I. I am me

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"Ich verstehe immer noch nicht, warum man Weihnachten feiert", seufzte ich schwer und fuhr mir mit einer Hand durch meine kurzen, dunklen Haare. Gerade waren ich und Minho wie die ganzen anderen Schüler auf dem Weg zur Aula, denn heute war der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien. Deswegen gab es eine Feier, bei der sich alle Schüler versammeln sollten und so einem komischen Schauspiel zusehen. Wirklich viel hielt ich davon nicht, ich war nicht christlich und auch sonst nicht in Religionen interessiert. Meiner Meinung nach war das vollkommen unnötig sowie überflüssig und einfach nur eine Ausrede für Menschen, die das Leben nicht realistisch sehen konnten. Viele Regeln in Religionen waren einfach nur dämlich, ich verstand sie nicht und ich würde sie auch nie verstehen. Gesetze reichten mir aus, da brauchte ich nicht noch mehr Vorschriften.

"Lass sie doch feiern. Die Hälfte juckt der Grund doch eh nicht mehr", erwiderte Minho schulterzuckend und boxte mir leicht gegen den Arm. Ich setzte ein schiefes Grinsen auf und nickte leicht, immerhin hatte er recht. Dieses ganze Fest existierte für viele nur noch wegen den Geschenken. Das konnte man allein daran schon erkennen, dass viele nur zu Weihnachten und vielleicht noch zu Ostern in die Kirche gingen, ansonsten aber nicht einmal daran dachten, sich sonntags in ihre Gotteshäuser zu begeben. Wie gesagt, für mich persönlich war einfach sinnlos.

Darum war ich auch nicht gerade in guter Stimmung, als wir an diesem Morgen gezwungen wurden, hierher zu kommen.

Warum konnte so etwas nicht freiwillig sein?

"Weck mich bitte, wenn's vorbei ist", sagte ich zu Minho, kaum saßen wir auf zwei Plätzen. Wir hatten extra welche in den hintersten Reihen ausgewählt, sodass uns niemand anschnauzen würde. Die Lehrer achteten auf diese Reihen nicht wirklich und das war meine einzige Hoffnung an diesem nervtötenden Tag. "Wenn ich nicht selbst verpenne, versuche ich es", schmunzelte Minho und gähnte einmal theatralisch übertrieben.

"Du wirst eh an Jisungs Lippen kleben, sobald er anfängt zu singen", neckte ich ihn und stupste ihm grinsend in die Seite, weshalb er einen protestierenden Laut von sich gab. Jedoch verfärbten seine Wangen sich verdächtig, weshalb mein Grinsen direkt breiter wurde und er hastig seinen Blick abwandte. Ich hatte genau ins Schwarze getroffen, denn dass er für den jüngeren Schüler schwärmte, war ziemlich offensichtlich. Auch ich fand mehr Gefallen an Männern als an Frauen und dementsprechend musste ich gestehen, dass Minho keine schlechte Wahl getroffen hatte. Er musste das dunkelhaarige Chormitglied nur noch um den Finger wickeln.

"Idiot", gab er nur zurück. In mich hinein grinsend schloss ich meine Augen und lehnte mich zurück, während meine Augen sich schon wie von selbst schlossen und diese ganze Feier zu Beginn des Schultages einfach nur ausblendeten. Der Chor begann zu singen, erweckte alte Weihnachtslieder, die jeder in- und auswendig kannte, zurück zum Leben und spielten ihr Vorspiel, das wie jedes Jahr wieder dasselbe war. Wieder erzählte es von der Geburt Christi und wieder war es mir zu langweilig, weshalb ich tatsächlich einfach eindöste.

Doch nachdem die Feier schon etwas fortgeschritten war, vernahm ich eine engelsgleiche Stimme, die anfing zu singen. Sie weckte mich ein wenig, da kein anderer mitsang und es bisher noch nie ein Solo während solch' einer Festlichkeit gab. Für mich war es noch kein wirklicher Grund, meine Augen zu öffnen, da ich hohe Stimmen bei Männern nicht unbedingt mochte und es im Chor einige gab, die so eine hübsche Stimme hatten. Viel lieber mochte ich tiefe Stimmen, mit einem leicht gefährlichen Klang, so dunkel wie die Nacht und so heiß...

Ja... genau so dunkel und tief, so bedrohlich und böse und gleichzeitig auch so unschuldig und-

Warte. Was?

Nun öffnete ich doch meine Augen und schaute etwas irritiert zur Bühne. Bildete ich mir das ein oder hörte ich gerade wirklich eine so tiefe Stimme, wie ich sie verehrte? Aber als ich nach vorne zur Bühne sah, erkannte ich einen einzigen Jungen dort stehen, scheinbar der, der soeben noch gesungen hatte. Jetzt jedoch rappte er und seine Stimme war um so viele Oktaven tiefer geworden, wie es fast schon unmöglich war. Leicht rieb ich über meine Augen und sah genauer hin, glaubte für einen Augenblick, ich würde gerade träumen, doch mit jeder verstreichenden Sekunde wurde mir klarer, dass das alles gerade real war.

Dort vorne stand wirklich der Junge mit den blonden Haaren und den niedlichen Sommersprossen, den ich vor einigen Tagen während meiner Arbeit getroffen hatte. Und seine Stimme war so tief wie keine andere, die ich jemals gehört hatte.

In Love with a Christian ★ ChanglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt