»Du bist also ein waschechter Brite?«
»So kann man es sagen.«
»Dann erzähl mir etwas von England. Wie ist es dort? Stimmt es, dass jeden Nachmittag alles stehen und liegen gelassen wird, um Tee zu trinken?«
»Stehen und liegen lassen, nur für eine Tasse heißes Wasser, ist wohl übertrieben. Ganz so strikt ist es nicht, aber viele Briten trinken nachmittags eine Tasse Tee und essen Kuchen. Tea Time ist für viele die liebste Zeit des Tages«, erzählte ich und schmunzelte in die Ferne, als einige Erinnerungen mich überrollten. Meine Eltern hatten einen Fetisch für Traditionen und wir Kinder waren mit Tee am Nachmittag aufgewachsen. Es war allerdings mehr eine Familientradition, als vom Volk ausgehend.»So auch deine?«, fragte sie interessiert und drehte ihren Kopf für wenige Sekunden in meine Richtung.
»Ja. Ich mag gemütliche Nachmittage, an denen die Familie am Tisch beisammen sitzt und redet. Es gibt immer viel zu lachen. Ich bin damit aufgewachsen und wenn ich meine Eltern besuche, hat sich an meiner Kindheit nichts geändert.«»Irgendwie ist das cool. Es ist cool zu wissen, dass sich nichts geändert hat, wenn man nach Hause zurückkehrt.«
Ich sah, dass sie schwer zu schlucken hatte. Ihre Stimme nahm für einige Sekunden einen harten Ton an, bis er verpuffte.
Ich wollte sie heute Nacht nicht darauf ansprechen. Gerade schien sie in einer Stimmung, die sie gewisse Dinge und Schmerzen vergessen ließ. Ich wollte sie nicht mit Fragen löchern.»Es ist speziell und im Vergleich mit den USA eine merkwürdige Tradition, aber es ist tatsächlich mit einem guten Gefühl verbunden.
Tee heißt irgendwie auch zuhause. Ja, du hast recht.«
Ich nickte und belächelte abermals Erinnerungen in meinem Kopf. Ich hatte schon lange nicht mehr so intensiv an meine Heimat gedacht, doch jetzt, hier mit Tears auf den leeren Straßen Seattles, kam einiges wieder ans Licht.»Von wo kommst du genau aus England?«, fragte sie weiter und schien einen Narren am Thema »Britannien« gefressen zu haben. Es amüsierte und schmeichelte mir zugleich. Ich mochte, dass sie darüber zu reden mochte.
»Mein Dad kommt aus London und meine Mum ursprünglich aus Bristol, aber aufgewachsen sind wir in einer Stadt namens Bath und dort leben meine Eltern auch heute noch.«
»Bath habe ich noch nie gehört«, gestand sie und zuckte ratlos mit den Schultern.»Verhältnismäßig ist Bath auch eine kleine Stadt, aber dadurch nicht weniger schön. Im Gegenteil. Bath macht vor allem das kulturelle Flair besonders. Es gibt sehr viele alte Gebäude im Stile des 18. Jahrhunderts. Eine wunderschöne Abtei Kirche steht in Bath und bekannt ist die Stadt vor allem für die erhaltene Therme aus römischen Zeiten.«
»Wie viele Menschen leben in Bath?«
»Um die achtzig Tausend, aber im Sommer wimmelt es von Touristen, dann sind noch mehr Menschen auf den Straßen.«
»Wie kommt man denn von diesem Flecken der Erde nach hier?«Gemeinsam bogen wir um eine Straßenecke und liefen nebeneinander über die nächste Fußgängerampel.
Nachdem wir uns den ganzen Abend über unterhalten hatten und ihre Schicht dann um kurz vor Elf vorbei war, hatte ich mich, ganz Gentleman like, dazu bereit erklärt sie nach Hause zu begleiten.
Sie hatte gekichert, als ich ihr die Tür aufgehalten hatte und wir nebeneinander in die Dunkelheit getreten waren.Es behagte mir nicht sie allein auf den Straßen laufen zu lassen. Besonders in dieser verlassenen Gegend gäbe es niemanden der ihr helfen würde, wenn jemand sie entführen wollte. Es passte mir ganz und gar nicht sie in solche Gefahren zu lassen und ich spürte einen Teil in meinem Inneren, der grollende Angst hatte, ihr würde etwas in meiner Abwesenheit passieren.
Ich sorgte mich um eine Frau. Das war komisch, aber nicht unschön.
Ich konnte nicht verhindern, was Tears mit mir machte. Sie zwang mich zur Achtung, sie zwang mich meine Sichtweisen des Lebens zu ändern und ihr in die Augen zu schauen.
Sie war anders.
Diesen Satz nahm so gut wie jeder Mann über eine bestimmte Frau in den Mund, aber etwas musste an diesen drei Worten auch stimmen.
Warum sonst sollten sich Menschen verlieben, wenn nicht in einen Menschen, der besonders war? Einen Menschen, der anders war und speziell, dass man sich von ihm besonders angezogen fühlte. Ich mochte ihre Nähe. Tatsächlich. Tears war speziell.

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Romance»𝐀𝐥𝐥𝐞𝐬 𝐛𝐞𝐠𝐚𝐧𝐧 𝐦𝐢𝐭 𝐝𝐞𝐦 𝐒𝐜𝐡𝐰𝐮𝐫, 𝐧𝐢𝐞 𝐳𝐮 𝐥𝐢𝐞𝐛𝐞𝐧, 𝐮𝐧𝐝 𝐞𝐧𝐝𝐞𝐭𝐞 𝐦𝐢𝐭 𝐞𝐢𝐧𝐞𝐦 𝐌𝐚̈𝐝𝐜𝐡𝐞𝐧, 𝐝𝐚𝐬 𝐢𝐜𝐡 𝐥𝐢𝐞𝐛𝐭𝐞« Davis hat es auf der Karriereleiter nach ganz oben geschafft. Als Milliarden Unternehme...