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Krolik ist mit uns nach Hause gekommen. Jira hat ihn schliesslich dazu überredet. Ziemlich brutal wenn ich ehrlich bin. Er hat Krolik gesagt dass wir jetzt gehen werden und wenn er gerne alleine im Wald das Überleben erlernen wollte dann kann er zurück bleiben und sich gegen die Fressfeinde wehren. Wenn er lieber beschützt werden will dann soll er sich zusammen reissen und aufstehen und mit kommen. Krolik hat Jira angestarrt als würde er ihm glauben dass Jira ihn alleine im Wald zurück lassen würde. Ich kenne meinen Luna. Der würde es nie übers Herz bringen und schon gar nicht so ein niedliches Kaninchen. Doch es ist schon praktisch dass Krolik aufgestanden ist und uns gefolgt ist. Ich hätte ihn natürlich auch wieder getragen. Doch ich glaube dass wir schneller voran kommen wenn er läuft. Ich habe ihn an der Hand genommen weil ich nicht weiss ob er im dunkeln so gut sehen kann wie ich. Er ist ein paar mal bös über Wurzeln gestolpert und ich konnte ihn auffangen. Wir sind ganz spät zu Hause angekommen und wir sind so leise wie wir konnten in die Hütte geschlichen. Ich habe mich mit Krolik wieder zwischen unsere Welpen gelegt und die haben sich sofort an uns gekuschelt. Das war so was von klar! Egal. Ich würde gerne Krolik fragen was ihn so entsetzt hat dass er weg gerannt ist aber er tut so als würde er schon schlafen. Er hat die Augen fest zu und reagiert nicht auf meine Frage. Ich weiss aber dass er noch nicht schläft weil seine Atmung noch nicht gleichmässig und tief ist. Kroliks Gesicht wird vom Mond beschienen und ich bemerke dass ihm eine Träne über die Wange fliesst. Gerade als ich die Hand hebe um sie ihm weg zu wischen kommt die nächste und die nächste. Krolik weint stumm. Ich glaube er will nicht dass ich es mitbekomme, oder? Unsicher lasse ich meine Hand über ihm schweben. Soll ich ihn berühren oder ihn besser in Ruhe lassen? Ich mein, wenn es mir schlecht geht dann liebe ich es wenn mich jemand in den Arm nimmt. Ich bin einfach ein Rudeltier und ich mag es im Kontakt zu meiner Familie zu sein. Krolik ist doch auch ein Rudeltier? Ich beschliesse ihn zu umarmen. Wenn er es nicht mag kann er es ja sagen. Ich lege also meine Hand ganz sanft auf seine Seite und streichle ihn ein bisschen. Krolik weint nun etwas geräuschvoller und rückt an mich heran damit ich ihn richtig in meine Arme schliessen kann. Gut! Dann hab ich zum glück doch richtig gedacht und ich kann meinen Kleinen nun wenigstens etwas Trost spenden. Auch wenn ich, bzw. mein Rudel wahrscheinlich erst der Auslöser für seinen Kummer bin. Das Bild das er gemalt hat spukt mir immer noch in meinem Kopf herum. Wieso glaubt er dass ich ihm sein Herz aus seinem Leib reissen könnte?  Ich mein, ich mag ihn doch sehr und ich würde ihn nie verletzen wollen. Wieso glaubt er das von uns?
Ich muss eingeschlafen sein denn ich wache am nächsten Morgen auf weil Jira mich unbarmherzig weckt. Wir müssen in die Schule. Ich gähne und merke dass ich viel zu müde bin um heute gut gelaunt in den Tag zu starten. Krolik ist schon auf und er hat Jira geholfen das Frühstück zuzubereiten. Müde strubbel ich mir durch meine Haare und überlege ob ich heute das Duschen ausfallen lassen soll um mich noch einmal für fünf Minuten umzudrehen. Doch leider mag ich mich gerade selbst nicht riechen. Ich trotte also ins Bad und mache das Wasser schön warm. Bloss nicht die Augen auf machen! Ich geniesse das warme Wasser, leider macht es nicht wach. Lenny und Suhal lachen mich aus als sie mein verpenntes Gesicht sehen. "Was hast du denn heute nacht getrieben dass du so k.o. bist?" lacht Lenny. Ich zucke die Schultern und Krolik gibt ganz leise und fürchterlich schuldbewusst zu: "Er hat mich gesucht. Ich bin weg gelaufen." Ich nicke stolz und sage etwas fröhlicher: "Seht ihr, es hat sich also gelohnt dass ich heute den ganzen Tag müde sein werde." Krolik schaut mich unsicher an und ich lege meinen Arm um ihn. "Und wenn ich die ganze Nacht aufbleiben müsste um dich zu suchen, ich würde es immer und immer wieder tun." Nun wird Krolik rot und er schaut verschämt weg. Doch dann schaut er mich an und sein Blick haut mich einfach um. Er schaut mich so vertrauenvoll und irgendwie mit ganz viel Liebe an dass ich schlucken muss. Ich kann mich kaum von seinen hübschen Kulleraugen trennen. Erst als Lenny sich räuspert trenne ich unseren Blick und schaue dort hin wo hin Lennys Kopf nickt. Rene und Philippe stehen am Schuleingang und sie sind in Begleitung von Jess und Luz. Die beiden Alpha scheinen es ernst zu meinen. Sie stehen da eng umschlungen und lassen den Spott und die Schande der anderen Schüler über sich ergehen. Ich nehme Krolik an der Hand und wir gehen raschen Schrittes auf die Schülerschar zu. Ich halte Krolik lieber fest, nicht dass noch jemand auf die Idee kommt meinem Kaninchen ein Haar zu krümmen. "Was ist denn hier los?" belle ich die Lästerer an. Die meisten drehen sich mit unbekümmert fröhlichen Gesichtern zu uns um. Samantha kreischt: "Ah, die Freaks kommen!" und alles lacht. Wir stellen uns demonstrativ zu den anderen vieren und sind eine beachtlich grosse Gruppe. Drei Alpha, zwei Beta, zwei Löwen und, na gut, ein Kaninchen. Jedenfalls sind wir weder wenig, noch schwach. Und dass Krolik ein Kaninchen ist weiss ja keiner, er könnte durchaus ein goldiger Omega sein. Weil ich inmitten der schlagkräftigen Truppe stehe blaffe ich Sam an: "Wenn es so weiter geht dann sind wir Freaks aber bald in der Überzahl!" Nun lachen die gleichen die eben über Samanthas Worte gelacht haben. "Du Sam würdest gut zu den Freaks passen! Immerhin kennt jetzt selbst der Direktor deine Vagina!" ruft ein Junge aus der hinteren Reihe. Sam wird dunkelrot vor Wut und blafft: "Wer hat das gesagt?" und aus einer anderen Ecke ruft jemand: "Loan wars!" Doch das stimmt nicht. Loan steht ja neben Sam. Es ist Lenny der nun ruhig sagt: "Wir sind Freaks, keine Schlampen!" und weil gerade die Schulglocke läutet trotten wir alle mehr oder minder fröhlich ins Gebäude. Ich merke dass ich Krolik ziehen muss. Er geht nicht mehr frohen Mutes neben mir. Als ich mich zu ihm umdrehe schaue ich in ein unglückliches Gesicht. Ich bleibe stehen und nehme ihn in den Arm. "Was ist los Krolik?" Er weint mal wieder und schüttelt seinen Kopf. Doch meine Umarmung tut ihm sichtlich gut. Ich nicke Lenny und Suhal zu dass sie schon mal ohne uns in den Unterricht gehen sollen. Das hier ist wichtiger. "Krolik, ich merke doch dass du unglücklich bist. Was ist los mit dir?" Krolik antwortet nicht. Er weint noch eine weile gegen mein Shirt und dann wischt er nur seine Tränen weg und sagt: "Es ist nichts." Nichts. Und wegen nichts weint er und rennt weg. Wer soll das denn bitte schön glauben? Ich schaue ihn an und seufze. Ich denke mal dass ihm sein Problem peinlich ist und er es nicht mit mir besprechen kann. Aber wem könnte er sich anvertrauen? Einem anderen Wolf? Oder Drogo?

BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt