Prolog

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16. November 2018

Der Geruch von edlen Holzregalen, feinem Stoff und Schuhpolitur stieg Lee Taeyong in die Nase. Leicht verzog er sein Gesicht. Er hatte geglaubt sich langsam an den Duft zu gewönnen, aber er schien noch ein wenig Zeit zu brauchen. Taeyong knöpfte den letzten Knopf seines schwarzen Hemdes zu und nahm sich das ebenfalls schwarze Jackett von dem Kleiderbügel. Geschwind warf er sich das Kleidungstück über und schloss es. Unschlüssig stand er zwischen den ganzen Regalen, in denen sich teure Hemden und Anzüge befanden. Er hatte irgendetwas vergessen. Dann fiel es ihm wieder ein, die Krawatte. Schnell drehte er sich um und erschrak heftig, als er Mark gegenüberstand, welcher die schwarze Krawatte hochhielt.

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.", gab der Jüngere bekannt.

„Warum musst du dich auch immer anschleichen?", entgegnete Taeyong mit leichtem Vorwurf in der Stimme und sah tief in die pastellgrünen Iriden, die ihn so sehr fesselten.

„Ich schleich mich nicht an, ich bin nur sehr leise beim Gehen.", erklärte der Dämon und legte die Krawatte um Taeyong's Hals, um diese anschließend fachmännisch zu binden. Traurig lächelte Mark ihm entgegen, was Taeyong erwiderte.

„Bist du bereit?", fragte der Mensch, woraufhin sein Gegenüber nur seinen Kopf schüttelte.

„Ich mochte Chanyeol. Er war immer so herzlich, gütig und hilfsbereit. Ich hab ihn kennengelernt, da war er noch ein Mensch gewesen. Manchmal da wünsche ich mir, er wäre Baekhyun nie begegnet. Er hatte ab da nur Leid und Qualen ertragen müssen.", begann Mark und strich die gebundene Krawatte glatt, „Ich glaube, ich werde Baekhyun nicht in die Augen sehen können und wie jeder andere ihm mein Beileid aussprechen, weil kein Wort seinen Schmerz lindern könnte. Jaehyun hatte erzählt, wie schlimm es auf dem Schlachtfeld gewesen war. Kris und Chen mussten Baekhyun festhalten, damit dieser nicht zurück zu Chanyeol gelaufen wäre. Er hatte geweint, geschrien und um sich getreten. Er hatte sogar Xiumin und Lay angebettelt, ihn umzubringen. Er wollte so sehr zu Chanyeol, dass er sterben wollte. Sein Mal im Nacken hatte angefangen, wund zu werden und zu bluten. Aber am schlimmsten müsste wohl der Schmerz in seinem nicht mehr schlagendem Herzen sein."

Taeyong holte tief Luft. Er war froh gewesen, dass die anderen ihn nicht mit auf das Schlachtfeld genommen hatten. Er hätte nicht gewusst, wie er hätte handeln müssen. Er glaubte, dass er nicht sonderlich begabt darin war, Leuten Trost zu spenden.

„Was war mit Sehun?", fragte der Mensch vorsichtig nach. Mark schien nachzudenken.

„Jaehyun meinte, Sehun wäre zu einem Schatten seiner selbst geworden. Seine Augen waren leer und stumpf gewesen. Seine Knie waren eingeknickt, so dass Lay und Suho ihn stützen mussten. Chanyeol war nicht nur sein bester Freund. Er war für ihn wie ein Bruder. Baekhyun und Sehun sind die beiden, die am meisten unter Chanyeol's Tod leiden. Sehun zwar weniger als Baekhyun, aber trotzdem stark."

„Was soll ich zu ihm sagen? Ich wüsste nichts, was ihm helfen könnte.", sagte Taeyong verunsichert. Er wusste wirklich nicht, wie er sich vor Sehun stellen sollte und den Tod seines besten Freundes beklagen.

„Sehun braucht keine Worte. Er würde auch so verstehen. Er würde von selbst sprechen, wenn er es nötig hält. Er ist sowieso nie der gesprächigste gewesen.", meinte Mark und strich eine verlorene Strähne aus dem Gesicht des Menschen.

„Hey! Seid ihr soweit? Wir wollen jetzt los.", fragte plötzlich Jaehyun hinter ihnen, während Taeil wie immer mit seinem Autoschlüssel herumklimperte. Taeyong beobachtete, wie alle Dämonen langsam in den Ladenbereich kamen. Alle trugen schwarze Kleidung. Passend zu der Veranstaltung, zu welcher sie sich nun begeben würden. Chanyeol's Beerdigung.

Red Eyes & Deep Scars ||Markyong||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt