Kapitel XXVI: Schmerzhaft

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18. Januar 2019

Taeyong saß auf dem Boden und rührte sich kein Stück. Er merkte zwar, dass die beiden Vampire sich an seinem Blut bedienten, aber er spürte nicht den Schmerz, den er eigentlich erwartet hätte. Er wusste auch ganz genau, woran das lag. Mondkraut. Taeyong erinnerte sich noch genau, als ihm das Zeug bei seiner ersten Entführung verabreicht wurde. Damals war es im Vergleich zu diesem Mal sogar recht wenig gewesen. Jihun und Heejun schienen bei dem Gebrauch von Mondkraut überhaupt nicht sparsam zu sein.

Somit saß Taeyong total teilnahmslos herum und war gezwungen sich die widerwertigen Schluckgeräusche anzuhören. Die beiden Vampire hatten nicht lange gefackelt und haben einfach Taeyong's Narbe an seinem linken Unterarm aufgeschlitzt, wo nun sein kostbares Blut heraustrat. Mit halb geöffneten Augen blickte Taeyong an seinem ausgekugelten Arm hinauf. Heejun leckte noch einmal genüsslich über die Wunde und grinste dem Menschen finster entgegen. Seine strahlend blutroten Augen sahen beinahe beängstigend aus. Normalerweise hätte Taeyong schnell den Abstand gesucht, aber er blieb einfach schlaff auf dem Boden sitzen. Seine müden Augen verfolgten mit geringem Interesse Jihun, welcher in dem Raum etwas suchte. Sie befanden sich in einer Art großem Arbeitszimmer, welcher aber eher wie ein altes Verlies aussah. Sie waren halt in Katakomben unter der Erde, so viel hatte Taeyong zumindest bereits begriffen.

Entkräftet seufzte der Mensch und lehnte sich gegen die Steinwand hinter sich. Seine vom Mondkraut geweiteten Pupillen verfolgten bedrückt sein eigenes Blut, welches aus der aufgerissenen Wunde hinaustrat. Irgendwie fühlte er sich schrecklich ausgelaugt. Er würde gerne seine Augen schließen und schlafen. Taeyong wollte den Nebel in seinen Gedanken los werden. Es wurde ihm nicht vergönnt. Leises Klappern erklang und er merkte wie um sein rechtes Handgelenk eine Fessel gelegt wurde, welche über eine Kette mit der Wand hinter ihm verbunden war.

Jihun hockte sich vor Taeyong und hob mit einer Hand das Kinn des Menschen an. Ihre Augen trafen sich, doch Taeyong konnte keine Spur von Emotion in den Seelensiegeln des anderen erkennen. Der Vampir nahm sich als nächstes den blutenden linken Arm. Taeyong hatte erwartet, dass Jihun sich wieder nicht zurückhalten könnte und sein Blut trinken. Entgegen den Erwartungen des Menschen hielt der Vampir einen Werkzeugtacker hoch und grinste düster.

„Wir wollen doch nicht, dass dein Blut komplett aus dir hinausläuft. Wir brauchen doch noch für später etwas davon.", meinte Jihun und setzte tatsächlich den Tacker an seiner offenen Wunde an, um diese zu verschließen. Taeyong konnte im ersten Moment nicht glauben, dass der Vampir das ernsthaft tun wollte. Trotz des Mondkrauts setzte der erste Schmerz nur weniger Sekunden später ein, als die erste Heftklammer in sein geschundenes Fleisch gedrückt wurde. Taeyong zischte und ballte seine Hand zur Faust. Auf einmal fühlte er sich nicht mehr so benebelt und nahm alles viel zu intensiv wahr. Er wollte sich wehren, aber bis er überhaupt dies tun konnte, nahm Jihun bereits den Tacker weg. Er hatte einen kleinen Teil der Wunde offengelassen und schnippte mit seinen Fingern. Wie auf Kommando kam Heejun zu ihm und ging ebenfalls in die Hocke.

„Dich leiden sehen, wollen wir aber immer noch.", meinte Heejun vorfreudig und öffnete seine Hände, worin er bis eben noch etwas versteckt hatte. Taeyong verzog angewidert sein Gesicht, als er diesen ekligen Mistkäfer auf der Handfläche des Vampirs entdeckte. Das Insekt streckte sich augenblicklich in Taeyong's Richtung.

„Was zum-", entfloh es dem Menschen und begriff nicht wirklich, was mit diesem Viech nicht stimmte. Heejun kicherte.

„Das ist ein verhexter Skarabäus. Er hat immer einen gesunden Appetit, wenn es um Organe und Fleisch geht. Ach, und er krabbelt gerne unter die Haut seiner Opfer. Soll sehr unangenehm sein, hab ich gehört.", erklärte Jihun nebensächlich und zeigte auf einen Ring den er trug, „Der ist aus dem Panzer des Skarabäus hergestellt und lässt die Käfer im Glauben, wir wären ihres Gleichen, weshalb sie uns auch nicht angreifen."

Taeyong erschauderte und versuchte etwas von den beiden Vampiren wegzurutschen, was aber dank der Fessel nicht so gut funktionierte.

„Lassen wir den Kleinen doch mal bei dir.", sagte Heejun und hielt den Skarabäus vor dem noch offenen Teil der Wunde, „Normalerweise greifen sie immer in der Mehrzahl an und können ihre Opfer ganz schnell von ihnen auffressen. Ein einziger ist da aber etwas langsamer. Geben wir ihm doch ein paar Minuten, um seinen Hunger zu stillen."

Taeyong schüttelte seinen Kopf verzweifelt und konnte diesen Anblick nicht ertragen, wie der Käfer mit seinen dünnen kleinen Beinchen zappelte und nach dem Fleisch und den Organen von Taeyong lechzte.

„N-Nein. Bi-Bitte n-nicht.", stotterte Taeyong panisch, während ihm schon die Tränen kamen. Er wollte das nicht. Er wollte nicht noch mehr Schmerzen spüren.

„Keine Sorge, Taeyongie. Wir holen ihn schon rechtzeitig raus. Hoffentlich visierte er nicht sofort dein Gehirn an, das wäre ungünstig.", ließ Jihun verlauten und jagte Taeyong noch mehr Angst ein. Eher sich der Mensch versah, hatte Heejun den Skarabäus direkt auf die Wunde abgelegt und der Schmerz fraß sich in Form dieses Insekts in Taeyong. Laut hallte sein Schmerzensschrei in den Katakomben wider. 

Red Eyes & Deep Scars ||Markyong||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt