42. Alte Funken

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"And I'm just..."

Fröhlich tanze ich im Wohnzimmer herum. In der einen Hand halte ich die inzwischen fast leere Bourbonflasche, in der anderen die Fernbedienung des Fernsehers, die mir nun als Mikrofon dient: "Bab-ba" Meine Stimme hallt laut, aber das ist erst der Anfang, denn gleich kommt meine Lieblingsstelle...

Aufgeregt nehme ich nochmal einen Schluck der mittlerweile gar nicht so schlechten Substanz, stelle die Flasche auf den Boden, streiche mein unordentliches Haar zurecht und stelle mich selbstbewusst in die Mitte des Raumes, als würde ich auf ein Zeichen warten. Innerlich zähle ich: One two...And one two...Was kommt danach nochmal? Egal- ich muss auf die Bühne!

Meine Performance besteht aus schrecklichen Gesangskünsten, fremdschämende Tanzmoves und einer so selbstbewussten Mimik, als wäre ich schon 20 Jahre in dem Business. Aber das ist mir egal, denn ich bin fest davon überzeugt, dass meine 10.000 Fans mich geradezu anhimmeln.

"Danke, danke Leute!", gespielt berührt nicke ich in die Runde und halte mir die Hand ans schnell pochende Herz. "Danke für dieses wunderbare Konzert. Ihr wart ein tolles Publikum. Das werde ich nie vergessen. Ich liebe euch. Bis bald!" Am Ende meiner Performance zeige ich nochmal in die Runde und verbeuge mich, ehe ich einen Schritt nach hinten gehe und plötzlich wieder in meinem Wohnzimmer gelandet bin.

Während ich mich im Raum umsehe, als wäre ich zum ersten Mal hier, höre ich mein ausgelaugtes Atmen lauter als mir lieb ist. Begleitet von glücklichem Lachen, lasse ich mich einfach auf den kalten Fliesenboden plumpsen. Praktischerweise direkt neben die Flasche Bourbon. Perfekt! Durch die ganze Tanzerei habe ich auch wirklich großen Durst bekommen. Also exe ich den Rest des Inhalts herunter, als wäre es herkömmliches Leitungswasser. Tatsächlich muss ich zugeben, dass dieses Gebräu gar nicht mal so schlecht geschmeckt. Noch immer grinsend frage ich mich, ob Theresa vielleicht noch eine Flasche besitzt? Sie trinkt sie ja eh nicht...

"Bourbon, wo bist duuuuu?", gluckse ich und als keine Antwort ankommt, stehe ich verwundert auf und mache mich selbst auf die Suche. Es dauert nicht lange, da halte ich ein genaues Duplikat in der Hand und trinke den ersten Schluck. Wow, wieso habe ich sowas nicht früher ausprobiert? Ich fühle mich super!

Während ich so nippend an meiner Flasche hänge, ertönt unerwarteterweise plötzlich das helle Klingeln der Haustür. Wer ist das denn? Verwirrt versuche ich ohne zu taumeln die Tür zu öffnen, was allerdings nicht ganz so elegant klappt, wie ich mir das vorstelle. Ich nehme den eiskalten Metalltürgriff in die Hand und urplötzlich steht kein Geringerer als Mason vor mir.

„Was willst du denn hier?", brumme ich verständnislos.

Mason zieht eine Augenbraue in die Höhe und starrt mich mit seinen eisblauen Augen besorgt an. „Soll das ein Witz sein?", er macht eine Pause, in der er unverschämterweise einfach ins Haus eintritt, „Du hast mir heulend auf die Mailbox gesprochen. Hast gesagt, dass ich die ganze Zeit über recht hatte und, dass dir dein Herz von Mr. Heartbreak gebrochen wurde."

Was? Zwar vernehme ich mühelos, was Mason mir mitteilt, allerdings kann ich in meinem Gehirn keine passende Erinnerung mehr finden. Stattdessen schwirrt in meinem Kopf nur noch ein Ohrwurm von Taylor Swift herum. Bei diesem Gedanken muss ich innerlich leicht kichern. Ich habe einen super Musikgeschmack!

Masons eisblaue Augen durchbohren mich zunehmend besorgter. „Das war vor nicht mal 20 Minuten!?", fügt er hinzu.

Ich zucke nur mit den Schultern und setzte ein sorgloses Lächeln auf. „Du hättest nicht kommen müssen, Mason. Mir geht es suuuuuper." Dann nehme nochmals einen tiefen Schluck der braunen alkoholhaltigen Flüssigkeit.

Baby don't hurt meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt