ihrer eigenen Welt. Sie spricht in Zungen und zuckt und ruckt. Dann fangen die Knochen an auf das kleine Mädchen zu reagieren. Sie verbinden sich miteinander und nach und nach wird aus dem Knochenbrei ein stabiles Schienbein und ein Wadenbein. Als das Werk vollbracht ist wacht Maui aus ihrer Trance auf. Sie öffnet ihre Augen und sie sagt Jira welche Kräuter er braucht um das Fleisch zu heilen. Jira hält sich an die Anweisungen des Kindes denn so gut wie er sich auch in Kräuterheilkunde auskennt, Maui hat nach einer Tranceerfahrung immer das Wissen der Götter. Jira sagt immer dass er wahnsinnig wäre sollte er nicht auf das Kind hören. Jira mischt den Kräuterbrei und man kann zusehen wie die Kräuter dafür sorgen dass die Werwolfbisse verschwinden. Anschliessend bleibt nur noch der saubere Schnitt den Jira zusammen legt damit er ihn vernähen kann. Maui legt ihre kleine Hand auf den aschblonden Jungen und mit Jira spricht sie den Segen der Göttin. Beide wissen dass der Junge kein Werwolf ist. Doch sie schenken ihm dennoch den Segen der Luna. Den Mondsegen der durch Jira fliesst wie ein Wasserfall. Der nachtschwarze Jira hat Kräfte die kaum eine andere Luna besitzt. Lunas sind meist am Vollmond geboren. Sie sind kräftig und stark um ihr Rudel zu beschützen. Jira ist eine Neumondluna. Wer an Neumond geboren ist ist schwach. Keine Mondkraft ist in so einem Wolf. Doch die Kräfte aus dem alten und dem neuen Zyklus vereinen sich in Jira. Er kann beide Zyklen nutzen um zu heilen. Für andere kann er so mächtige Heilzauber wirken dass er ein Segen ist. Zusammen mit der kleinen Maui ist unser Rudel weit hin berühmt und zu uns kommen eine ganze Menge Wölfe aus anderen Rudeln wenn ihre Heiler nicht mehr weiter wissen.
„Wer ist das?" fragt Jira nachdem er das Bein des Jungen einbandagiert hat. Ich sitze neben meinem Fund und zucke mit den Schultern. Ich wage es nicht es zu verraten weil noch Leo und Thomek mit ihrer Tochter anwesend sind. "Ich habe ihn verletzt im Wald gefunden." erkläre ich. Ich streichle unbewusst das weiche wollige Haar des kleinen Jungen. Jira lächelt mir zu und er nickt. "Er müsste gleich aufwachen. Ich fände es schön wenn du bei ihm bleibst." sagt er und dann bringt er Leo und Thomek mit ihrer schlafenden Tochter zur Tür um sie zu verabschieden. Maui bekommt für morgen eine Entschuldigung dass sie die ersten beiden Schulstunden verpasst. "Lasst sie schlafen. Sie hat sich heute mehr als verausgabt." erklärt er überflüssigerweise den Eltern. Leos Gesicht zeigt so gut wie keine Regung aber Thomek dankt Jira. Die Löwengesichter sind immer so starr. Sie haben so gut wie keine Mimik. Das hat mich schon als Kind immer unglaublich fasziniert. Wahrscheinlich bin ich darum auch der beste Freund von Lenny und Suhal. Lenny und Suhal sind ein echtes Löwenpaar in unserem Rudel. Sie sind zwar erst so alt wie ich aber sie haben schon Kinder. Löwen werden nämlich ziemlich jung verheiratet. Lenny und Suhal haben schon mit zwölf geheiratet und Suhal ist mit zu uns gekommen als Lennys Rudel vom Mantikor gerissen wurde. Suhal hätte nicht zurück in ihr eigenes Rudel gekonnt. Selbst wenn sie gewollt hätte. Das ist bei uns anders. Zum Glück. Also nur bei Ghrian. Ich weiss dass andere Rudel ziemlich schäbig mit ihren Kindern umgehen. Bei uns werden immer mal wieder Waisenkinder abgegeben. Ghrian nimmt sie alle auf. Ghrian ist eh toll. Wenn ich mal heiraten muss dann würde ich eine Frau wie Ghrian haben wollen. Okay, nicht zwingend optisch. Ghrian ist nämlich ein gutes Stück grösser als ich, aber zumindest charakterlich. Ich würde mir so eine liebevolle Frau an meiner Seite gut vorstellen können. Normalerweise stehen Werwölfe ja eher auf gut aussehende Frauen oder unterwürfige Frauen. Halt was so üblich ist bei Wölfen. Weil die meisten Wölfe ausser einigen aus unserem Rudel das genau so sehen gehe ich nicht ganz so gerne in die Schule. Wir werden da nämlich ausgelacht und als Sonderlinge behandelt. Nur weil wir nicht auf Muskeln stehen sondern auf Hirn! Und das obwohl sowohl Lenny als auch Suhal als auch ich eine ganze Menge Muskeln haben. Das ist wahrscheinlich auch der Grund weswegen sich die wenigsten trauen uns körperlich zu drangsalieren. Doch wir werden immer wie Aussätzige behandelt. Ich bin froh wenn die Schule nächsten  Sommer vorbei ist! Ich weiss noch nicht was ich dann werden will aber bestimmt lerne ich nix wo ich noch mit den anderen Werwölfen in meinem Alter hin muss. Ich hoffe nur dass keiner von denen mein Mate wird! Urgh! Alleine schon bei dem Gedanken muss ich würgen. Und wenn ich mir vorstelle dass so eine unterwürfige Wölfin meine Mate wird dann fände ich das ziemlich schrecklich. Alleine schon weil sie es ganz bestimmt voll scheisse finden wird wenn der Freak der Schule plötzlich an ihrer Seite ist. Ich freue mich zwar auf meinen achzehnten Geburtstag aber ich hab ein bisschen Schiss davor wer mein Mate wird. Jira versucht mich immer zu trösten und sagt mir dass ich meinen Mate ganz bestimmt ganz toll finden werde und sie (oder er) mich. Ich bin gespannt und habe Angst. Jira hat gut Reden. Er hat ja seine Mate schon. Und er hat die allerallerbeste abbekommen. Das weiss Jira auch und er grinst immer ganz süss wenn ich ihm das sage. Er bekommt dann rosa Ohren und schaut verschämt zu Boden. Jira liebt seine Ghrian sehr und Ghrian ist unglaublich in Jira vernarrt. Sie sind nun schon so lange zusammen und trotzdem schauen sie sich noch verliebt in die Augen, streicheln sich gegenseitig und küssen sich sanft. Sie haben inzwischen vier leibliche Kinder und die sind alle richtig kräftige Alpha und Beta. Sogar ihr Mädchen. Doch die Omega die sie zusätzlich zu ihren leiblichen Kindern aufziehen lieben die beiden nicht minder. Die meisten Waisen wissen gar nicht dass sie angenommen sind. Ghrian und Jira ist das nicht wichtig. Jedes Kind das bei ihnen lebt wird gleich herzlich geliebt. Das durfte ich ja als aller erster erfahren. Auch wenn ich Jira eher als meinen Bruder sehe als als meinen Vater. Ghrian ist aber auf alle Fälle meine Mama.

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