35« Davis

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An Wochenenden arbeitete Tears immer im Winchester, einem zwei Sterne Restaurant in Downtown.
Wenn sie dort die letzte Schicht übernahm, hatte ich deutlich weniger Sorgen um sie, als wenn sie tief in der Nacht in dem Club stand, in dem sie einmal fast vergewaltigt worden war.

Heute war mir noch wohler, denn Tears hatte mit einer Kollegin die Schicht getauscht und war somit schon gegen halb drei aufgebrochen, um bis halb sechs zu arbeiten. Ich hatte mir vorgenommen sie heute zu entführen und zusammen mit ihr essen zu gehen. Es sollte nichts Freundschaftliches sein, sondern so etwas, wie ein Date.
Mein kleines Herz pochte voller Hoffnung, dass sie nicht zu müde oder schlecht gelaunt war, um meine Einladung abzulehnen.

Als ich das Restaurant allerdings betrat, schien dem nicht so.
Völlig entspannt stand Tears hinter der Bar und unterhielt sich mit dem Kellner, den ich schon vor Wochen in ihrer Nähe gesehen hatte. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, das sie lachen und beinahe das Glas in ihrer Hand verschütten ließ.
Ich kannte ihn nicht. Er war anscheinend einer ihrer Kollegen und ganz offensichtlich in unserem Alter. Ich mochte ihn nicht. Wieso sollte ich auch?
Mein Herz war getränkt mit Eifersucht und ich konnte die überkommende Welle nicht zurückhalten, als er ihr in die Seite pikste und wiederholt etwas Lustiges sagte.
Kann der nicht seinen Job machen, anstatt hier so faul herumzustehen?

Meine Hand ballte sich ungewollt zur Faust, die beiden standen eindeutig zu nahe beieinander.
Als ich kurz davor war etwas Dummes anzustellen, rief ein Tisch den Kellner zu sich, der sich glücklicherweise mit einem letzten Blick auf Tears verpisste und sie alleine ließ. Ich atmete auf.

»Wer war das?«
Bei meiner Stimme zuckte sie zusammen und suchte verwirrt durch den Raum, bis ihre Augen meine fanden. Eilig lief ich auf sie zu und sah sie mit fragendem Blick an.
»Wer war was?«
»Na, der Typ hier, der Kellner. Wer ist das?«
Ich sprach rasend und anscheinend war es offensichtlich, dass ich eifersüchtig war. Unglaublich.
Tears erstarrte Miene wandelte sich in ein verliebtes Lächeln.

»Das war mein Freund. Tony. Wir sind schon seit zwei Jahren zusammen.«
Wie bitte? Was?
»Ich wollte es dir schon früher sagen, aber der Moment ist nicht gekommen.«
»Veräppeln kann ich mich selbst«, knurrte ich. Allein diese Worte aus ihrem hübschen Mund zu hören, veranlassten mich dazu, sie auf der Stelle mitzunehmen und nie wieder herzugeben. Ein dummer Gedanke.

Tears begann herzlich zu lachen und band sich dann die Schürze ab, um hinter der Bar nach vorne zu kommen.
»Du bist süß, wenn du eifersüchtig bist, obwohl du dazu eigentlich kein Recht hast und es auch gar keinen Grund gibt, eifersüchtig zu sein.« Sie strich mir lächelnd über die Wange und vergaß dabei, wie unglaublich wirr mich diese Berührungen machten.
Was machst du bloß mit mir?

»Ich habe tausende Gründe eifersüchtig zu sein, wenn es dabei um dich geht. Jedes männliche Wesen, das nicht ich bin, in deiner Nähe ist mir eines zu viel. Und natürlich habe ich kein Recht dazu, aber ich halte mich selten an Regeln.«

»Auf Tony musst du wirklich nicht eifersüchtig sein. Er ist ein guter Freund, aber mehr auch nicht.«
Ich schmunzelte.
»Na, und? Ich werde ihm trotzdem zur Kenntnis geben, wer ich bin.«
Sie zog eine Augenbraue in die Höhe.
»Wer bist du denn? Ich glaube nicht, dass du bisher irgendwelche Besitzansprüche auf mich erheben dürftest.«
Aus dem Augenwinkel sah ich Tony zurückkommen.
Ich zog Tears ruckartig zu mir und grinste sie hämisch an, während ich mich zu ihr hinabbeugte und sie damit aus der Reserve lockte.
»Ich bin der, der dich jetzt zum Essen entführt und ich bin der, der dich irgendwann küssen wird. Ich bin der Einzige, dem dieses Herz und diese Lippen gehören.«

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